Die Sanierung der Nufringer Innenstadt soll diese attraktiver für Besucher machen. Doch die Gewerbetreibenden, die davon profitieren sollen, sind alles andere als begeistert.

Nufringen - Wer nach Nufringen zum Einkaufen fährt, muss auf kaum etwas verzichten: Im Ortskern der 5400-Einwohner-Kommune gibt es nicht nur Bäcker, Metzger und Apotheken, sondern auch gut sortierte Fachgeschäfte. So versorgt ein Elektrohändler Senioren mit speziellen Angeboten, ein anderes Geschäft verkauft hochwertige Kugelgrills.

 

Doch in Nufringen wird erbittert darüber gestritten, wie man die Attraktivität des Ortskerns verbessern kann. Die parteilose Bürgermeisterin Ulrike Binninger sieht in der Sanierung der Ortsmitte den richtigen Weg. Dass dazu die Aufenthaltsqualität des Kirchplatzes wie auch des Marktplatzes erhöht werden soll – mit einem Wasserspiel, Pflanzen und Sitzgelegenheiten –, ist auch weitgehend unstrittig. Ein Konflikt entzündet sich vor allem an der Frage, ob die Hauptstraße auf einer Länge von etwa 600 Metern zu einer Tempo-20-Zone werden soll. Auch eine Verringerung der Fahrbahnbreite auf sechs Meter ist geplant.

8000 potenzielle Kunden auf der Durchfahrt

„Diese Maßnahmen machen den Ortskern für Fußgänger und Fahrradfahrer einladender“, ist Ulrike Binninger überzeugt. Der Nufringer Gemeinderat hat bereits für die Sanierung und die Verengung der Fahrbahn gestimmt. Im kommenden Frühjahr sollen die Bauarbeiten beginnen. Das Ganze kostet etwa zwei Millionen Euro, die Hälfte davon trägt das Land. Nach dem Abschluss der Sanierung soll dann noch einmal über die Tempo-20-Zone entschieden werden. Ulrike Binninger ist eine entschiedene Verfechterin dieser Maßnahme.

Doch die Nufringer Gewerbetreibenden, die ihre Geschäfte entlang der Hauptstraße haben und von den Änderungen eigentlich profitieren sollten, sind alles andere als glücklich. „Durch eine Tempo-20-Zone werden Autofahrer davon abgeschreckt, durch Nufringen zu fahren“, ist Dominic Borrelli überzeugt, der Vorsitzende des Nufringer Gewerbevereins. 8000 Autos passieren momentan täglich die Hauptstraße, und weniger sollen es nach Borrellis Meinung auch nicht werden: „Jeder von ihnen ist ein potenzieller Kunde.“

Flanieren mit dem Schnellkochtopf

Im vergangenen Jahr hat der Gewerbeverein deshalb eine Unterschriftenaktion gegen die Tempo-20-Zone und die Verengung der Fahrbahn initiiert. 1400 Namen standen nach einigen Wochen auf den Listen, darunter waren 900 Nufringer. Doch auf die Entscheidung des Gemeinderates habe die Aktion offensichtlich keinen Einfluss gehabt, sagt Borrelli: „Das finde ich sehr erschreckend.“

Der Nufringer Elektromeister Bernd Lang wählte eine schrillere Form des Protestes: im vergangenen März fuhr er mit seinem Kleinbus mehrmals mit Tempo 20 durch den Ortskern – bis jemand die Polizei rief. Das verhängte Bußgeld zahlte Lang nicht, sondern klagte sich stattdessen durch die Instanzen. Sein Widerspruch wurde vom Oberlandesgericht inzwischen endgültig abgelehnt. 400 Euro hat ihn sein Protest gekostet. Doch das sei es ihm wert gewesen, sagt Lang: „Tempo 20 ist für Autofahrer ganz schwierig zu fahren, auf dem Motorrad kippt man dabei ja fast um.“

Um den Ortskern attraktiver zu machen, bräuchte man vor allem eines, finden viele Gewerbetreibende: mehr Parkplätze in der Nähe der Geschäfte. „Wer einen Schnellkochtopf kauft, will damit doch nicht 500 Meter weit flanieren, egal wie schön das Dorf ist“, sagt der Gewerbevereins-Vorsitzende Dominic Borrelli. „Er will seinen Einkauf vielmehr rasch im Auto verstauen.“ Doch laut den aktuellen Plänen soll es nicht mehr Parkplätze geben. Deren Zahl liege im zweistelligen Bereich und sei ausreichend, findet die Bürgermeisterin Ulrike Binninger.