Die Stadt setzt in einem Projekt der Kulturregion großflächig Persönlichkeiten in Szene.

Ditzingen - Ditzingen als kopflos zu bezeichnen, wäre falsch. Richtig ist hingegen, dass die Stadt seit wenigen Tagen um einige prominente Köpfer reicher ist. Ob der Choreograf John Cranko, der Architekt Werner Sobeck, der Designer Hartmut Esslinger oder die Gymnastik-Juniorenmeisterin Rana Tokmak – ihre Konterfeis zieren großflächige Plakate, vor allem entlang der Siemensstraße in der Kernstadt: Ditzingen beteiligt sich am aktuellen Projekt der Kulturregion Stuttgart.

 

Kunst- und Designstudenten von insgesamt sechs Hochschulen haben historische und zeitgenössische Persönlichkeiten der Region Stuttgart porträtiert und Plakate entworfen. Die künstlerisch gestaltete Kampagne trägt den Titel „Inspiration“ und soll laut der Kulturregion „die Weltanschauungen der historischen und zeitgenössischen Geistesgrößen der Region Stuttgart beleuchten“. Die Plakate hängen bis 11. Juni. Allein in Ditzingen sind es sechs großflächige Motive, zudem hängen neun kleinere an Bushaltestellen im Ort.

Mit der Aktion will sich die Region nach eigenen Angaben als „florierende Stätte des Erfindertums“ zeigen und „vorrangig die dahinterstehenden Persönlichkeiten und Geisteshaltungen“ porträtieren. Anlässlich des Deutschen Evangelischen Kirchentages sollen Passanten auf diese Weise zu der Frage angeregt werden, was sie selbst inspiriert. Insgesamt wurden mehr als 300 Großflächenplakate, auf denen 17 verschiedene Persönlichkeiten abgebildet sind, im öffentlichen Raum aufgehängt.

Ditzingen hat sich laut dem Kulturamtsleiter Thomas Wolf auf jene Personen konzentriert, die „nicht von anderen Städten besetzt“ sind, inhaltlich aber durchaus für die Stadt stehen. „Wir müssen nicht noch einmal Bosch oder Daimler zeigen“, sagt Wolf. Denn auch die Gymnastik-Juniorenmeisterin Rana Tokmak habe in der selbst ernannten Sportstadt Ditzingen inhaltlich ihren Platz, nennt er ein Beispiel.

Das Thema Gesundheit wiederum hat eine Kommune angesichts der älter werdenden Bevölkerung in einem anderen Maße zu beschäftigen, als es in der Vergangenheit war. Deshalb ist Marita Raschke zu sehen. Die Ingenieurin optimiert keramische Hüftpfannen und sag: „Meine Motivation ist es, ein Stück Lebensqualität zurückzugeben.“ Ditzingen ist erst seit vergangenem Jahr wieder Mitglied der Kulturregion Stuttgart. Wie Stuttgart und andere Kommunen im Umland der Landeshauptstadt war auch sie vor einiger Zeit ausgetreten. Der Grund für den Schritt des Hauptfinanciers Stuttgart im Dezember 2009 war der Jahresbeitrag von 48 000 Euro gewesen.

Damals begründete der Ditzinger Oberbürgermeister Michael Makurath die Ditzinger Entscheidung mit dem Austritt Stuttgarts. „Es hat wenig Sinn, wenn Ponys den Karren ziehen.“ Einen Wiedereintritt hielt er aber für möglich, wenn sich die Kulturregion inhaltlich lokaler ausrichte.

So sehr er damals den Austritt gewollt hatte, warb Makurath im Herbst 2013 für den Wiedereintritt. „Wir müssen mehr regional denken“, forderte er mit Hinweis auf die zwischenzeitlich beschlossene inhaltliche Neuausrichtung. Seitdem ist Ditzingen wieder an – bisher eher kleineren – Projekten der Kulturregion beteiligt.

Die Aktion der Kulturregion

Die Aktion
Was inspirierte Friedrich Schiller, Gottlieb Daimler, Margarete Steiff oder John Cranko zu ihrem außergewöhnlichen Schaffen? Was bestärkte sie im Glauben an ihre Ideen? Junge Kunst- und Designstudenten haben 17 historische und zeitgenössische Persönlichkeiten der Region Stuttgart porträtiert. Darunter sind auch engagierte Zeitgenossen wie der Flüchtlingsberater Said Amiri. In Ditzingen sind der Choreograf John Cranko, der Architekt Werner Sobeck, die Ingenieurin Marita Raschke, die Forscherin Anja Tatjana Braun , die Sportlerin Rana Tokmak und der Designer Hartmut Esslinger zu sehen.

Die Kulturregion
Zur Region Stuttgart gehören 179 Kommunen. Mitglied der Kulturregion Stuttgart sind jedoch nur 43 von ihnen, außerdem der Verband Region Stuttgart sowie drei Mitgliedsvereine. Anspruch der Kulturregion ist es, das kulturelle Erscheinungsbild der Region zu prägen. Alle zwei Jahre realisiert der interkommunale Verbund ein groß angelegtes Projekt zu regional und gesellschaftlich relevanten Themen. Der Ludwigsburger Oberbürgermeister Werner Spec ist der Vorsitzende der Kulturregion Stuttgart. Dem Vorstand gehört unter anderen der Ditzinger Oberbürgermeister Michal Makurath an.

Das Strohgäu
Die Stadt rühmt sich zwar eines breiten Angebots an Theateraufführungen, Konzerten und anderen Veranstaltungen – Mitglied der Kulturregion ist Korntal-Münchingen aber nicht. Nach Angaben der Verwaltung sei das auch in naher Zukunft nicht geplant. In Hemmingen wurde ein Beitritt in einer Gemeinderatssitzung zwar einmal erwogen, allerdings nicht weiterverfolgt, sagt der Bürgermeister Thomas Schäfer. Denn ein kleiner Ort könne dabei gar nicht mithalten, etwa mit dem Ditzinger Kulturangebot. Gerlingen hingegen ist bereits Mitglied der Kulturregion. Auch dort sind deshalb Plakate zu sehen.