Der Gemeinderat hat ein Millionenprojekt auf den Weg gebracht. Das Gewerbegebiet Süd und das sich daran anschließende Bahnhofsareal wird völlig neu gestaltet.

Ditzingen - Selten haben Stadtplaner die Möglichkeit wie in Ditzingen, ein insgesamt 40 Fußballfelder großes Areal neu zu gestalten. Ob die Fachplaner, die das Gewerbegebiet Süd derzeit überplanen, darüber so glücklich sind, sei allerdings dahingestellt. Ihre Aufgabe ist es nämlich, das Gewerbegebiet samt dem sich daran anschließenden Bahnhof im laufenden Betrieb so umzugestalten, dass es den Ansprüchen der nächsten Jahrzehnte genügt. Kurzum: die Stadt Ditzingen, wiewohl schon Große Kreisstadt, entwächst ihren Kinderschuhen.

 

Kleine Naturräume müssen aufgewertet, Gewerbeflächen neu zugeschnitten, der Verkehr geordnet, das gewachsene Gebiet im Umfeld von Weltfirmen anspruchsvoll gestaltet und viele kleine Flächen zu wenigen großen zusammen gelegt werden – ohne die dort ebenfalls ansässigen kleineren Mittelständler zu vergraulen. All’ diese Pläne hat der Gemeinderat jetzt in einem einzigen Entwicklungskonzept zusammengefasst. Selbst der Oberbürgermeister Michael Makurath, sonst stets um sachliche Bewertungen bemüht, formulierte es so: „Das ist ein größeres Rad, das da bewegt wird.“ Die Mitglieder des Technischen Ausschusses waren sich des Entwicklungsschrittes bewusst, als sie sich vergangene Woche mit dem Konzept befassten. Absolut unüblich, bat der Fachausschuss nämlich auf Antrag der SPD alle externen Planer, ihre Ideen auch rund eine Woche später, vorgestern, dem gesamten Gemeinderat vorzustellen.

Das Papier bildet die Voraussetzung, um weitere Fördermittel bei Bund und Land zu beantragen. Schon bisher liegt der Gesamtförderrahmen bei 8,5 Millionen Euro. Die Stadt trägt 40 Prozent. In dem Konzept werden Beschlüsse bekräftigt, aktuelle Vorhaben eingefügt, Grenzen der Entwicklung aufgezeigt.

Die Eckdaten der Entwicklung waren jüngst gesetzt worden. Der Wettbewerb zur Gestaltung des Bahnhofs ist entschieden; das Areal gilt als Scharnier zwischen dem Gewerbegebiet und der Innenstadt. Der Technologiekonzern Thales siedelt sich in unmittelbarer Nachbarschaft von Trumpf an und bringt im ersten Bauabschnitt 1850 Mitarbeiter mit. Trumpf selbst will erweitern – beides bedeutet einerseits ein Mehr an Autoverkehr auf der überlasteten Hauptzufahrtsstraße zur A 81, der Siemensstraße. Doch die Nähe zur Autobahn soll als Standortvorteil wahrgenommen werden. „Eine Straße mit sieben Ampeln ist keine direkte Anbindung an die Autobahn, sondern eine Ortsdurchfahrt“, gibt der Bürgermeister Ulrich Bahmer Unternehmer wieder. So arbeiten die Ditzinger weiterhin am fünfspurigen Ausbau der Siemensstraße und der Verschwenkung der Gerlinger Straße. Die Stadt kauft bereits Grundstücke, um die Pläne zu realisieren. Die Zeit drängt: Fördermittel müssen binnen acht, neun Jahren abgerufen werden. Ganz zu schweigen von der, beim Gerlinger Nachbarn umstrittenen, zweiten Anschlussstelle, den die CDU erneut fordert.

Andererseits steigt der Bedarf an öffentlichen Verkehrsmitteln. Linienbusse werden künftig auch auf der Südseite, also jenseits des Bahnhofs am Rand des Gewerbegebiets, halten. Schon jetzt rechnet der Verkehrsplaner der Ingenieur Gesellschaft Verkehr Stuttgart damit, dass morgens 1000 Personen vom Bahnhof ins Gewerbegebiet gebracht werden wollen. „Da müssen wir schon einen Gelenkbus einsetzen. Ein Kleinbus reicht da nicht mehr“, sagt der IGV-Geschäftsführer Peter Sautter. Ganz zu schweigen auch von der Notwendigkeit einer zweiten Stadtbuslinie, die die Stadt mit Fixkosten belasten wird. Doch von konkreten Summen ist noch nicht die Rede. Doris Renninger (Grüne Liste) erklärte daher, die Fraktion sei „gespannt, wie es mit den Kosten weitergeht“. So ist auch die Idee vom zweiseitigen Ausstieg aus der S-Bahn – ein Novum in der Region – bereits vom Tisch, weil die Bahn sich nicht an den Kosten beteiligt.

Der Plan, den der Gemeinderat nun bei der Enthaltung von Gerhard Siegle (CDU) verabschiedet hat, wird Ende März vier Wochen öffentlich ausgelegt. Am 17. April gibt es eine Informationsveranstaltung. Nach einem erneuten Ratsbeschluss wird er dann zur Arbeitsgrundlage für die Stadt.