Die Innenminister von Bund und Ländern beraten über eine Reform des Verfassungsschutzes. Im Fokus stehen Kooperation und Umgang mit V-Leuten.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Nicht alles, was Geheimdienste betrifft, bleibt auch geheim. Das gilt etwa für die Empfehlungen einer Bund-Länder-Kommission zur Reform des Verfassungsschutzes. Die Innenminister von Bund und Ländern befassen sich an diesem Donnerstag bei ihrer Frühjahrskonferenz in Hannover mit dem 360 Seiten umfassenden Katalog. Details waren vorab schon bekannt. Dabei hatten die Minister den Experten untersagt, im Vorfeld ihres Treffens den Neonazi-Untersuchungsausschuss des Bundestags zu informieren.

 

Die Kommission plädiert nach einem Bericht der „Welt“ für einen besseren Informationsaustausch unter den Sicherheitsbehörden. „Die Defizite beruhen in erster Linie auf dem unzureichenden Austausch von Informationen zwischen Verfassungsschutz-, Polizei- und Justizbehörden und deren Zusammenarbeit“, heißt es demnach in dem Expertendossier. Die föderale Sicherheitsstruktur als solche habe einer Aufklärung der NSU-Verbrechen aber nicht im Wege gestanden. Dennoch erhebt die Kommission „keine grundsätzlichen Bedenken“ gegen eine Zusammenlegung einzelner Verfassungsschutzämter.

„Lehren ziehen aus den erheblichen Sicherheitsmängeln“

Dies befürwortet auch der liberale Sicherheitspolitiker Hartfrid Wolff. „Der Innensenator von Bremen und andere müssen sich Gedanken machen, wie sie ihren Verfassungsschutz vernünftig aufstellen oder in einen Verbund einbringen“, sagte der FDP-Abgeordnete aus dem Rems-Murr-Kreis der Stuttgarter Zeitung. Wolff ist Mitglied des NSU-Untersuchungsausschusses und des Parlamentsgremiums zur Kontrolle der Geheimdienste. Vor allem die Länder müssten „endlich ihre Lehren ziehen aus den erheblichen Sicherheitsmängeln“, die im Zusammenhang mit den NSU-Verbrechen offenbar geworden seien.

Im Zentrum der Beratungen über einen Umbau des Verfassungsschutzes stehen die Zusammenarbeit des Bundes mit den Landesbehörden sowie der Umgang mit Informanten aus dem extremistischen Milieu, den V-Leuten. Nach Angaben des nordrhein-westfälischen Innenministers Ralf Jäger (SPD) wollen sich Bund und Länder auf einheitliche Standards für den Einsatz solcher Spitzel einigen. Zur Diskussion steht unter anderem ein bundesweites V-Mann-Register, das einen Überblick ermöglicht, wo die unterschiedlichen Verfassungsschutzbehörden Spitzel eingesetzt haben. Umstritten ist dabei, ob neben den jeweiligen Einsatzdetails auch die zivilen Namen („Klarnamen“) registriert werden.

„Wer an dem Versagen beteiligt war, darf nicht bleiben“

Der FDP-Mann Wolff spricht sich dafür aus, dass die Verfassungsschutzbehörden zweimal im Jahr das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags über den Einsatz von V-Leuten informieren müssen. Das geht dem Grünen Hans-Christian Ströbele nicht weit genug. Er beklagt, dass die Innenminister weiterhin auf das „diskreditierte geheimdienstliche Mittel V-Leute setzen“ wollen. Stattdessen sollten „tief greifende organisatorische und personelle Konsequenzen“ gezogen werden, fordert Ströbele. „Wer an deren schlimmen Versagen beteiligt war, darf dort nicht weiter tätig bleiben.“ Der bestehende Verfassungsschutz müsse aufgelöst und von Grund auf umgekrempelt werden.

Im Sommer vergangenen Jahres hatte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sich bereits für eine umfassende Reform des Verfassungsschutzes stark gemacht. Er wollte den Dienst stärker zentralisieren, scheiterte damals jedoch an den Eigeninteressen der Länder.