Die Elektromobilität wird in den nächsten fünf Jahren weltweit Fahrt aufnehmen, sind sich die Experten sicher. Sie räumen Deutschland Chancen im Wettbewerb ein. Auch eine Zellfertigung ist möglich. Die Entscheidung fällt aber frühestens 2018.

Reutlingen - Die Zahlen sind ernüchternd: 8522 reine Elektroautos sind im vergangenen Jahr in Deutschland neu zugelassen worden. Das entspricht zwar einer ansehnlichen Steigerung um 41 Prozent. Dennoch liegt der Marktanteil mit 0,28 Prozent geradezu im homöopathischen Bereich. Rechnet man die Hybride hinzu, steigt die Bedeutung der alternativen Antriebe immerhin auf einen Anteil von 1,7 Prozent. Dennoch ist sich Joachim Fetzer sicher: „Elektromobilität nimmt in den nächsten fünf Jahren weltweit Fahrt auf.“

 

Fetzer ist im Bosch-Bereichsvorstand Gasoline Systemes zuständig für die Elektromobilität. Bis 2020, so sagt er bei einer Bosch-Veranstaltung zusammen mit Batterieexperten voraus, dürften 12,1 Millionen elektrifizierte Neufahrzeuge auf den Markt kommen, weltweit wohlgemerkt. Darunter sollen dann 2,5 Millionen reine Elektroautos sein, der Rest sind Hybride, also Auto, die sowohl einen Verbrennungs- als auch einen Elektromotor haben. Und was besonders erfreulich ist: Die Experten sehen die Chancen als gut an, dass Deutschland dann im Spiel ist – auch bei den Batterien. Diese Technologie gilt als der Schlüssel für den Elektroantrieb. „Wir verstehen das Zusammenspiel zwischen Chemie, Elektronik und Kühlung“, sagt Fetzer. „Wir positionieren uns wettbewerbsfähig“, sagt auch Gerhard Hörpel, Direktor des MEET Batterieforschungszentrums der Universität Münster.

Bosch hat rund 30 Elektroprojekte realisiert

Die Stuttgarter, die in der Elektromobilität mit den Konzernen GS Yuasa und Mitsubishi zusammenarbeiten, haben schon einiges zu bieten. Der Zulieferer hatte Ende vergangenen Jahres rund 30 Serienprojekte rund um die Stromer realisiert. Dazu gehört das prestigeträchtige Google-Auto, bei dem die Stuttgarter mit von der Partie sind. Dazu gehören aber auch Alltagsautos wie der Fiat 500, der in der E-Variante nur in den USA fährt. Bosch verwendet dafür die Zellen des Ex-Partners Samsung und führt sie im Werk Bamberg zu einer Batterie zusammen. Auch der elektrische VW-Golf oder der Porsche-Panamera Plug-in-Hybrid verwenden Bosch-Technik. 1800 Boschler tüfteln rund um die neuen Antriebe.

Allerdings, eine eigene Fertigung für Lithium-Ionen-Zellen hat Deutschland derzeit nicht zu bieten. Produziert werden die kleinen Kraftpakete vor allem in Ländern wie China, Japan und Südkorea. Es gibt Überkapazitäten, die Zellen werden zu aggressiven Preisen auf dem Weltmarkt angeboten. Es ist ein Kampf um Marktanteile. Mit der fatalen Konsequenz, dass die Kosten der Fertigung über den Marktpreisen liegen, sagt Hörpel. Wohl kaum ein Hersteller verdient mit den Lithium-Ionen-Batterien für Elektroautos derzeit Geld. Deshalb mache es auch keinen Sinn, heute in die Zellfertigung zu investieren, ist sich der Bosch-Bereichsvorstand denn auch sicher.

Entschieden wird frühestens 2018

Doch dies dürfte sich in einigen Jahren ändern, wenn die nächste Batteriegeneration ansteht. Eine Zellfertigung am Standort ist nicht vom Tisch, sind sich Fetzer und Hörpel einig. Und die Überkapazitäten? Sobald die Nachfrage nach Elektroautos anzieht, sind Überkapazitäten kein Thema mehr. Doch die Entscheidung über eine Fabrik steht vermutlich erst zwischen 2018 und 2020 an. „Wir brauchen einen langen Atem“, so Hörpel. Doch dies dürften dann immer noch Zellen auf Basis der Lithium-Ionen-Technologie sein. Zwar wird bereits auf Basis von Lithium-Schwefel geforscht, doch diese Technik ist wohl frühestens 2025 alltagstauglich.