Fast jeden Morgen schaltet der US-Präsident den rechten TV-Sender Fox an. Dessen Frühstücksshow vermittelt einen Einblick in Trumps Weltbild.

Washington - Es ist Punkt sechs Uhr. Hinter drei schwarzen Kaffeebechern sitzen die Moderatoren Ainsley Earhardt, Steve Doocy und Brian Kilmeade auf ihrem Sofa. Kilmeade blickt böse in die Kameras, Earhardt zieht lächelnd noch einmal verstohlen an ihrem kurzen Sommerkleidchen. Vor dem Studiofenster erwacht New York langsam zum Leben. Da wird rasch ein aktuelles Bild des Weißen Hauses eingeblendet. Im sonst finsteren Westflügel leuchtet ein einzelnes Licht. „Oh, er ist auf!“, sagt Doocy. Dann kann es ja losgehen. Mit er ist Donald Trump gemeint.

 

Rund 1,7 Millionen Amerikaner schalten jeden Morgen „Fox & Friends“ ein, die beliebteste Frühstücksfernsehshow des Landes. Und höchstwahrscheinlich ist US-Präsident Donald Trump unter ihnen. „Schalten Sie @foxandfriends ein!“, empfahl er am Dienstagmorgen bei Twitter. Aus seiner Vorliebe für den konservativen Fernsehsender Fox hat der Präsident nie ein Hehl gemacht. Vor seiner Kandidatur war der Immobilienmogul selbst öfter zu Gast in dem Morgenprogramm. Nun verfolgt er es regelmäßig vor dem Bildschirm in seinem Amtssitz.

Der Präsident zitiert in seinen Twitter-Botschaften häufig Fox News

So auch vor drei Wochen. Da berichtete „Fox & Friends“ über den Kampf gegen den Terror. Eine Grafik stellte groß heraus: „122 Ex-Guantánamo-Häftlinge haben sich wieder dem Terrorismus zugewandt.“ Keine Stunde später twitterte Trump: „122 ehemalige Gefangene, die Obama freigelassen hat, sind wieder auf dem Schlachtfeld. Eine weitere schreckliche Entscheidung.“ Zwar waren 113 Häftlinge schon unter dem Vorgänger George W. Bush freigekommen, aber ansonsten hatte der Präsident vor dem Fernseher offenbar etwas gelernt.

Eine Woche später konnte Fox in der Morgenshow exklusive Neuigkeiten verkünden: Trump sei im Auftrag seines Vorgängers Barack Obama vom britischen Geheimdienst belauscht worden. Sofort übernahmen Trumps Sprecher Sean Spicer und später auch der Präsident selbst diese Darstellung, die kurz darauf von der britischen Regierung als „Nonsens“ zurückgewiesen wurde. Er habe nur „einen begabten Rechtsexperten“ aus dem Fernsehen zitiert, redete sich Donald Trump bei seiner Pressekonferenz heraus: „Sie sollten nicht mit mir, sondern mit Fox reden.“ Der Rechtsexperte ist seitdem aus dem Programm verschwunden.

„Fox & Friends“ ist eine Sendung für die ganze Familie

Es lohnt sich also, den Wecker noch etwas früher zu stellen und den Tag mit den Moderatoren Ainsley, Steve und Brian zu beginnen. „Good morning!“ Nach kurzer Zeit versteht man die Rollenverteilung: Brian, seit 20 Jahren bei Fox, ist ein ziemlich aggressiver rechter Knochen. Steve, mit 61 Jahren der Opa in der Runde, bringt seine Spitzen eher ironisch herüber. Die blonde Ainsley muss auch im Winter dünne Kleidchen tragen und schreibt gerade ein Buch über ihre Schwangerschaft und die Geburt ihres Kindes. „Durch Deine Augen“, heißt der Bildband, der erst im November auf den Markt kommt, aber jetzt schon für 18,99 Dollar vorbestellt werden kann. „Das ist ein schönes Geschenk für alle Mütter da draußen“, empfiehlt die Moderatorin.

„Fox & Friends“ ist nämlich eine Sendung für die ganze Familie. Wer sonntags in die Kirche geht, zum Frühstück Pancakes mit Hash Browns isst und findet, dass unter Obama das Land den Bach heruntergegangen ist, der gehört sofort dazu. Zum Beispiel am Dienstag der vergangenen Woche. Ein paar Stunden zuvor hat der FBI-Direktor James Comey im Kongress deutlich gesagt, dass es keinerlei Belege für Trumps Abhörvorwürfe gegen Obama gibt. In den Zeitungen und bei den Konkurrenzsendern CNN, ABC, NBC oder MSNBC ist das ein großes Thema. „Fox & Friends“ aber schaltet erst einmal nach Kentucky. Dort hat Trump am Abend eine Wahlkundgebung abgehalten, wie er dies auch als Präsident regelmäßig in den Republikaner-Hochburgen tut.

Die Zuschauer sind begeistert von Trump: „Er spricht eine Sprache, die wir verstehen“

In der für ihre Pferderennen berühmten Stadt Louisville sitzt ein Fox-Kollege an der Theke des Burger Boy Diner und berichtet über den „wahnsinnigen Enthusiasmus“ bei der Veranstaltung. In kurzen Statements lässt er die Zuschauer erzählen, was ihnen an Trump so gefällt. „Er schafft Jobs“, sagt ein Mann. „Er spricht eine Sprache, die wir alle verstehen“, antwortet ein anderer. „Alles, was er auf der Bühne erzählt, ist mir auch schon passiert“, schwärmt ein Dritter. „Er hat recht: Wir werden von Ausländern überrannt“, fürchtet sich eine Frau. Die Angst hat bei „Fox & Friends“ einen Stammplatz am friedlichen Frühstückstisch.

