Der Komiker Dieter Hallervorden feiert seinen 80. Geburtstag. Früher mimte er die perfekte Ulknudel. Im Alter entpuppt er sich auch noch als toller Schauspieler: Respekt!

Kultur: Tim Schleider (schl)

Berlin - Palim, palim: langweilen sich zwei Knackis in ihrer Doppelzelle und spielen Kaufmannsladen. Macht der eine die Ladenklingel nach (eben: „palim, palim“) und sagt: „Guten Tag, ich möchte eine Flasche Pommes frites.“ Antwortet der andere: „Aber mein Herr, Pommes frites gibt es doch nicht in Flaschen.“ Und so weiter. Der Sketch aus Dieter Hallervordens TV-Reihe „Nonstop Nonsens“ aus dem Jahr 1977 ist derart bekannt, dass wir uns den weiteren Verlauf und die Pointe getrost sparen können.

 

Ja, der Autor gesteht: Er kann’s echt nicht mehr sehen und fand es schon bei der Erstausstrahlung keineswegs derart zum Losbrüllen komisch wie Milliarden anderer Menschen. Die Witzeshow „Nonstop Nonsens“ lief just zu jener Zeit im Fernsehen, als dort auch Loriot zu sehen war, und es gibt gute Gründe, die Humorarten der beiden Herren deutlich zu unterscheiden. Was nichts daran ändert, dass auch von „Didis“ Sketchen für alle Zeiten etwas übrig bleibt, wenn auch eher im Detail als im großen Ganzen. Zum Beispiel „palim, palim“ – diese kleine Lautmalerei ist bis heute genial und echtes Weltkleinkunsttheater.

Dieter Hallervorden selbst hat es stets ein wenig geknickt, dass ihn die Deutschen vor allem als perfekte (männliche) Ulknudel sehen und darüber seine Leistungen als politischer Kabarettist bei den Berliner „Wühlmäusen“ stets zu kurz kamen. Andererseits hat er den Erfolg als Blödler vom Dienst auch in vollen Zügen genossen und ordentlich Öl ins Feuer nachgekippt. Wir sagen nur: ZDF-Hitparade 1978 – Platz eins – Duett mit Helga Feddersen – „Du, die Wanne ist voll“! Da hatten dann doch wenigstens manche von ihm die Faxen dicke.

Hallervorden streitet im Internet gegen Rechte

Und nun wird der gebürtige Dessauer in Berlin seine achtzig Jahre alt – und besagte „manche“ konstatieren gern, dass der Mann seine Chance auf eine Künstlerreife beherzt genutzt hat. Ja, Hallervorden ist wirklich ein richtig guter Schauspieler! Zum Beispiel im Film „Sein letztes Rennen“ (2013) als Senior im Heim, der durch die Erinnerung an schöne Zeiten als Marathonläufer aktiv wird. Oder in Til Schweigers Kinoerfolg „Honig im Kopf“ – hier ist es gerade jene Verletzbarkeit und Melancholie, die er all dem verwirrt-dementen Treiben gibt, die Schweigers ansonsten sehr glatte Erzählung in positiver Erinnerung bleiben lässt.

Auch sonst hat sich Hallervorden längst als zuverlässig Engagierter bewiesen. Nicht nur, dass er 2008 das Schlosspark Theater in Berlin, ein kleines Schmuckstück, vor der Schließung durch die klamme Stadt bewahrte und seitdem mit anspruchsvoller Unterhaltung bespielt. Gemeinsam mit seinem Sohn nutzt er auch die Weiten des Internets und ein Facebook-Profil für kabarettistische Interventionen und politische Voten. Gerade wirbt er für mehr Mut, um den Flüchtlingen in Deutschland eine sichere Zuflucht zu bieten: „Die widerwärtige Art und Weise mit der in Deutschland Fremdenfeindlichkeit zelebriert wird, macht mich fassungslos.“ Anders als andere Theaterleute, die dort den Schulterschluss üben, wo ohnehin intellektuell Gleichgesinnte unter sich sind, kämpft Hallervorden um Herz und Stimme vor allem der kleinen und ganz normalen Leute. Respekt, Didi-Dieter Hallervorden!

Unsere Empfehlung für Samstagabend (5. Oktober): „Chuzpe“ um 20.15 Uhr in der ARD, die Geschichte eines alten Juden mit frischen Träumen. Ein würdiges Geschenk . Hätten wir dem Ersten gar nicht zugetraut.