Modernste Pistenfahrzeuge, ein neues Parkhaus mit 1200 Stellplätzen, ein Zehn-Millionen-Euro-Lift: am Feldberg wurde in jüngster Zeit enorm aufgerüstet. Eine Winterreportage vom höchsten Skigebiet des Landes.

Feldberg - Knopf drücken, Karte ziehen, die gelb-schwarze Schranke schnellt nach oben und gibt die Einfahrt frei. Na dann mal rein in den Bauch von Deutschlands höchst gelegenem Parkhaus auf dem Feldberg. Ein mächtiger Kasten auf 1300 Meter Meereshöhe, dem ein lokales Blatt, warum auch immer, „alpenländischen Stil“ attestiert. Nun ja – der in nur wenigen Monaten in den Berg betonierte nagelneue Autotempel ist 96 Meter lang, 48 Meter breit, 25 Meter hoch und 15 Millionen Euro teuer. Und er ist ein Sinnbild für die ewige Diskussion, ob das stahlbetonmäßige Aufrüsten von Skigebieten ökologischer Frevel oder eine sinnvolle Ergänzung von etwas ist, das es eh schon gibt.

 

20 Jahre lang hat die Gemeinde um Zuschüsse, Geschäftspartner und politische Anerkennung für das Projekt gekämpft, im Frühjahr 2015 rückten dann die Bagger an. Jetzt freut sich Feldbergs Bürgermeister Stefan Wirbser, der praktischerweise auch Vorsitzender des Liftverbundes Feldberg ist, über „raus aus dem Auto und hinein in das Schneevergnügen“, wie der CDU-Politiker bei der Eröffnung im Dezember des vergangenen Jahres sagte. Die rot-grüne Regierung in Stuttgart hätte auf dem geographischen Höhepunkt des Landes dagegen lieber den Buspendelverkehr für die Wintersportler vom Tal herauf ertüchtigt.

Wie auch immer, jetzt ist der Klotz in Betrieb, und man hat als Skifahrer oder Snowboarder zumindest saubere Schuhe, wenn man denn einen der 1230 Stellplätze ergattern kann. Die alten Parkflächen vor dem Seebuck waren früher morgens eisglatt und nachmittags oft schlammtief. Dafür zahlt man jetzt zwei Euro mehr für den Skipass, der gleichzeitig ein Parkticket ist.

Im neuen Parkhaus riecht es nach Auspuff, Sonnencreme und Salamibrot, leise stöhnende Menschen operieren sich in bandscheibenmordenden Stellungen in ihre klobigen Skistiefel.

Ausstieg in der vierten Etage

Dann stakst das Wintervolk mit Skiern auf dem Rücken in einen eleganten silbernen Aufzug von der Größe zweier Bettenlifte in einem Krankenhaus. Wenn man jetzt noch wüsste, in welchem Stock der Ausgang ist, wäre es auch Recht. Der Parkwächter mit seinem signalgelben Leibchen konnte auf die Frage auch nur mit der Schulter zucken. Aber irgendwann klappt es doch, im vierten Stock geht es raus. Noch ein letzter Schritt auf Stein, dann knirscht der Schnee unter den Schuhen. Der Blick geht zum blauen Himmel, man blinzelt in die Sonne und gleitet nach einem Mini-Anstieg auf den ersten von 37 Liften zu, die mittlerweile zum Liftverbund in der Feldberg-Region gehören. Dann mal los. Der Wind kommt aus Ost. Die Luft hat minus acht Grad, einige eisige Böen drücken die Kälte noch zusätzlich auf die Haut. Das schmerzt ein bisschen. Dafür scheint die Sonne, und der Pulverschnee knirscht trocken unter dem Ski. Schon schön heute hier oben auf dem Feldberg, aber auch schön kalt. Die Skifans tragen schichtenweise Thermowäsche und rote Nasen. Die Snowboarder verhüllen sich in mehreren Lagen hipper und viel zu großer Textilien, die Männer zeigen weißgefrorene Bärte, die Frauen quietschbunte Brillen. Zum Glück hat die moderne Sechser-Sesselbahn auf dem Seebuck eine Haube. Bei dem Wind Balsam für die Augen und Gesichtsnerven. Oben nach dem Ausstieg dreht man sich aus dem Wind und schaut auf die Schweizer Alpen, die bei diesem Wetter ganz nah wirken.

