ARD und ZDF haben ihre Pläne für die Olympia in Brasilien vorgestellt. Vermutlich werden die Spiele in diesem Jahr zum letzten Mal in der gewohnten Form zu sehen sein.

Hamburg - Volker Herres hat einen Hang zum Pathos, und wahrscheinlich ist das auch ganz hilfreich, wenn man Programmdirektor der ARD ist. Am Dienstag, als ARD und ZDF in Hamburg auf einer Pressekonferenz ihr Programm für die Olympischen Sommerspiele und die Paralympics vorstellten, die im August und September in Rio de Janeiro stattfinden, hatte Herres mal wieder die Gelegenheit, seine Affinität auszuleben. Wir lebten in einer Gesellschaft, die sich „immer mehr fragmentiert“ und in der es „wenig Bindekräfte“ gäbe, sagt er. In dieser Situation dienten Olympische Sommerspiele auch als „der Kitt der Gesellschaft“. Das sei aber nur möglich, wenn die Bilder der Wettkämpfe für jedermann zugänglich seien.

 

Herres spielte damit darauf an, dass das künftig vielleicht nicht mehr der Fall sein wird. Die Sommerspiele in Brasilien sind die letzten olympischen Wettbewerbe, die in der gewohnten Form zu sehen sein werden. Die Übertragungsrechte ab 2018 hat sich die Discovery-Gruppe gesichert. Derzeit verhandeln die Öffentlich-Rechtlichen mit Discovery über Sublizenzen. „Für die Gesellschaft“ stehe dabei „ein großer Wert auf dem Spiel“, meinte Herres.

In Rio wollen ARD und ZDF nun noch einmal zeigen, „was öffentlich-rechtliche Qualität bedeutet“ (ZDF-Chefredakteur Peter Frey). 280 Stunden berichten sie im täglichen Wechsel live von den Wettkampfstätten, hinzu kommen im Netz bis zu sechs parallele Livestreams. Dieses Angebot beinhaltet mehr als 1000 Stunden Programm. Die Live-Berichterstattung beginnt jeweils um 13 oder 13.30 Uhr – Deutschland ist Brasilien fünf Stunden voraus – und umfasst täglich 18 bis 19 Stunden. „Wir haben täglich 300 Stunden Wettkampfbilder zur Verfügung, aus denen wir auswählen können und müssen“, sagt Anke Scholten, die Olympia-Programmchefin des ZDF.

Vom Spirit ist noch nichts zu spüren

ARD und ZDF arbeiten bei ihrer vielleicht letzten großen gemeinsamen Olympia-Mission intensiver zusammen als zuvor, vor allem was Technik und Mitarbeitersicherheit betrifft. Wie es sich für öffentlich-rechtliche Sender gehört, nehmen die Programmmacher auch Themen jenseits des Sports in den Blick – etwa die „veritable Wirtschaftskrise“ in Brasilien und die zerplatzten „Aufstiegsträume der Mittelschicht“, wie der ZDF-Chefredakteur Frey es formulierte. Dass sich das hiesige Bild des Landes in der jüngeren Vergangenheit verändert hat, zeigt Freys Bemerkung, die Olympischen Sommerspiele fänden nun „zum ersten Mal in einer Metropole der sogenannten Dritten Welt“ statt.

Andreas Wunn, der ZDF-Südamerika-Korrespondent, der zugeschaltet war, sagte, vom „olympischen Spirit“ sei in Rio noch nichts zu spüren, die Krise präge den Alltag der Menschen. Wunn, von dem das ZDF am Tag vor der Eröffnungsfeier die Doku „Der brasilianische Patient – Olympialand in der Krise“ zeigt, sieht die Olympischen Spiele auch als „Chance“, mit seinen Themen durchzudringen. Zuletzt sei das etwa aufgrund der Flüchtlingssituation in Europa schwierig gewesen.