Die Obst- und Gemüsehändler sind schon um drei Uhr morgens auf dem Großmarkt. Eine Stunde bevor die schweren Eisentore für die Kunden geöffnet werden, herrscht Hochbetrieb an den Ständen.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Die Markthalle ist Kult. Früchte, die aussehen wie gemalt. Gemüse, das auch keinen noch so kleinen Makel hat, Gewürze aus aller Herren Länder, Fleisch von ehemals glücklichen Tieren und Süßigkeiten, die immer eine Sünde wert sind, bestechen das Auge – am Tag. Aber bevor die über 100 Jahre alte, denkmalgeschützte Markthalle ihre schweren Eisentüren für die Kundschaft öffnet, sieht es hier leer und trist aus.

 

6.30

Die Sonnenstrahlen blitzen zögerlich durch die Kastanien der Planie. Die Tür zum äußeren Lastenaufzug an der Dorotheenstraße ist geöffnet, damit Frisches als Vorrat in die Kühlräume im Keller gebracht werden kann. Hausmeister Thomas Frech hat seine Frühschicht um 5 Uhr begonnen, denn da kommen die ersten Händler vom Großmarkt zurück. Manch einer ist dort schon um 2 Uhr in der Frühe auf der Suche nach den schönsten Früchten. Auch der Bäcker bringt um fünf Uhr die süßen Stückle, die Brote, Brötchen und Brezeln.

6.35

Am Stand von „Mayer Früchte“ wartet die Berg-und Tal-Landschaft aus grünem Plastikrasen auf die Kisten, die auf ihr arrangiert werden. Körbe mit Kartoffeln und Zwiebeln stehen unter dem Verkaufstisch. Nur sie bleiben über Nacht in der Halle. Alles andere Obst und Gemüse wandert abends in die Kühlkammern im Keller. Manche Sorten vertragen sich nicht und brauchen getrennte Räume, vor allem aber brauchen die Waren unterschiedliche Klimazonen. Bernd Walkers Waren werden beispielsweise in drei Kammern bei acht Grad, 7,8 Grad und bei zwölf Grad gekühlt.

6.45

Der Kunstrasen bei den Mayer-Früchten ist zu einem Drittel bestückt. Mitarbeiterin Helene Mandler arrangiert eine kleine Kiste mit frischen hellroten Preiselbeeren als Farbtupfer. Die grünen Feigen aus Italien präsentiert sie als besonderes Highlight: Eine schneidet sie auf, damit die Kundschaft sieht: An diesen Feigen ist ganz und gar nichts matschig. Ein paar Schritte weiter ist der Obst- und Gemüsestand von Bernd Walker. Dort packt seine Mitarbeiterin Conny Kellner Kisten vom Transportwagen. Beeren und Salat sowie Kräuter hat Walker vom Großmarkt geholt. „Das ist jeden Tag frisch“. Bei Walker bleiben die hellen Kistchen über Nacht leer in der Auslage stehen. „Wir legen abends schon das frische Papier für den nächsten Morgen rein“, sagt Conny Kellner. Darauf drapiert sie jetzt Champignons, Rucolasträußchen, Radieschen und besprengt die Salatköpfe mit kaltem Wasser, damit sie knackig bleiben.

6.50

Elke Schmucker hat bei Obst und Gemüse-Ragoßnig im Eingangsbereich noch alle Hände voll zu tun. Einen Plan nach dem sie Schalotten, Sellerie, Tomaten, Aprikosen oder Zwetschgen anordnet, gibt es nicht. „Ich achte eben drauf, dass die Farbmischung schön aussieht“, sagt sie. Die Saisonware allerdings hat ihren Stammplatz. „Die Beeren werden jetzt bald von den Zitrusfrüchten abgelöst.“ Sie deutet auf eine Ecke links am Stand. Vor ihr steht eine Kiste mit Resten: Brokkoli, Karotten, Birnen, Weintrauben. Zum Wegwerfen ist dies viel zu schade. Die Caritas wird es später für ihre Tagesstätte an der Olgastraße abholen, wo Wohnungslose ein warmes Mittagessen bekommen.

7.10

Bei der Albmetzergerei Failenschmid schneidet Silvia Schick bei allen Würsten die erste Scheibe ab. Über Nacht waren Fleisch und Wurst vom Biohof im Kühlhaus, das direkt hinter dem Stand ist. „Unsere Schweine dürfen zwölf Monate lang rumhüpfen“, scherzt sie und betont, dass die Tiere kein künstliches Kraftfutter bekommen. Gegen zehn Uhr, wird der Transporter vom Hof aus Gächingen weitere Wurstsorten aus eigener Herstellung sowie Fleisch vom Alblinsenschwein liefern.

7.20

Ein Stand ist auch jetzt noch mit einem braunen Vorhang verhüllt. Dahinter verbergen sich Honig, Öle und Gewürze. Alles bleibt hier an seinem Platz. Deshalb muss morgens nichts vorbereitet werden. Anders ist das bei Gunter Ludwig. Er war schon achtmal im Keller im Kühlhaus und ordnet in seiner Verkaufstheke Geflügel aus Frankreich. Darauf ist er spezialisiert, ebenso wie auf Käse aus dem Nachbarland. Das Kühlhaus im Keller räumt er morgens weitgehend leer und lagert einige Vorräte in seinem stattlichen Kühlschrank am Stand. „Wenn der Betrieb erst läuft, kann ich schlecht Nachschub holen“, erklärt er.

7.30

Es ist geöffnet. Kunden sind noch keine zu sehen. „Die kommen erst ab zehn, wenn die Geschäfte öffnen“, weiß Frech. Marlene Papadopulos beginnt jetzt an ihrem Stand mit griechischen Vorspeisen die verschiedenen Frischkäsespezialitäten anzurühren: Als erste kommt die Schwiegermuttercreme dran, denn die wird am häufigsten verlangt.

7.35

Conny Kellner beginnt jetzt die Feinarbeit: Sie putzt Blattsalate für die Salatmischung und in der kleinen Küche warten an sich schon makellos saubere Pfifferlinge darauf, das sie verlesen werden. Bernd Walker schiebt einen Karren voll beladen mit Kartons und Kisten in Richtung Lastenaufzug. Die müssen zum Altpapier in den Keller.

Heute in der Markthalle