Und dann ist sie da, die Frage: Kann man denn im Südschwarzwald ordentlich Ski fahren? Taugt der Feldberg für mehr als ein bisschen zu rutschen? Oder fährt man mit dem Auto doch lieber die Stunde weiter ins Hochgebirge? Muss man wirklich nicht. Der Feldberg ist mit knapp 1500 Metern Deutschlands höchste Erhebung außerhalb Bayerns. Und die Region im Hochschwarzwald hat in den vergangenen Jahren mächtig aufgerüstet. Nicht nur beim Parken. Zwei moderne Kuppelbahnen und Schneekatzen haben den Pisten am Seebuck, in Grafenmatt und Todtnau-Fahl schon 2013 für drei Jahre das Pistengütesiegel des Deutschen Ski-Verbandes eingebracht. Im vergangenen Sommer kam für 10,5 Millionen Euro noch ein Sechsersessel namens „Zeigerlift“ dazu, der den Seebuck mit den Liften von Grafenmatt und Fahl verbindet. Früher musste man dazu noch abschnallen und über die Bundesstraße 317 staksen. Jetzt schwebt man drüber.

Schneekanonen und die Höhe sorgen dafür, dass die Saison in den vergangenen Jahren meist von Anfang Dezember bis Ostern ging. In diesem Winter schlug der Klimawandel allerdings brachial zu, bis Anfang Januar war alles grün, aber jetzt läuft es – nach Wunsch der Liftgesellschaft bis zum 3. April. Zu verstecken braucht sich das Gebiet nicht, wo bis zu 25 000 Brettelfans in der Stunde nach oben transportiert werden können. Die längste liftunterstützte Abfahrt misst immerhin stolze drei Kilometer, das hat durchaus Allgäu-Format. Die schwarze Abfahrt am Ahornbühl hat sogar alpine Qualität. Hier gab es schließlich schon mal einen Weltcup-Riesenslalom der Männer, heute trainiert der heimische Nachwuchs am Fahler Loch.

Der Seebuck ist ideal zum Einschwingen

Der Seebuck ist dagegen ideal zum Einschwingen. Nahezu unvorstellbar, dass an diesem Idealhang vor einigen Tagen zwei Skifahrer erst zusammengestoßen und dann beim Aufprall auf den Schaft einer Schneekanone tödlich verletzt wurden. Es ist eine breite und leichte Abfahrt, der Sechsersessel baggert auch am Wochenende die Leute weg, der Hang liegt aber leider oft im Wind. Auf der anderen Seite des Skigebiets liegen die Hänge im Lee, und die Bäume bremsen die eisige Luft zusätzlich. Auf der Abfahrt dahin kreuzt ein Wanderweg die Piste. Dick vermummte Michelin-Männchen stapfen auf Schneeschuhen vorbei. Auch ein Teil des Gesamtpakets. Die Region Feldberg bietet Wanderwege, Loipen, Rodelstrecken, wenn es genügend Schnee hat einen Snowpark für Boarder und Skifahrer und an vielen Wochenenden das, was man heute Event nennt. Am 20. Februar werden am Feldberg die Skimeisterschaften der Hebammen ausgefahren, ein wenig später gibt es einen Ladies Day mit einem Open Air Konzert. Anfang März ermittelt Deutschlands Ski-Elite ihre Deutschen Meister im Slalom und Riesenslalom. Ganz wie in den Alpen.

Die Pisten auf der etwas weniger rauen Seite ziehen sich durch den Wald, am tiefsten Punkt wartet ein relativ neuer Vierersessel. 1500 Meter zieht er sich den Hang hinauf, rechts die schwarze Rennpiste, die Direttissima ins Tal. Links Varianten von mittelschwer bis leicht durch den Wald. Dazwischen viele Schlepplifte für den, der es kürzer will. Die Lifte sind aber eine der zwei Schwachseiten des Gebiets. Nur drei hochmoderne Sesselanlagen, der Rest sind fast ausnahmslos Schlepper, die an eine Zeit erinnern, als man Ski noch mit Fangriemen fuhr. Dafür sind 34 Euro für die Tageskarte ein wenig heftig. Kritisch sind die Wochenenden: Wenn das Wetter gut ist, bricht der Verkehr nämlich regelmäßig zusammen, und es gibt einfach zu wenige Parkplätze. Immer noch.

