Auf Ihren Plakaten steht „Neues Programm“. Zeigen Sie tatsächlich ein ganz neues Programm?
Gaedt Das ist eine Definitionsfrage: Wie definieren wir ein neues Programm?
Schulig Wir machen ein komplett anderes Programm als letztes Jahr. Aber da sind zum Beispiel Playmobil-Männchen dabei, die gab’s früher schon mal.
Gaedt Wir machen ein zweites Zirkusprogramm. Es ist ein spezielles Manegenprogramm für Stuttgart in den Sommerferien. Das steht für mich viel größer da als jeder zu überprüfende künstlerische Inhalt. Wer letztes Jahr da war, hat das, was wir dieses Jahr machen, zwei Zugaben ausgenommen, nicht gesehen. Wer uns dreißig Jahre verfolgt hat, denkt vielleicht gelegentlich: „Au, das gab’s schon mal.“ Wenn ich jetzt zum Beispiel einen unserer Rocksongs fürs Duo umarrangiere, den Text ändere, eine neue Choreografie mache und ihn dann im Lurchi-Kostüm singe – ist das dann ebbes Neues oder ebbes Altes?

Vielleicht Recycling?
Schulig Ein Cover!
Gaedt Wir covern uns selber. Aber das begleitet uns, seit es die Tierschau gibt. Wir haben nur ein einziges Mal in 32 Jahren Tierschau eine Show gemacht, die eine komplett neue Tür geöffnet hat. Das war „Onkel Rock ’n’ Roll“. Sonst sind wir nach der Tierschau-Arbeitsweise vorgegangen, die da lautet: Wie mäntelst du dieses Ding jetzt weiter?

Wie wirkt sich diese Arbeitsweise denn auf die typischen Tierschau-Maschinen aus?
Gaedt Da wir in einer Zirkusatmosphäre auftreten, denke ich, dass ich ein paar Geräte des täglichen Gebrauchs dressieren werde. Mal sehen, ob das funktioniert.
Schulig Außerdem haben wir uns letztes Jahr geärgert, dass wir das Riesenrad nicht untergebracht haben. Das kleinste Riesenrad der Welt ist diesmal dabei, das hatten wir vor zwanzig Jahren schon mal.
Gaedt Wir haben herausgefunden, dass wir inzwischen 250 Shownummern gemacht haben, das hätte ich nie  gedacht. Dabei ist unsere künstlerische Sprache immer gleich: Wenn der Gaedt krakeelt und der Schulig auf dreißig Instrumenten spielt und ab und zu ein Motor aufheult, dann kannst du sagen: Das ist Tierschau! Oder: Denen fällt nichts mehr ein. Aber diesen Schuh ziehe ich mir nicht an. Solange ich vor jeder Show bis nachts um drei schweiße, bohre, säge und flexe, ist es so, wie die Tierschau immer war. Und solange der Herr Schulig jeden Song zweistimmig macht, ist’s so wie immer.
Schulig Aber es kommt auch vor, dass ich versage: Ich kämpfe schon länger an einem Theremin rum, das ist ein elektronisches Musikinstrument, das berührungslos gespielt wird. Ich könnte jetzt einfach Krach damit machen, aber mein Ehrgeiz wäre schon, dass auch eine hübsche Melodie dabei rauskommt.
Gaedt Die Theorie ist das eine. Aber bei der Tierschau muss man sich mit dem Gerät hinsetzen, das Maul halten und ein Jahr üben. Ich wollte zum Beispiel, dass Waschmaschinen herumrennen, und habe deshalb ein paar auseinandergebaut. Aber die Waschmaschinen-Olympiade kriege ich momentan nicht hin. Und es ist toll, dass wir uns auch das Scheitern leisten können.