Im Geschäft mit der Industrie ist Mackevision zum Weltmarktführer für datenbasierte Visualisierung geworden. Jetzt lockt der Film. An den Spezialeffekten für die vierte Staffel von „Game of Thrones“ waren die Stuttgarter maßgeblich beteiligt.

Stuttgart - Eines stand für Armin Pohl von Beginn an fest: „Ich bin zum Bildermachen geboren“, sagt der gebürtige Waiblinger wie selbstverständlich. Aber die Bilder, die der 47-Jährige macht, haben mit dem traditionellen Verständnis von Bild – im Sinne von Fotografie – wenig zu tun. Pohl ist Chef des Stuttgarter Unternehmens Mackevision Medien Design und leitet damit einen der beiden weltweit führenden Anbieter auf dem Gebiet der sogenannten datenbasierten Visualisierung. Und das ist ein Wachstumsmarkt, denn die Bilder von Produkten, ob auf Plakaten, in Werbefilmen oder Online-Katalogen, sind im seltensten Fall noch Fotografien; es sind gestochen scharfe Abbildungen, die auf der Basis von Konstruktionsdaten am Computer erzeugt wurden. Groß geworden ist Mackevision – wie viele Unternehmen in der Region Stuttgart – durch die Autoindustrie. Den Durchbruch geschafft hat das Studio, das seinen Sitz im Bosch-Areal an der Liederhalle hat, mit Hilfe des Platzhirsches Mercedes-Benz.

 

Mitte des zurückliegenden Jahrzehnts haben Konfiguratoren im Internet bereits zum Standard in der Automobilbranche gehört. Das sind elektronische Werkzeuge, mit denen Kaufinteressenten sich die Lackierung, die Innenausstattung und das Zubehör ihres Wunschautos darstellen lassen konnten. „Am Anfang standen fotografierte Bilder, bearbeitet mit dem Photoshop-Programm,“ sagt Pohl. 2007 hat sich Mercedes dann für einen datenbasierten Konfigurator von Mackevision entschieden, dessen neueste Version seit 2012 im Einsatz ist. Zu jedem Fahrzeugmodell gibt es Ansichten aus 40 Blickwinkeln bei verschiedenen Lichtverhältnissen für alle Farb- und Ausstattungsvarianten – in der Summe 375 Billionen (in Zahlen: 375 000 000 000 000) verschiedene Bilder. Den Auftrag nennt Pohl das „Leuchtturmprojekt“ für Mackevision. Hierdurch sind die Stuttgarter mit fast allen namhaften Autoherstellern auf der Welt ins Geschäft gekommen.

Der Erfolg des Konkurrenten hat Pohl gewurmt

Vor knapp zehn Jahren sah die Welt noch etwas anders aus. Da hatte Mackevision, gegründet 1994, seinen Sitz in Sindelfingen und ganze 15 Mitarbeiter. Mittlerweile nähert sich die Belegschaft des weltweit an einem dutzend Standorten arbeitenden Unternehmens 300 Mitarbeitern. Ganz unbescheiden macht Pohl die Expansion an seiner Entscheidung fest: Er trennte sich 2005/2006 von seinem Partner Marcus Roth – dessen Spitzname „Macke“ Pate bei der Firmierung stand – und übernahm alle Anteile. „Ich hatte 100 Prozent der Anteile und 100 Prozent der Probleme,“ sagt Pohl. Er nennt es die „Aufwachphase“ von Mackevison, bei der Roth offenbar nicht mitwirken mochte, denn ein Unternehmen wie RTT in München, erst 1999 gegründet und mittlerweile von dem französischen Dassault-Konzern übernommen, war am Konkurrenten Mackevision vorbeigezogen.

Das ließ Pohl, der sich als extrem ehrgeizig beschreibt, nicht ruhen. Die Aufholjagd begann damit, dass die „zuvor kunsthandwerkliche Fertigung industrialisiert wurde“, wie er sagt.

Die Autobranche steht eindeutig im Mittelpunkt

Der gelernte Grafikdesigner hält heute die Mehrheitsanteile von 76,5 Prozent. Sein Kompagnon Joachim Linke kommt auf 13 Prozent. Der Rest teilt sich auf ein halbes Dutzend Mitarbeiter auf. Pohl weiß, dass er als Chef anstrengend ist. Er schätzt sein Arbeitspensum auf nicht selten 80 Stunden pro Woche. Bei seinem Kompagnon Linke sei das nicht anders. Mit dem Erreichten ist Pohl aber längst noch nicht zufrieden. Der Umsatz von voraussichtlich 25 Millionen Euro für das Ende Juni abgeschlossene Geschäftsjahr 2013/14 soll im nächsten Jahr auf deutlich über 30 Millionen Euro steigen – dank neuer Großkunden in Amerika und Asien, die der Chef noch nicht nennen mag. Zudem vertraut Pohl darauf, dass das Auto für den Kunden ein emotionales Produkt bleibt, was Spielraum in der Konfiguration für weitere Personalisierungen schafft. Auch außerhalb der Fahrzeugbranche, die 80 Prozent der Erlöse bringt, kommt die sogenannte Computer Generated Imagery (CGI) immer stärker zum Einsatz. Die größten Hoffnungen setzt Pohl dabei auf die Modebrache, für die Varianten und Farben von Kleidungsstücken, eingebettet in verschiedene Landschaften und Umgebungen, wichtig sind. Hugo Boss gehört zum Beispiel bereits zu den Kunden.

Neben der Arbeit für die Industrie hat Mackevision in jüngerer Zeit auch begonnen, mit Hilfe von zwei ehemaligen Beschäftigten des Studios Pixomondo einen Zweig für digitale Spielfilmbilder aufzubauen. Pohl ist stolz darauf, dass Mackevision an den Spezialeffekten für die vierte Staffel der Kult-Fantasy-Saga „Game of Thrones“, die vor wenigen Tagen fast zeitgleich in den USA und im deutschen Pay-TV an den Start gegangen ist, maßgeblich beteiligt war – mit etwa einem Viertel, wie er schätzt. Die Spezialeffekte sollen künftig mindestens zehn Prozent des Umsatzes erbringen. „Wenn wir es machen, dann machen wir es richtig“, sagt Pohl.