Zweimal hoch mit der modernen Rothausbahn, zweimal die Schwarze runter. „Das hat er gut gemacht, der Wirbser Stefan“, sagt ein munterer Pensionär aus dem Rheintal und zeichnet im Lift schwebend mit seinem Arm einen großen Bogen über die ganze Pistenszenerie. Mit dieser Meinung steht er nicht allein da, für Naturschützer ist der umtriebige Bürgermeister aber weiter ein dunkelrotes Tuch.

Da staunt der alpine Oberbayer

Ausstieg am Grafenmatt-Höchst. Hier beginnt eine Piste, besser gesagt, eine Route, die man nun partout nicht im Mittelgebirge vermuten würde. Die Hinterwaldabfahrt über gut 750 Höhenmeter hinunter nach Todtnau ist 9,3 Kilometer lang und laut Eigenwerbung die längste Skiroute in Deutschland. Da staunt der alpine Oberbayer, und der Baden-Württemberger wundert sich. Aber klar ist auch, dass es im Schwarzwald nicht fast zehn Kilometer bergab gehen kann. Auf der Route muss man zwischendurch immer mal wieder schieben oder sogar aufsteigen. Zur Stärkung gibt es mittendrin ein Kirschwasser gratis an einer Art Vogelhäuschen.

Wenn es genug Schnee hat, stürzen sich hier sportive Schwarzwälder bei einem Inferno-Rennen zu Tal. Die schnellsten sind in etwas mehr als zehn Minuten im Ziel. Am 27. Februar will der Skiclub Todtnau das Jubiläums-Inferno starten, aber dazu muss es noch mal kräftig schneien. In diesem Winter war die Abfahrt meistens gesperrt. Zurück von Todtnau geht es übrigens im Halbstundentakt mit dem Bus zur Talstation des Rothaus Lifts.

Die Oberschenkel brennen aber auch auf der kürzeren FIS-Piste, die Kälte ist vergessen. Trotzdem Zeit für was Warmes. Auch hier braucht der Feldberg keinen alpinen Vergleich zu scheuen. Im Gegenteil: wir sind hier im Badischen, wo man bekanntlich sehr gut kocht. Abschwung beim Berggasthof Wasmer direkt an der Piste. Eines der vielen Restaurants oder Hütten im Gebiet. Im Hotel Feldberger Hof, direkt an der Talstation des Seebucks, kocht sogar der ehemalige Küchenchef des Kreuzfahrschiffs MS Europa. Es tut’s aber auch eine Portion Kässpätzle und ein Glas badischen Roten im Wasmer. Das hat was.

Leider steht das Auto im Parkhaus am Seebuck. Also zurück in den Wind, hilft ja nichts. Noch zwei Mal den Sechser hinauf, dann reicht es auch. Das Skivolk sammelt sich an der Schirmbar. Zum Hefeweizen schmachtet Helene Fischer aus den Lautsprechern. Eine Gruppe Jungmänner mit Snowboards aus dem Schwäbischen lost, wer nach dem Après-Ski das Auto fahren muss. Der Verlierer ist deutlich am Gesichtsausdruck zu erkennen.

30 Jahre soll sich der Winter hier noch zeigen

Kurz vor fünf Uhr leeren sich die Szenerie und auch das Parkhaus. 800 000 Euro Einnahmen pro Jahr garantiert die Gemeinde Feldberg dem Betreiber. Bei zwei Euro fürs Parken pro Liftkarte müssten da schon 400 000 Tickets bis Ostern verkauft werden. Das dürfte in diesem warmen Winter ziemlich knapp werden. Aber auch da ist den Feldbergern nicht bang. 30 Jahre soll sich der Winter hier oben trotz Klimawandel noch zeigen. So steht es zumindest in einem Gutachten. Außerdem parken ja im Sommer auch Wanderer. Und wenn es doch zu schnell zu warm werden sollte, könnte man ja immer noch eine Skihalle bauen. Wer Parkhäuser im Eiltempo in die Berge betoniert, kann auch das.

Die Schranke öffnet sich, raus auf die Bundesstraße ins Tal. Ein letzter Blick auf die nahen Westalpen und noch einmal die Frage: Kann man im Mittelgebirge ordentlich Ski fahren? Am Feldberg schon.