Mitsingen, mitklatschen, mittanzen: Es war Schürzenjäger-Zeit in Reichenbach im Täle. Der örtliche Musikverein „Frohsinn“ hatte die Alpenrocker eingeladen und seinen Namen damit zum Programm gemacht.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Deggingen - Wenn sich wildfremde Menschen in den Armen liegen, wenn eine ganze Wiese und ein Berghang beben – dann ist Schürzenjägerzeit. Das ist beim Megafestival der österreichischen Alpen-Rocker im kleinen Zillertal-Örtchen Finkenberg am Fuße des Rastkogels vor 100 000 Fans nicht anders, als im Schatten des Haarbergs in Reichenbach im Täle, wo am vergangenen Samstag rund 1600 Besucher eine rauschende Party gefeiert haben.

 

Der örtliche Musikverein Frohsinn, dessen Name kurzerhand zum Programm gemacht wurde, hat es möglich gemacht. Ganz Junge und Junge, Alte und ganz Alte sind gekommen, um bei bestem Wetter und in stimmungsvoller Kulisse – man darf es wohl so sagen – die Sau raus zu lassen. Zünftig gewandet, in Dirndln und Lederhosen oder aber, wie es in einem Song der Band heißt, in schwarz, pink und mit lange Haar festeten die doch so unterschiedlichen Gäste gemeinsam. Auf dem Allerwertesten zu sitzen war nur bis zur zweiten Nummer angesagt. Denn noch ehe der charismatische Leadsänger Stevy Wilhelm den Hit „Passt scho“ anstimmte, forderte er einen allgemeinen Aufstand ein.

Bekannte Gassenhauer und neuere Lieder

Mitsingen, klatschen und tanzen: Polka und Walzer, der Boarische und der Steirische waren ebenso angesagt, wie Pop und Rock oder Blues und Samba. Mit „Grüne Tannen“ führte die Reise aus der mehr als 40-jährigen Geschichte der Gruppe, die sich seinerzeit noch Zillertaler Schürzenjäger nannte, bis ins Hier und Jetzt. Doch ganz gleich, ob bekannte Gassenhauer, wie „S’braucht net viel“ und „Großer Manitou“, oder aber neuere Lieder, etwa „Laut“ und „Hey, die Erde lebt“: das Publikum zeigt sich textsicher und ist gerade angesichts dieser musikalischen Vielfalt begeistert.

Jürgen und Andi sind aus Hemmingen beziehungsweise aus Unterweissach nach Reichenbach im Täle gekommen. „Die Mischung macht’s einfach und der Geist, der bei diesen Konzerten lebt“, sagen die beiden Schürzenjäger-Fans unisono. Nicht ganz so weit war die Anreise für Tanja und Jessica Kitzmann. Die beiden Schwestern aus Süßen sind seit ihrer Kindheit glühende Anhängerinnen der Band. „Als Kinder haben uns die Eltern mitgeschleppt. Jetzt sind wir jenseits der 20 und stehen immer noch auf die Schürzenjäger“, erklärt Jessica. Und Tanja fügt lachend hinzu: „Solange die beiden Alfreds mitmachen, wird sich daran auch nichts ändern.“

Die beiden Alfreds, die auf den Nachnamen Eberharter hören, zählen aber nicht nur zu den Urgesteinen der Schürzenjäger, sie bilden auch deren musikalisches Korsett. Alfred junior gibt als Schlagzeuger die unverwechselbaren und markanten Rhythmen vor, während Alfred senior mit seiner Ziacha, wie die steirische Harmonika liebevoll genannt wird, für den typischen Schürzenjäger-Sound zuständig ist.

1600-stimmiges Gänsehaut-Finale

Dass „Jede Nacht a lange Nacht“ ist, zeigt sich dann auch in Reichenbach im Täle. Nach satten drei Stunden tritt das Hey-Mann-Sextett noch einmal so richtig aufs Gas. Auf eine fulminantes Schlagzeugsolo von Alfred junior folgt die große Stunde des Bassisten Andy Marberger. Mit seiner kräftigen Rockröhre lässt er die „Lola“ der Kinks und Steppenwolfs „Born to be wild“ von der Bühne krachen. Markus Götz aus Göppingen ist total aus dem Häuschen. „Ich bin nicht wirklich ein Schürzenjäger-Fan, aber das ist ein Hammer, der jeden mitreißt“, schwärmt er.

Über den „Highway to hell“ von AC/DC und „Tage, wie diese“ der Toten Hosen steuert der laue Sommerabend kurz vor Mitternacht auf sein Gänsehaut-Finale zu. Ein 1600-stimmiges „Sierra Madre“, umrahmt von Feuerzeugen, Wunderkerzen und allem, was sonst noch leuchtet und funkelt, lässt den Degginger Ortsteil erbeben, immer und immer wieder. Die Band, die ihrerseits sichtlich Spaß an dem Auftritt hat, darf einfach nicht von der Bühne. Ja, es ist halt Schürzenjägerzeit im Täle.