Die Behindertenwerkstätten haben mit der Digitalisierung des Arbeitsmarktes zu kämpfen. Dabei geht es der Einrichtung nicht nur um Zahlen.

Stuttgart - Die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt macht auch vor den Behindertenwerkstätten nicht Halt. „Es führt dazu, dass die einfachen Tätigkeiten vielfach wegfallen“, sagt Albert Ebinger. Der Geschäftsführer des Behindertenzentrum (BHZ) Stuttgart beklagt, dass sich die Suche nach geeigneten Aufträgen „trotz guter wirtschaftlicher Lage zunehmend schwierig gestaltet“. Dabei sei es gerade für Menschen mit Behinderung wichtig, einer Beschäftigung nachgehen zu können und ihren Beitrag zum Gemeinwesen zu leisten. „Denn Arbeit“, so Ebinger, „bedeutet Teilhabe und Wertschätzung.“

 

Noch ist die Auftragslage für die vom BHZ als Mitglied des Diakonischen Werks der evangelischen Kirche betriebenen Werkstätten im Fasanenhof und in Feuerbach stabil. Von einer „insgesamt zufriedenstellenden Bilanz 2016“ spricht Ebinger. 416 Beschäftigte haben für Erlöse in Höhe von 2,7 Millionen Euro gesorgt, sieben Prozent mehr als im „für uns schwierigen Jahr 2015“. Die Leistungsentgelte eingerechnet, sind die Umsatzerlöse um sechs Prozent auf 13,9 Millionen Euro gestiegen. „Aber Zahlen sind nicht unser erstes Ziel“, betont Ebinger, „sondern die Menschen.“

Wohnsituation bereitet Sorgen

Um ihnen und auch den 160 hauptamtlichen BHZ-Mitarbeitern sowie 20 Auszubildenden weiterhin eine stabile Beschäftigung bieten zu können, will Albert Ebinger die Folgen der Globalisierung und Digitalisierung aktiv angehen. „Wir nehmen die Herausforderung an“, sagt der Geschäftsführer und verweist auf ein mit der Robert Bosch GmbH gemeinsam begonnenes Projekt, zukunftsträchtige Arbeitsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung zu entwickeln. Erste Ergebnisse sollen im Herbst vorgestellt werden.

Sorgen bereitet der BHZ-Vorstandsvorsitzenden Wiebke Wähling zunehmend die Wohnsituation der Behinderten. „Das ist ein knackiges Thema für uns“, betont sie. Rund ein Drittel der BHZ-Beschäftigten ist im Zentrum Fasanenhof an der Heigelinstraße in Wohngruppen untergebracht. „Hier leben wir Inklusion und haben auch Angebote zur geistlichen Fürsorge und zur Freizeitgestaltung“, sagt Wähling.

Deutlich schwieriger stellt sich die Situation für jene dar, die woanders im Stadtgebiet eine Bleibe finden wollen. Ein vom BHZ betreutes Wohnheim in Plieningen muss dringend renoviert werden und verliert zwölf der bisherigen 36 Wohnplätze. „Wir suchen seit drei Jahren intensiv eine Immobilie oder Grundstücke und finden nichts. Wir haben den Eindruck, die Stadt vergisst uns“, sieht Ebinger die Kommune in der Pflicht, für sozial geförderte Wohnungen zu sorgen. „Sonst bleibt Inklusion nur ein schöner Vorsatz“, so Ebinger.