Doch erst einmal heißt es: „Glückwunsch an Eric und Lara!“ Wer das ist? Eric ist der jüngere Sohn aus Donald Trumps erster Ehe mit Ivana, die demnächst ein Buch darüber schreibt, wie herrlich es war, ihre Kinder großzuziehen. Am Wochenende hat der 33-jährige Eric auf Twitter bekannt gegeben, dass er und seine Frau Lara im September „das Trump-Team um einen Jungen erweitern“. Ainsley, Steve und Brian sind offensichtlich gerührt.

Immer wieder werden die „Mainstream-Medien“ angegriffen

Ganz kommt die Sendung um den Trump-kritischen Auftritt des FBI-Chefs freilich nicht herum. Aber sie tut es auf ihre eigene Weise. Die Redaktion hat insgesamt 20 Szenen zusammengeschnitten, in denen James Comey während der mehrstündigen Befragung aus Gründen der Geheimhaltung sagt: „Ich kann das nicht beantworten.“ Im Schnelldurchgang wirkt das extrem dämlich. „Er hat viele Leute frustriert“, fasst Steve Doocy zusammen. „Wenn man das große Ganze betrachtet, ist Präsident Trump ein gutes Stück vorangekommen“, zieht Brian Kilmeade ein überraschendes Fazit.

Dass die anderen Fernsehstationen die Befragung im Kongress ganz anders sehen, stört die Fox-Macher nicht. Im Gegenteil. Immer wieder werden die „Mainstream-Medien“ angegriffen. Nur noch acht Prozent der Bevölkerung hätten Vertrauen in die Medienkonkurrenz, zitiert Ainsley Earhardt mit gespieltem Bedauern eine Studie. Viele Nachrichten würden dort verdreht oder unterdrückt.

Die Botschaft der Sendung: Das Böse frisst sich durch die einst heile amerikanische Welt

Wie die Geschichte eines 14-jährigen Mädchens, das an einer Schule in Maryland mutmaßlich von zwei älteren Jungen vergewaltigt wurde, die sich illegal im Land aufhielten. Die „Washington Post“ berichtet über den Fall im Lokalteil. Bei „Fox & Friends“ dominiert er eine Woche die nationalen Nachrichten. Die Stoßrichtung ist klar. „Unser System ist kaputt. Deshalb hat Trump so recht“, weiß Earhardt, noch bevor die Polizei ihre Ermittlungen aufgenommen hat. Eine Lokalpolitikerin, die erklärt, der Aufenthaltsstatus habe zunächst nichts mit dem Kriminalfall zu tun, wird ebenso abgebügelt wie der Anwalt der mutmaßlichen Täter. „Wie kann man so jemand verteidigen?“, erregt sich Earhardt.

Das Böse frisst sich durch die einst heile amerikanische Welt. So lässt sich die unterschwellige Botschaft von „Fox & Friends“ zusammenfassen. Am vergangenen Donnerstag, dem Tag nach dem Londoner Attentat, hält Earhardt das Boulevardblatt „New York Post“ mit dem Foto eines blutigen Opfers in die Kameras. „Es ist, als ob sie uns anschaut“, sagt die Moderatorin: „Das könnte jedem passieren.“ Deshalb sei es „so wichtig, dass wir unsere Grenzen sichern“. Auch Steve Doocy pflichtet bei: „Trump hat absolut recht: Es muss extreme Grenzkontrollen geben.“ In die Sendung platzt die Nachricht, dass der Täter in Großbritannien geboren wurde. Nun ja, jedenfalls sei er aus dem muslimischen Ausland gesteuert worden, ist sich Kilmeade sicher. Ein kleiner Nachrichten-Einspieler berichtet, dass sich Los Angeles als Teil des weltweiten Netzwerks von Sanctuary Cities (Zufluchtsstädten) weigert, bei bundespolizeilichen Abschiebungen mitzuhelfen. „Das ist einfach unglaublich“, empört sich Moderator Kilmeade.

Nach Meinung der Moderatoren macht Donald Trump fast alles richtig

Wenn Donald Trump zuschaut, kann er zufrieden sein: Er macht nach Meinung der Moderatoren fast alles richtig. Nur am Rande wird in der vergangenen Woche über die chaotische Umsetzung der Gesundheitsreform berichtet. An diesem Montag, nach dem Scheitern von Trumpcare, muss das Thema dann doch einmal angesprochen werden. „Die Materie ist extrem kompliziert“, zeigt Kilmeade Verständnis. Die Republikaner unter Leitung von Paul Ryan, dem Chef des Repräsentantenhauses, hätten das Vorhaben schlecht verkauft. Und dann hätte der rechte Parteiflügel noch quergeschossen. „Unter diesen Bedingungen“, urteilt Kilmeade, „würde das kein Präsident hinbekommen.“

„Es gibt wirklich sehr schlechte Journalisten“, hat Donald Trump vor ein paar Tagen gesagt. Das Team von „Fox & Friends“ nahm er ausdrücklich aus: „Diese drei Leute mag ich einfach.“