Damit von Anfang an keine Missverständnisse entstehen: es ist vollkommen legitim, dass die evangelische Kirche Muslime durch Taufe in ihre Gemeinschaft aufnimmt, wenn es deren erklärter Wunsch ist. Was am vorliegenden Fall sauer aufstößt, ist der offensive Umgang mit dem höchst privaten Akt der Taufe. Die Protestanten setzen sich unnötig dem Verdacht aus, den Zuwachs in ihren Reihen durch vormalige Muslime als Erfolgsmeldung zu deuten.

 

In Zeiten, in denen interessierte Kreise einen christlich-muslimischen Kulturkampf heraufziehen sehen wollen, ist die durch die Protestanten hergestellte Öffentlichkeit kontraproduktiv. Was hätte denn dagegen gesprochen, den Akt – auch durch Landesbischof Frank Otfried July – in aller Stille im Gottesdienst zu vollziehen? So wie er über Ostern vielfach in den beiden christlichen Kirchen stattfindet, ohne dass daraus ein öffentlicher Vorgang gemacht wird – wozu auch? Weniger wohlwollende Zeitgenossen könnten sich durch das Verhalten der evangelischen Kirche provoziert fühlen.

Auch in einem christlich grundierten Land, das Deutschland trotz des unverkennbaren Bedeutungsverlusts der Kirchen weiterhin ist, stünde den Kirchen eine Zurückhaltung und Demut gut zu Gesicht. Es geht nicht darum, die christliche Tradition zu negieren – man muss sie im Umkehrschluss aber auch nicht wie eine Monstranz vor sich hertragen.