In Mannheim wird die vom Land verlangte Hilfsfrist eingehalten: 15 Minuten nach einem Alarm soll Hilfe am Unfallort eingetroffen sein. Das schafft man aber oft nur mit fremder Hilfe. Gutachter stellen fest: Es gibt zu wenig Fahrzeuge und Personal.

Mannheim - Ausstattung und Organisation der medizinischen Notfallrettung führen auch in Mannheim zu Kritik und Streit. Die vom Land vorgegebene offizielle Hilfsfrist, wonach vom Eingang einer Notfallmeldung bis zum Eintreffen der Helfer nicht mehr als 15 Minuten verstreichen dürfen, wird in der Stadt zwar in 95 Prozent der Fälle eingehalten. Damit steht der Mannheimer besser da als viele andere Rettungsdienstbereiche im Land. Allerdings wird die Frist in Mannheim offensichtlich häufig nur deshalb nicht überschritten, weil im Ernstfall Notarzt- und Rettungsfahrzeuge benachbarter Wachen aus Weinheim und Hockenheim (Rhein-Neckar-Kreis) oder dem hessischen Lampertheim (Kreis Bergstraße) anrücken.

 

Oft werde sogar der Rettungshubschrauber Christoph 53 angefordert, wenn in der Stadt kein Fahrzeug mit Notarzt mehr zur Verfügung steht. Dies hat nach Berichten des „Mannheimer Morgen“ ein Gutachten zur Struktur des örtlichen Rettungswesens ergeben.

Politisch umstritten

Die Untersuchung war vor einem Jahr vom zuständigen Bereichsausschuss in Auftrag gegeben worden. In diesem Gremium sind die Rettungsdienste als Leistungserbringer und die Kostenträger – also Kassen und Berufsgenossenschaften – vertreten, denen laut Gesetz die Organisation des Rettungswesens übertragen ist. Anlass für die Begutachtung war die geplante Zusammenlegung der Rettungsdienstbereiche von Mannheim (mit Schwetzingen und Weinheim) und Heidelberg. Sie soll im kommenden Jahr erfolgen.

Dies ist vor allem in Mannheim politisch umstritten. Das Gutachten ist bisher nicht veröffentlicht worden. Es sei noch gar nicht ganz abgeschlossen und zudem vertraulich, erklärte Jürgen Wiesbeck, der stellvertretende Vorsitzende des Bereichsausschusses und Kreisbereitschaftsleiter dem DRK Rhein-Neckar in Heidelberg auf Anfrage. Nähere Angaben wolle man daher nicht machen, sagte er. Er dementierte aber auch die bisher öffentlich gewordenen Ergebnisse nicht.

Zu wenig Fahrzeuge

Die Gutachter untersuchten demnach vor allem die Blaulichtfahrten. Dabei stellten sie fest, dass in Mannheim und Heidelberg zusammenrechnet, die Quote bei der Einhaltung der Hilfsfrist nur bei 91,8 Prozent liegt. Die bisherige „Vorhaltung“ an Personal- und Fahrzeugen in Mannheim sei zu knapp, stellen die Gutachter fest. Nötig sei eine „höhere Sofortverfügbarkeit“ – und damit ein drittes Notarzteinsatzfahrzeug sowie eine deutliche Erhöhung der Dienststunden für Rettungsärzte und andere Einsatzkräfte.

Wann und wie weit diese Forderungen umgesetzt werden, ist noch unklar. Ein Sprecher der Mannheimer Notärzte und Vertreter von Rotem Kreuz und Johannitern in Heidelberg und Mannheim plädierten in ihren ersten Stellungnahmen für ein rasches Handeln, die dargelegten Probleme seien lange bekannt.

Es werde sicher vorangehen, erklärte Jürgen Wiesbeck vom Bereichsausschuss. Doch die Lage sei kompliziert. Das liege auch daran, dass Mannheim zusammen mit Göppingen der letzte der insgesamt 37 Rettungsbereiche im Land sei, in dem noch das sogenannte Mehrzwecksystem eingesetzt werde. Dabei werden aufwendig und teuer ausgestattete Rettungsfahrzeuge sowohl für Notfalleinsätze genauso wie für reine Krankentransporte verwendet.

Landesweit verbessert

Die Mannheimer Christdemokraten haben einen Antrag im Gemeinderat eingebracht. Darin fordern sie, den zuständigen Ausschuss in seiner bevorstehenden Sitzung im Oktober über die Ergebnisse des Strukturgutachtens zu informieren.

Nach Angaben des Innenministeriums ist die Hilfsfrist für Notarzteinsätze landesweit im vergangenen Jahr in 15 Bereichen zwar verbessert worden, in 22 hat sie sich aber verschlechtert. Insgesamt wurde die vorgegebene Spanne nach der Bilanz des Ministeriums nur noch in fünf (2012: acht) Bereichen eingehalten. Stuttgart liegt mit einer Erfüllung von 96,3 Prozent am besten, Waldshut mit 82,9 Prozent am schlechtesten.

Bei der Veröffentlichung der Zahlen im Mai hatte Innenminister Reinhold Gall (SPD) die Träger der Selbstverwaltung aufgefordert, die Ursachen für die „ungünstige Entwicklung“ zu analysieren und Verbesserungen einzuleiten. Das Mannheimer Gutachten war bereits zuvor in Auftrag gegeben worden.