An der Uni Stuttgart ist für 276 Diplomstudenten die drohende Exmatrikulierung wegen der Überschreitung der Studienzeit jetzt vom Tisch. Ihre Proteste haben Wirkung gezeigt. Nun bekommen die Studierenden bis März 2017 Zeit.

Stuttgart - Für Beate Maier (Name geändert) und 275 ihrer Kommilitonen wäre zum 31. März das Studium an der Uni Stuttgart beendet gewesen – ohne Abschluss. Die Uni hatte ihnen sowie der Diplomstudentin im Fach Umweltschutztechnik die Exmatrikulation angekündigt, weil sie mit 13 Semestern ihre Regelstudienzeit inklusive der vier Toleranzsemester dann ausgeschöpft hätte. Dagegen wollte Beate Maier klagen – wegen Ungleichbehandlung, denn andere Fächer erlaubten Diplomstudenten bis zu 17 Semester. Doch einer Klage ist der Unirektor Wolfram Ressel jetzt zuvorgekommen. Er reagierte auf die Proteste Maiers und anderer Diplomstudenten, indem er in einer Eilentscheidung die Satzung änderte: Die Prüfungsordnung schreibt nun für alle 22 Diplomstudiengänge eine einheitliche Übergangsfrist von 17 Semestern fest: Regelstudienzeit plus acht Toleranzsemester. Und eine absolute Deadline: die Diplomstudiengänge enden spätestens am 31. März 2017. Dann ist Schluss.

 

Uni nimmt Mehraufwand auf sich

„Wir wollten nicht mit den Studierenden in den Gerichtssaal“, erklärte Unisprecher Hans-Herwig Geyer. „Es waren unterschiedlich lange Fristen“, räumt auch Alfred Kleusberg ein, der Prorektor Lehre und Weiterbildung. „Nun ist das Problem bereinigt.“ Geyer erklärt: „Das Rektorat hat begriffen, dass das als gewisse Ungleichheit wahrgenommen wird.“ Zustande gekommen sei diese durch unterschiedliche Beschlüsse der Fakultäten. „Manche waren bereit, die Prüfungsbelastung länger zu tragen“, sagt Geyer. Da die Diplomstudiengänge auslaufen und parallel längst auf das Bachelor-/Mastersystem umgestellt wurde, müssen die Prüfer beide Systeme bedienen, was einen Mehraufwand bedeutet.

Die nun beschlossene Lösung sei vernünftig, meint auch Benjamin Maschler von der Studierendenvertretung der Universität Stuttgart. Diese hatte ebenfalls gegen die willkürlich gesetzten Fristen protestiert. „Vorerst“, meint Maschler, „sind diesmal definitiv alle Probleme beseitigt.“

Für Beate Maier bedeutet das, dass sie, wie viele ihrer Kommilitonen, zwei Jahre länger Zeit hat, um ihr Diplomstudium zu beenden. Sie rechnet damit, dass sie nach 14,5 Semestern abschließen kann. Vier Semester lang sei sie wegen einer Erkrankung nicht zum Studieren gekommen. Dass die Uni dafür keine Härtefallregelung anwendet, findet sie nicht in Ordnung.

Wechsel in einen Bachelorstudiengang ist nicht einfach

Doch Härtefälle werden auch künftig nicht berücksichtigt. Nach 17 Semestern ist Schluss. „Danach werden keine weiteren Prüfungen mehr abgenommen“, teilte der Rektor mit. Allerdings sei der Wechsel in einen Bachelorstudiengang möglich, sofern der Bewerber die dortigen Zulassungsbedingungen erfülle. Manche Bachelorstudiengänge rechnen aber Fehlversuche aus Prüfungen im Diplomstudiengang an. Auch bisher hätten Diplomstudenten schon in den Bachelor wechseln können. Aber das sei nicht attraktiv, weil etliche Leistungen nicht eins zu eins anerkannt würden. Maschler: „Da gibt es Reibungsverluste.“

An der Uni Hohenheim sieht man die ganze Sache entspannter. „Wir haben keinen Deckel für Diplomstudenten“, sagt Sprecher Florian Klebs. Eine Befristung zu beantragen, habe die Uni bei der Umstellung auf Bachelor/Master nicht für nötig gehalten. Somit gelte das Landeshochschulgesetz: „Nach 20 Fachsemestern kann jemand exmatrikuliert werden, wenn er noch keinen ersten Abschluss hat.“ Kann, nicht muss. „Wir schreiben die Leute ab dem 18. Semester an“, sagt Klebs. „Bei guten Gründen kann die Frist verlängert werden.“ Manchmal gebe es gute Gründe: Krankheit, Behinderung, Kindererziehung – zum Beispiel. Ein Agrarwissenschaftler studiere bereits länger als 20 Semester. Insgesamt seien in Hohenheim nur noch 88 Diplomstudenten eingeschrieben. „Das sind bei 10 000 Studierenden nicht einmal ein Prozent.“