Was ist den Kommunen der Bürgerservice wert, der vielerorts mit der Notariatsreform nun wegfällt? Die Städte und Gemeinden müssen entscheiden.

Strohgäu - Wer wissen will, was über sein Haus, seine Wohnung, sein Grundstück amtlich verzeichnet ist, muss künftig unter Umständen weitere Wege auf sich nehmen. Denn landesweit wird das Grundbuchwesen Mitte Mai neu geordnet. Das bedeutet für manche Bürger, dass sie nicht mehr in ihrem Wohnort oder in dessen Nähe Einsicht nehmen können.

 

Das Grundbuchamt der Gemeinde Hemmingen etwa war seither beim Notariat Markgröningen angesiedelt. Statt in die Schäferlaufstadt müssen die Hemminger dann nach Waiblingen fahren, dem der Bezirk zugeordnet worden ist. Es sei denn, der Gemeinderat beschließt am Dienstag die Einrichtung einer Grundbucheinsichtsstelle. Mit einer solchen Stelle schafft die Verwaltung mit eigenen Kräften denselben Service, wie ihn die Bürger bisher vom Grundbuchamt kennen.

Der Beschluss für das Angebot im Rathaus ist wahrscheinlich. Schließlich hatte sich der Verwaltungsausschuss vor den Osterferien schon damit auseinandergesetzt und eine entsprechende Empfehlung an den Gemeinderat ausgesprochen. Um die Grundbucheinssichtstelle zu betreiben, bedarf es eines kommunalen Beamtens, eines sogenannten Ratschreibers.

Am Vortag werden sich auch die Ditzinger Stadträte im Ausschuss für Finanzen, Kultur und Soziales mit dem Thema befassen. Die Unabhängigen Bürger hatten dazu bereits im Februar einen entsprechenden Antrag eingebracht.

Gerlingen hat sich bereits entschieden

In Gerlingen ist die Entscheidung bereits gefallen. Dort hält man einen Ratschreiber und damit auch eine Grundbuch-Einsichtsstelle für verzichtbar. Die Kommune hatte argumentiert, dass dieser Service mit 20 000 Euro bis 25 000 Euro zu Buche schlage. Zudem wurde dem Gemeinderat geschildert, dass sich die nächsten Möglichkeiten etwa in Stuttgart, Leonberg und Ditzingen befinden – weshalb man den Gerlinger Ratschreiber für verzichtbar hält. Der Stadtkämmerer Alexander Kern sagte damals, er gehe von „grob geschätzt etwa 200 Auskünften pro Jahr“ aus. Der Verein der Haus- und Grundbesitzer, „Haus und Grund“, hieß die Entscheidung nicht gut. „Die Bürgernähe geht weg“, sagte der beratende Anwalt Gerd Sickinger, nach Bekanntwerden der Entscheidung im Februar. Für viele Mitglieder, vor allem aus der älteren Generation, stelle die Änderung eine Erschwernis dar.

Im Grundbuch ist nicht nur der Eigentümer einer Immobilie oder eines Grundstücks einzutragen. Dort wird auch eingetragen, wenn das Grundstück aufgeteilt oder mehrere zusammengelegt werden. Ein Kaufvertrag für eine Immobilie wird erst dann rechtskräftig, wenn ein Notar eine Beurkundung vornimmt und eine Eintragung im Grundbuchamt erfolgt ist. Einblick in das Grundbuch hat nur, wer ein berechtigtes Interesse vorweisen kann, also etwa Kaufabsichten nachweisen kann.