Die VfB-Clique zieht eine Bilanz des Jahres 2016. Die fällt durchwachsen aus, nicht nur wegen des Abstiegs im Sommer.

Chef vom Dienst: Tobias Schall (tos)

Stuttgart - Es ist schon etwas später im Flora & Fauna an der Haltestelle Mineralbäder, als der Blick zurückgeht. Nein, nicht auf dieses sportliche „Annus horribilis“ des VfB mit dem Abstieg in die zweite Liga. Viel weiter. Ach, was waren das für Zeiten. Damals, 1984, die Meisterschaft, und damals, „als wir gegen Maradona gespielt haben“, wie Jogi erwähnt. Und der 100-Tore-Sturm. Ach, wie schön.

 

Hier am Tisch unweit des Rosensteinmuseums sitzen Zeitzeugen. Nun sind die Freunde von der VfB-Clique beileibe keine Ewiggestrigen, aber in manchen Momenten tut es gut, sich an die guten, alten Zeiten zu erinnern, eine Selbstvergewisserung, wer man eigentlich ist. Eine ziemlich große Nummer: „Es gibt in Deutschland nicht viele Clubs, die so viele Erfolge hatten wie wir“, sagt Jogi. „Für die anderen ist es immer das Spiel des Jahres, wenn der große VfB kommt“, sagt Thommi. In Sandhausen. In Aue. In der Zweitliga-Provinz ist der VfB der Märchenprinz. Wie am Sonntag.

Es war ja irgendwie der passende Abschluss für dieses Jahr. 0:3. In Würzburg. IN WÜRZBURG! Joachim war dort, mit dem Zug hat er sich auf den Weg gemacht, nun sitzt er ernüchtert vor einem Glas Rotwein und spricht von „kollektivem Versagen“. Jogi wiederum ist irritiert, dass der Trainer die Tage davor immer Männerfußball gefordert hat, dann aber 90 Minuten lang Mimosenfußball gespielt wurde, Thommi schimpft auf Maxim, und Joachim hat so seine Zweifel an den Flitzern Asano und Mané: „Die gewinnen keinen Zweikampf und verlieren jeden Ball.“

Jahresende wie Jahresanfang

Die Stimmung ist angespannt. Der VfB am Jahresende erinnert an den VfB vom Jahresanfang. Zumindest ein bisschen. „Sobald es Rückschläge gibt, bricht alles zusammen“, sagt Jogi. Thommi hat das Problem „Selbstzufriedenheit in der „VfB-DNA“ ausgemacht. Spieler kommen und gehen – „das Phänomen bleibt“ (Joachim). In den letzten zwei Spielen ist so der gute Eindruck etwas dahin: „Ich hatte zuletzt ein gutes Gefühl – jetzt ist das wieder weg“, sagt Thommi. Trotzdem ist Joachim überzeugt, dass der VfB aufsteigt, „weil die anderen so schlecht sind“ – und Jogi bittet inständig darum, jetzt nicht alles infrage zu stellen: „Ich vertraue der Führung, auch wenn wir jetzt eine Delle haben. Nur weil die zwei Spiele Mist waren, ist nicht alles Mist.“

Apropos Mist. Alex ist krank, und Jürgen ist in Iserlohn. Das hat aber nichts mit dem VfB zu tun, er scoutet nicht den nächsten Gegner. Der FC Iserlohn kickt in der Westfalenliga, was der VfB niemals schaffen wird. Jürgen ist beruflich dort, und Thommi verbindet mit Iserlohn dies: „Da sind wir mal in die Bundesliga aufgestiegen“, sagt Thommi, der beim SV Cannstatt Wasserball gespielt hat. Einen starken Keeper hatten die Iserlohner damals, Luther, hieß er, „der Luthi“. „Ach halt. Stimmt gar nicht. Den Abstieg haben wir verhindert.“

Zurück zum Sport. Grundsätzlich sind sich die Dauerkartenbesitzer am Ende dieses Jahres einig, dass der Weg des VfB in die richtige Richtung geht. Nach Jahren zielsicheren Navigierens in den Abgrund zweite Liga scheint es so, als hätte der Club vom Abgrund aus einen Weg zurück entdeckt.

Vertrauen in Schindelmeiser und Wolf

Zumindest glauben die Freunde das, die Herren Schindelmeiser und Wolf genießen jedenfalls großes Vertrauen: „Ich war immer dagegen, wenn Leute gesagt haben, wir müssen absteigen, um zu gesunden, aber vielleicht stimmt das doch. Wahrscheinlich hätte sich nicht viel geändert, wenn wir dringeblieben wären“, sagt Jogi. Auch Thommi freut der Innovationsschub beim VfB: „Zum ersten Mal sind Personen am Werk, die das machen, was wir immer wollten. Ich hoffe, das geht alles auf.“

Auch der Clique tut Liga zwo gut. Joachim ist zum Groundhopper geworden und fährt zu möglichst vielen Auswärtsspielen, Jogi und Thommi trauen sich wieder nach München zum Fußball, weil es nur gegen 1860 geht und nicht gegen die Bayern, und überhaupt ist die zweite Liga mit all den wunderbaren Vereinen wie Union Berlin oder Aue oder St. Pauli eine schöne Abwechslung zur Bundesliga, findet Jogi: „Da gibt es ganz tolle Clubs, die Liga hat einen ganz besonderen Charme, es ist alles so ein bisschen amateurhaft – das hat was.“

So schön, dass man etwas länger dort bleiben will, ist es dann aber wiederum auch nicht. „Ein Jahr reicht“, sagt Thommi. Der VfB ist nur gekommen, um zu gehen.