Was soll man nur am Samstagabend senden? Joko und Klaas treten bei Pro Sieben mit gleich acht neuen Gameshows an. Das Publikum darf wählen, was gesendet wird – und wie lang.

Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

München - Es ist ein Prinzip, auf das Marktschreier schwören: mit Superlativen um sich werfen, um die billigste Billigware unters Volk zu bringen. Und so musste man sich während der „Besten Show der Welt“ mit Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf, die am Samstag auf Pro Sieben Premiere feierte, zeitweise wie auf dem Hamburger Fischmarkt vorkommen.

 

Meister der Mogelpackung – immerhin, diesen Champion-Titel haben sie sich nach dreieinhalb Stunden verdient. Denn ihr Wettstreit der Showmodelle, mit dem sie die Zauberformel für gute Fernsehunterhaltung kredenzen und Pro Sieben den abtrünnigen Stefan Raab ersetzen wollen, erweist sich als nichts anderes als ein müder Aufguss altbekannter Game- und Quiz-Show-Module und die x-te Variation ihre eigenen Entertain-Rezepturen, bekannt aus „Circus Halligalli“ oder „Das Duell um die Welt“.

Das Szenario: Joko und Klaas präsentieren jeweils vier Showideen, die Studiozuschauer entscheiden per Fernbedienung, ob sie dran bleiben oder wegschalten. Ist die Quote zu niedrig, wird die Show abgesetzt; die Idee, die im Schnitt den höchsten Zuspruch erzielt, gewinnt.

Die Show selbst wird zum Castingkandidat

Als Helfershelfer treten auf: Kandidaten aus dem durchweg in Schwarz gekleideten und aus der bevorzugten jungen Zielgruppe ausgewählten Publikum, Tierwelpen in Kombination mit C-Prominenz und eine großspurig auftretende digitalisierte Studiokulisse.

„Die beste Show der Welt“ macht die verzweifelte Suche des quotenhörigen deutschen Fernsehens nach guter Samstagabendunterhaltung zum Thema – die Show selbst mutiert zum Castingkandidat. Ein selbstreferenzieller Ansatz, der über Gebühr strapaziert wird, etwa mit wiederholten Seitenhieben auf das untergegangene „Wetten, dass..?“.

Die beiden Kontrahenten bedienen routiniert die üblichen Manipulationshebel, um das Publikum auf ihre Seite zu ziehen: Schadenfreude, Voyeurismus, große Gefühle, Technikfaszination. Die Helden sind sie fast durchweg selbst, dabei inszenieren sie sich wahlweise als Zampanos – bei der „David Flame Show“ schwebt Klaas als Magier zusammen mit Palina Rojinski durch die Lüfte - oder als Hosenscheißer. So setzt Klaas bei der „Höhenangst-Show“ seinen bekanntlich Abgründe fürchtenden Gegner Joko als Joker ein und schickt ihn auf ein Klettergerüst, wo er für einen Studiogast Geld einsammeln soll.

Frisch aus Japan kommen die „Emo-Kanonen“

Die „Emo-Kanonen“, wie die Moderatorin Jeannine Michaelsen, die auf dem weißen Sofa merkwürdig ihre Beine verknotet, formuliert, schlagen beim Publikum am besten ein. In Winterscheidts „Yes or No-Show“ darf ein junger Mann seiner Freundin einen Heiratsantrag machen und sogleich zur Trauung schreiten. Dumm nur, dass der letzte TV-Überraschungs-Antrag just vor einer Woche bei „Verstehen Sie Spaß?“ über die Bühne ging.

Klaas kontert mit demselben Modell: Eine vermeintlich zufällig ausgewählte Saalkandidatin muss gegen ihn antreten, um ihren persönlichen „besten Preis der Welt“ zu ergattern, den sie nicht, aber das Publikum kennt: ein Wiedersehen mit dem in Kolumbien lebenden Bruder. Bei ihrer Niederlage wird dieser umgehend wieder zum Flughafen gebracht – wozu es freilich nicht kommt.

Joko muss weinen, als eine Kandidatin ihren Bruder aus Kolumbien wiedersehen darf

Klaas’ kalkulierte Niederträchtigkeit wird vom überdeutlich empörten Joko ausgebuht, damit der hinterher nur umso heftiger vor Rührung weinen kann – das sind die Momente, in denen besonders schmerzlich zu Tage tritt, was dem Format abgeht, aber Voraussetzung für gute Unterhaltung ist: nicht inszenierte Spontaneität und echte Gefühle.

Stattdessen gibt es läppische bis lächerliche Kindergeburtstags-Spiele, die in Jokos grell-bunter Gaga-Gameshow nach japanischem Vorbild gipfeln, vom Publikum zurecht mit Absetzung abgestraft. Das gleiche Schicksal ereilt Klaas’ „Kein Herz für Tiere“, bei dem Jorge Gonzalez, Palina Rojinski und Rolfe Scheider süße Tierkinder beleidigen müssen.

Mit Jokos „Games of Drones“, bei dem Speed-Dronen durch einen Parcours jagen, flammt kurzfristig so etwas wie Spannung auf. Gewinner ist die „Dürften wir?-Show“, bei der Joko gegen Geld von zwei WG-Bewohnern die Erlaubnis erhält, mit Unterstützung vom zugeschalteten Außenposten Matthias Schweighöfer deren Berliner Wohnung recht einfallsreich zu verunstalten. Winterscheidt erhält dafür den „Deutschen Fernsehpreis in XXL“ und kündigt eine Fortsetzung des Formats an. Eine Drohung, kein Versprechen.