Eine Gruppe von Bundesligatrainern hat sich getroffen, um aus dem WM-Sieg Schlussfolgerungen für den deutschen Fußball zu ziehen. Alles wollen sie der Strategie der Nationalelf aber nicht abschauen.

Mannheim - Thomas Schaaf erzählte hinterher mit einem Schmunzeln, er habe seine Anwesenheit im Mozartsaal des Mannheimer Kongresszentrums als „spannende Nummer“ empfunden. Denn neben dem neuen Trainer von Eintracht Frankfurt saß auf dem Podium zum einen Armin Veh (VfB Stuttgart), „mein Vorgänger“, und zum anderen Christian Streich (SC Freiburg), „mein erster Bundesligagegner“. Gemeinsam mit dem DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock und Kameruns Nationaltrainer Volker Finke erörterten sie auf dem Trainerkongress die Schlussfolgerungen für den deutschen Fußball aus dem Gewinn der Weltmeisterschaft.

 

Einig waren sich die Fußballlehrer, dass der Titel „das Ergebnis langjähriger Nachwuchsarbeit ist“, wie Schaaf sagte, den zudem begeistert hat, „wie viele Teams bei dieser WM ihre Idee umgesetzt haben; wie aktiv sie waren, um selbst zu agieren.“ Der 53-Jährige sah sich in seiner offensiv geprägten Anschauung bestätigt.

Eine Spieler-WG wäre nichts für Armin Veh

Der gleichaltrige Armin Veh hält überdies den deutschen Zusammenhalt für nachahmenswert: „Wir Trainer sind verantwortlich, einen glaubwürdigen Teamgeist vorzuleben.“ Auch wenn er im Trainingslager eher nicht auf Wohngemeinschaften setzen würden, die nach Sandrocks Einschätzung den deutschen Stars „eine neue Stufe der Selbstdisziplin und Selbstverantwortung“ lehrten.

Die eindringlichste Mahnung für die Zukunft des deutschen Fußballs sprach Streich aus, der bei den vielen Lobpreisungen auf den schwarz-rot-goldenen Unterbau Wasser in den Wein schüttete. Dass neben den alimentierten Vereinen VfL Wolfsburg, Bayer Leverkusen und TSG Hoffenheim demnächst wohl noch RB Leipzig in die Bundesliga drängt, passt dem 49-Jährigen gar nicht. „Wir müssen aufpassen, dass wir weiterhin Vereine haben, die nicht von Menschen mit viel Geld gesponsert werden“, warnte Streich. „Das ist der Schlüssel. Die Gefahr besteht in hohem Maße.“ Da sieht einer die Talentförderarbeit im Breisgau in höchster Gefahr, was ja auch den Bundestrainer Joachim Löw um einige Annehmlichkeiten bringen würde.

Die „Kompetenz in der Grenzecke“ ist in Gefahr

Streich fürchtet, spätestens „in fünf, sechs Jahren“ von der Erstliga-Landkarte verdrängt zu werden – und dann könne er nicht mehr junge, deutsche Kräfte wie den zu Borussia Dortmund gewechselten Matthias Ginter der Elite zuführen. Die „Kompetenz in der Grenzecke“ (Streich) ließe sich in der zweiten Liga ja nicht annähernd so gut entwickeln, und der Coach ist skeptisch, dass andere Clubs so zielgerichtet auf deutschen Nachwuchs setzen wie der Sportclub. „Die kaufen lieber für 20, oder 30 Millionen Euro im Ausland.“ Veh schlug insofern noch in dieselbe Kerbe, als der VfB-Coach das Gebaren der Premier League kritisierte: „England schmeißt mit irrsinnig viel Geld um sich, setzt aber nicht seine jungen Spieler ein. Das ist der signifikante Unterschied zu Deutschland.“

Mit einem süffisanten Grinsen nahm Veh den Umstand hin, dass Chefausbilder Frank Wormuth in seiner WM-Analyse vorgetragen hatte, die Mittelfeldraute sterbe aus. „Wer sagt das?“ fragte Veh und stellte heraus, dass es allenfalls neue Trends gebe, aber keine neuen Systeme mehr. Sein Frankfurter Nachfolger Schaaf konnte ihm da nur beipflichteten: „Ich wehre mich gegen solche Prinzipien. Die Raute finde ich nicht so schlecht. Viel wichtiger ist doch, wie die Spieler aus dieser Grundformation ihre Rolle interpretieren.“

Armin Veh will nicht nur Zwölfter werden

Interessant übrigens, wie unterschiedlich die drei Trainer ihre Zielsetzung für die neue Spielzeit vortrugen – ein jeder mischte in sein Statement seinen ironischen Unterton. Streich möchte mit Freiburg „den einen oder anderen Schritt nach vorne machen, wir haben schließlich keinen Europapokal“. Süffisante Spitze: „Wenn uns am Saisonende dann nicht die halbe Mannschaft weggekauft wird, ist das ein Erfolg.“ Veh erneuerte seine Absicht, er habe nicht ein zweites Mal beim VfB angeheuert, „um Zwölfter zu werden“. Zweideutiger Zusatz: „Aber wir müssen im Kader noch etwas machen, sonst werden wir Dreizehnter.“ Schaaf berichtete, sein Team sei „fleißig, aber wir brauchen noch Zeit, deshalb ist der Trainer sehr geduldig.“ Beiläufiges Bonmot: „Unser Anspruch ist nicht, Deutscher Meister zu werden.“