Ein Nachhaltigkeitsfilter hilft bei der Suche nach moralisch sauberen Investments. Das wissen nicht nur Kirchen und diakonische Einrichtungen zu schätzen, sondern auch Privatkunden.

Stuttgart - Unter den Folgen der Finanzkrise leiden durch Regulierungsauflagen und Negativzinspolitik besonders kleine Banken – bis hin zur Frage nach der Überlebensfähigkeit. „Wir bekommen die Frage nach der Existenzberechtigung gelegentlich von der Bafin gestellt“, sagt Thomas Katzenmayer, Chef der Evangelischen Bank (EB) mit Sitz in Kassel. Wer klein ist, muss sich besonders dafür rechtfertigen, dass er seinen Markt nicht freiwillig anderen überlässt, zumal in der Krise.

 

Bei Kirchenbanken wie der EB, von denen es etwa zehn in Deutschland gibt, liegt offenbar der Gedanke nahe, dass es sich um ganz besonders angestaubte Einrichtungen handelt. Dabei wurden die Institute mit Ausnahme der katholischen Pax-Bank (1917) erst in den letzten Jahrzehnten gegründet, nachdem die Bankenaufsicht den Kirchen untersagt hatte, direkt Kredite an ihre diakonischen Einrichtungen vom Krankenhaus über die Sozialstation bis zum Seniorenheim zu vergeben.

Eine Fusion mit der KD-Bank ist zumindest nicht ausgeschlossen

Die EB ist die größte Kirchenbank. „Zusammen mit den anderen Kirchenbanken und genossenschaftlichen Spezialinstituten wie der Apotheker- und Ärztebank oder der Edekabank kommen wir auf etwa 190 Milliarden Euro Bilanzsumme. Da hat man früher schon von einer Großbank gesprochen“, sagt Vorstandschef Katzenmayer. Trotzdem weiß er, dass alle diese Institute ein Schattendasein fristen, obwohl sich die Frage nach der Existenzberechtigung bei der Bilanzsumme der EB von 7,1 Milliarden Euro (2015) aus seiner Sicht weitgehend selbst beantwortet.

Die Zahl der konfessionellen Banken ist in den vergangenen Jahren geschrumpft. Auch die EB ist vor zwei Jahren aus dem Zusammenschluss der Evangelischen Kreditgenossenschaft (EKK) in Kassel und der Evangelischen Darlehensgenossenschaft in Kiel entstanden; die EKK wurde erst 1969 gegründet, das Kieler Kreditinstitut war ein Jahr älter. Mit der Bank für Kirche und Diakonie (KD-Bank) in Dortmund verfügt die evangelische Kirche gegenwärtig noch über eine zweite Bank. Wie lange noch? Da mag sich Katzenmayer nicht festlegen, zumal gegenwärtig aus seiner Sicht kein Problemdruck besteht. Grundsätzliche Probleme bestehen aber offenbar nicht. „Wir haben das gleiche Problemumfeld, und wir haben die gleiche Klientel. Wir sehen schon, dass bei einer weiteren Verschärfung der Situation solch ein Schritt Sinn machen kann“, sagt der Chef.

Die Onlinequote im Privatkundengeschäft beträgt 85 Prozent

Die Fusion des Jahres 2014 hat das Kreditinstitut so gut wie abgeschlossen. Stolz ist Katzenmayer darauf, dass dieser Zusammenschluss ohne Entlassungen und ohne Filialschließungen über die Bühne ging. So wurde für die etwa 500 Mitarbeiter ein Sozialplan mit einer Beschäftigungsgarantie für drei Jahre unter Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen vereinbart.

Nun richtet sich der Blick nach vorne: Eine der größten Herausforderungen ist aus Katzenmayers Sicht die Digitalisierung, nicht nur für die EB, sondern für die Kreditwirtschaft insgesamt. Mit bundesweit 16 Filialen kann die EB im Privatkundengeschäft, das einen Anteil von etwa zehn Prozent hat, nur schwer eine flächendeckende Präsenz herstellen. Stuttgart ist der einzige Standort in Württemberg; die nächstgelegene Filiale ist in Karlsruhe. Die Bank setzt bereits jetzt stark aufs Internet. Genauer: Die Kunden tun es. Katzenmayer: „Wir haben eine enorm hohe Online-Quote im Privatkundengeschäft – etwa 85 Prozent der Kunden gehen ausschließlich den Weg über Internet oder Telefon. Da haben wir einen Vorteil gegenüber den regionalen Banken.“ Jetzt will er den nächsten Schritt tun, denn: „Was wir an Privatkundenbetreuung an den Standorten haben, das wird von unseren Kunden kaum noch nachgefragt.“ Was daraus folgt, deutet er nur an, spricht von flexibler Anpassung an die Veränderungen von Kundenbedarf und -verhalten. Die Zeit der klassischen Bankfiliale mit Schalterhalle und viel Technik scheint aber abzulaufen.

Die Standorte will Katzenmayer auf jeden Fall aufrechterhalten, denn die institutionellen Kunden, also die Kirchen und die diakonischen Einrichtungen, wollen die regionale Nähe zu den Vertriebsfachleuten der Bank. 90 Prozent des Geschäfts der EB entfällt auf die institutionellen Kunden. Diese Kunden sind auch die Gründer der Bank, die nicht nur nach wirtschaftlichem Interesse handeln wollen und deshalb auf Distanz zu konventionellen Banken sind.

Bei der Geldanlage richtet sich die EB ebenso wie die Landeskirchen nach dem EKD-„Leitfaden für ethisch nachhaltige Geldanlage in der evangelischen Kirche“. Worum es dabei geht, fasst Katzenmayer so zusammen: „Ziel ist eine angemessene Rendite, ohne Dinge zu tun, die mit unserem Selbstverständnis nicht in Übereinstimmung zu bringen sind.“ So wurde ein Nachhaltigkeitsfilter entwickelt (der auch Kunden zur Verfügung steht), der bewertet, ob Emittenten ökologische und sozial-ethische Standards einhalten sowie die Menschenrechte achten. Zu den Ausschlusskriterien gehören Rüstung, Ausbeutung von Bodenschätzen, Kinderarbeit, Pornografie und die Anwendung der Todesstrafe; Investitionen in zum Beispiel alternative Energien bringen Pluspunkte. Da in vielen US-Bundesstaaten die Todesstrafe verhängt werden kann, legt die EB kein Geld in dem Land an.

Kunden, die Fonds von der EB managen lassen, können aber eigene Anlagekriterien aufstellen. „Wir gebärden uns da nicht als moralische Instanz“, sagt Katzenmayer. Bei Privatkunden ist die Nachfrage nach Fonds, die die EB anbietet (Öko-Aktienfonds und KCD-Union Nachhaltig Fonds), nach seinen Worten in jüngerer Zeit stark gestiegen. Der Vorstandschef sieht das als Beleg dafür, dass sich die Menschen mehr als früher dafür interessieren, was mit ihrem Geld geschieht.