Wie funktioniert gute Bürgerbeteiligung? Darüber hat der Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle in Stuttgart diskutiert.

Stuttgart - Inzwischen stellt kaum mehr jemand die Frage, ob die Bürger an politischen Prozessen beteiligt werden sollen. Wie das aber genau ablaufen soll, darüber lässt sich kontrovers diskutieren. Genau das hat der Stuttgarter Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) am Samstag in der Volkshochschule am Rotebühlplatz getan. „Wenn es uns gelingt, dass diese Leitlinien, an denen wir gerade arbeiten, zu mehr Gemeinsinn führen und Bürgerbeteiligung nicht als Möglichkeit zur Durchsetzung von Einzelinteressen verstanden wird, haben wir viel erreicht“, sagte Wölfle.

 

Mit den Leitlinien will die Verwaltung eine verbindliche Grundlage für die informelle Bürgerbeteiligung schaffen. Im Gegensatz zu formellen Beteiligungsprozessen, wie etwa Bürgerversammlungen, Bürgerbegehren oder ein Bürgerentscheid, handelt es sich bei der informellen Bürgerbeteiligung um sämtliche Abläufe, die gesetzlich nicht vorgeschrieben sind.

Rahmenbedingungen festlegen

„Diese Diskussion ist Teil einer Reihe, in der wir Ihre Meinung aufnehmen wollen“, sagte Wölfle. „Wir wollen prüfen, ob unser Leitfaden verständlich ist und ob er von den Bürgern als sinnvoll angesehen wird“, sagte der Bürgermeister. Es gehe darum, Rahmenbedingungen festzulegen.

Eine der ersten Fragen der Diskussionsteilnehmer bezog sich auf die Erfahrungen, die in anderen Städten gesammelt wurden. „Wir haben uns natürlich angesehen, was andernorts gemacht wird“, sagte Wölfle. Der Bürgermeister schränkte jedoch gleich ein: „Es gibt viele Kommunen, in denen an der Theorie informeller Bürgerbeteiligung derzeit gearbeitet wird. Doch es gibt nur wenige Städte, die bereits konkrete Erfahrungen in der Praxis aufweisen können.“

Ein Grundanliegen aller Diskussionsteilnehmer war die Frage, wie es gelingen kann, breite Schichten der Bevölkerung für Beteiligungsverfahren zu gewinnen. „Wir wollen keinen Beteiligungsadel“, sagte Wölfle und fügte an: „Wir müssen Menschen erreichen, die sich bislang noch nicht für derartige Abläufe interessiert und sich auch nicht engagiert haben.“ Doch nicht allein in Stuttgart zeichne sich folgendes Bild ab: „Ich kenne keine Stadt, der es bisher gelungen ist, dass sämtliche Schichten der Bevölkerung bei einer Bürgerbeteiligung mitmachen“, stellte Wölfle fest.

Externe Moderatoren: Ja oder Nein?

Auch die konkreten Abläufe während der Verfahren waren ein Thema der Diskussion. Eine Frage lautete: „Wer soll solche Prozesse moderieren? Müssen das immer externe Büros sein, wie etwa jetzt beim Rosensteinquartier?“ Der Verwaltungsbürgermeister fand darauf eine klare Antwort: „Wir brauchen langfristig Menschen in der Verwaltung, die so etwas leisten können.“ Es dürfe nicht sein, dass man Wissen und Expertise, die vor Ort vorhanden sind, nicht nutzt. „Man muss ja nicht immer Sachverstand einkaufen, wenn er bereits da ist“, sagte Wölfle.

Der Entwurf der Leitlinien wurde der Öffentlichkeit im vergangenen Oktober erstmals vorgestellt. Danach hatten die Bürger bis Mitte November vergangenen Jahres Zeit, sich zu dem Papier zu äußern. Aktuell will die Stadtverwaltung über Diskussionsrunden, wie die in der Volkshochschule, weitere Anregungen sammeln. „Das Papier am Ende vom Gemeinderat beschließen zu lassen, stellt aus meiner Sicht kein großes Problem dar“, sagte Wölfle, „es wird jedoch deutlich schwieriger, es auch mit Leben zu füllen.“