Die preisgekrönte Stuttgarterin Natalie Jacob will bei bei der Weltmeisterschaft im Tischfußball einen weiteren Titel gewinnen. Ein Gespräch über einen Sport, in dem Männchen antreten – und Männer schlecht verlieren können.

Region: Verena Mayer (ena)

Stuttgart -

 
Die Aufstellung ist bei jeder Partie die selbe, kein Spieler größer oder athletischer als der andere. Das Wetter spielt keine Rolle, der Rasen sieht überall gleich aus. Trotzdem ist Tischfußball ausgesprochen abwechslungsreich und unterhaltsam. Und das liegt nicht nur daran, dass es keine torlosen Partien gibt.
Frau Jacob, heute beginnt die Weltmeisterschaft. Sind Sie bereit wie nie?
Ja. Ich habe die letzten sechs Wochen intensiv trainiert.
Im Trainingslager?
Nein, an meinem Tisch daheim.
Ganz alleine?
Ja. Ich übe dann immer die gleichen Pässe oder immer die gleichen Schüsse. Das muss alles blind sitzen, damit ich meine Technik auch unter Druck präzise umsetzen kann. Aber am Wochenende kicker ich schon auch mit Freunden in der Kneipe.
Was ist Ihre Technik?
Am liebsten schieße ich meinen Jet. Er ist auch unter dem Namen Snake bekannt.
Der geht wie?
Dafür setze ich mit dem Handgelenk am Griff an, drücke ihn nach links oder rechts, und während ich drücke, führe ich das Männchen um den Ball rum, lasse den Griff in meine Hand rollen und ziehe dann ab. Dieser Schuss hat einen wahnsinnigen Wumms.
Und den schießen nur Sie?
Nein. Aber es gibt nur sehr wenige Spieler, die den Jet spielen. Die meisten schließen mit einem anderen Schuss ab: dem Pinshot. Dafür umfasst man den Griff, lässt dann die Hand nach oben schnallen und bringt den Ball so ins Tor. Natürlich kommt es auch auf den Tisch an, an dem man spielt.
Natürlich!
Sie lachen! Aber nicht jeder Tisch eignet sich für jeden Schuss gleich gut. Der Bonzini in Frankreich hat zum Beispiel einen Linoleumboden, auf dem ist der Ball viel langsamer. Außerdem hat er Teleskopstangen. Das heißt, die Stangen kommen nicht auf der anderen Tischseite raus, daran muss man sich gewöhnen. Die Amerikaner wiederum spielen den Tornado. Bei dem haben die Spieler viel längere Beine als bei den anderen Tischen, und der Ball ist schwerer. Der Jupiter der Belgier zeichnet sich dadurch aus, dass die Figuren aus Holz sind und die Bälle aus Kork. Wir Deutschen haben den Ullrich Kicker und den Leonhard Tisch. Die Spielfläche besteht bei beiden aus einer durchgehenden Holzfläche, und die Männchen sind aus Hartplastik.
Was macht einen guten Tisch aus?
Stabilität, eine gerade Spielfläche, die Stangen lassen sich präzise führen, und die Männchen sind mit Gewichten ausjustiert. Ein Turniertisch wiegt knapp 200 Kilo. Man merkt sofort, wenn man an einem billigen Kicker steht. Wenn man da mal richtig mit Karacho schießt, dann zieht man den Tisch gleich meterweise mit.
Braucht ein guter Tischfußballer nur sehr viel Training oder durchaus auch Talent?
Mit sehr viel Training kann jeder gut werden. Aber um richtig gut zu sein, braucht es Talent. Das heißt ein gutes Auge und eine gute Reaktion. Und was sehr wichtig ist und von vielen unterschätzt wird, ist die mentale Stärke. Ich bin mental sehr stark.
Und Ihre Sehnenscheiden?
Die waren noch nie entzündet, falls Sie das meinen. Wir Profis schießen nicht aus dem Handgelenk. Dafür habe ich mal einen Ball auf den Kopf bekommen. Aber das war eine Ausnahme – und ich hab’s überlebt. Schlimmer stelle ich mir vor, einen Ball auf die Nase zu kriegen. Der kann da locker mit 50 Kilometer pro Stunde drauf krachen.