In der Produktion rückt die IT mehr und mehr in den Vordergrund. Es werden immer mehr Daten erfasst, verarbeitet und ausgewertet. Es muss Menschen geben, die die digitalen Helfer bedienen.

Oskar Heer, Verantwortlicher für die Arbeitspolitik bei Daimler, prognostiziert, dass Mensch und Maschine in Zukunft immer enger zusammenrücken. Industriemechaniker und Ingenieure bauen, warten und schulen androide Helfer dann nicht wie bisher in Lehr- oder Entwicklungsprojekten, sondern auch im echten Arbeitsalltag. 'Roboter und Kollegen arbeiten in unseren Fabriken schon heute in einigen Bereichen sozusagen Hand in Hand. Das wird weiter zunehmen', sagt Heer. Fahrzeugingenieure beispielsweise werden immer häufiger mit Technik und IT zu tun haben. 'Informationstechnik und Ingenieurskunst werden im Automobilbau verschmelzen. Deshalb brauchen wir immer öfter beide Kompetenzen', sagt der HR-Spezialist. Die fachübergreifende Arbeit werde zunehmen, die Ingenieure der Zukunft werden noch stärker interdisziplinär denken und handeln müssen. 'Im Studium sind meiner Ansicht nach neue Fächerkombinationen sinnvoll, etwa Maschinenbau mit Informatik', sagt Heer. David Wenger kann das nur bestätigen. Der Simulationsingenieur ist maßgeblich an den Neuerungen im Produktionsalltag beteiligt. Wo früher Verfahrenstechniker, Mechaniker und Software-Experten aufwendige Testreihen starteten, um Fertigungsschritte, das Umformungsverhalten von Metallen oder Thermodynamik zu ergründen, wird heute am Computer simuliert.

 


Der Mann mit dem neuen Berufsbild spart seinen Kunden, darunter etwa Audi, Continental, Linde, Shell und Daimler, Energie und Rohstoffe ein. Für Daimler simuliert sein Ingenieurbüro Wenger Engineering, wie Autos mit Brennstoffzellen und Wasserstoff als Treibstoff sicher und schnell tanken können. In Kooperation mit Ford und Nissan will Daimler ab 2017 wettbewerbsfähige Wasserstofffahrzeuge in großen Stückzahlen auf den Markt bringen. Dafür bedarf es der passenden Infrastruktur, nämlich Tanksäulen. 'Der Druck beim Tanken ist wesentlich höher, als wenn der Fahrer etwa Erdgas auffüllen will', berichtet Wenger, der fast alle Autokonzerne mit H2-Ambitionen zu seinen Kunden zählt. 'Bei 700 Bar fließen vier bis sieben Kilo Wasserstoff in den Tank.' Trotz des hohen Drucks soll das Tankfeeling für den Kunden aber genauso komfortabel und sicher sein wie bei Diesel oder Benzin. Weil Wasserstoff nur bei sehr niedrigen Temperaturen flüssig bleibt, muss der Treibstoff ständig gekühlt werden. Sonst dehnt er sich aus und entweicht oder explodiert. Deshalb entwickeln Ingenieure Tanks, die auch bei Aufprallunfällen stabil bleiben. Wengers thermische und strömungsmechanische Berechnungen sind dabei die Grundlage.


Auch wenn es um flexible Fertigung und kurze Rüstzeiten geht, hilft Software

Christian Holz hat jeden Tag mit Simulationen zu tun, wo er früher ausprobieren musste. 'Wir sparen im Maschinenbau sehr viel Zeit, weil ich durch die Simulation den Bearbeitungsablauf sehr schnell testen kann. Und den Großteil der Fehler kann ich dadurch vor dem echten Durchlauf in der Maschine finden. Denn in der Regel sind die 3-D-Modelle sehr genau, mit denen wir arbeiten', sagt der gelernte Mechatroniker beim Maschinenbauunternehmen MAG. Seit knapp fünf Jahren simuliert er die Herstellung von Zylinderköpfen und -blöcken, Achsschenkeln und anderen Autoteilen. 'Die Digitalisierung macht meinen Job effizienter und schneller', sagt der 34-Jährige. Damit meint er nicht, dass das technische Wissen, das er sich in seiner Ausbildung und in den bald 20 Jahren Berufserfahrung erwarb, jetzt hinfällig ist. 'Mein Technikwissen dient immer noch als Grundlage für meine Arbeit. Aber es kamen viele notwendige Qualifikationen wie die Handhabung der Simulationssoftware dazu', erläutert Holz. Moderne Methoden setzen mechanische Inbetriebnehmer auch beim Aufbau der Maschinen ein: 'Früher hatten wir Marmorwinkel, um die Maschinengeometrie festzustellen. Heute geht das alles über eine präzise Lasermessung', so Holz. Und auch wenn es um flexible Fertigung und kurze Rüstzeiten geht, hilft Software. 'Wir beschleunigen Taktzeiten, wenn wir eine Software berechnen lassen, wie die Sortierung der Werkzeuge im Magazin optimal aussehen muss', erläutert der Maschinenbau-Spezialist.


Das Programm geht dann zum Beispiel 2000 Varianten durch und berechnet die schnellsten. Im Bosch-Ausbildungszentrum in Feuerbach arbeiten 200 technisch-gewerbliche Lehrlinge auf 3000 Quadratmetern an mehr als 200 Maschinen, darunter CNC-gesteuerte oder konventionelle Drehmaschinen, Fräsen und Bohrmaschinen. Sie werden Mechatroniker, Elektroniker oder Industriemechaniker, wie Jacqueline Hofmann. Aus den Lehrwerkstätten ist die 21-Jährige mittlerweile rausgewachsen, denn nur die Bosch-Auszubildenden im ersten und zweiten Lehrjahr bekommen hier die Grundlagen des Berufs vermittelt. Bohren, Drehen, Fräsen mit Werkzeugmaschinen und das klassische Feilen von U-Profilen aus Stahl gehörten zu den wichtigsten Tätigkeiten. Was junge Facharbeiter wie Hofmann noch in der Ausbildung lernen, gehört bei den meisten Firmen nicht mehr zum Arbeitsalltag. Für die junge Frau wird es künftig eher in Richtung der Gruppenarbeit gehen. 'Wir haben einen pneumatisch gesteuerten Roboterarm gebaut. Auf drei Achsen kann er sich bewegen und greifen wie eine menschliche Hand', schwärmt Hofmann, die gerne im Team arbeitet.