Die Transplantation eines Lungenflügels kann an Mukoviszidose erkrankten Kindern und Jugendlichen helfen – ein Königsweg sei das aber nicht, sagt Roland Dopfer. Der Arzt hat eine erfolgreiche Lebendspende von Eltern an ihre Tochter begleitet.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Ditzingen - Manchmal geht Roland Dopfer für seine Patienten von Pontius zu Pilatus. Dann nämlich, wenn er ihnen den Weg in die Normalität ebnen will und sich die Bürokratie in den Weg stellt. „Unsere Sozialsysteme sind manchmal schwierig“, sagt er. Das ist für den Arzt, der bis vor zwei Jahren ärztlicher Leiter der Nachsorgeklinik in Tannheim war, dann Anlass, Tacheles zu reden. Das hat er während seiner Tannheimer Zeit etwa an der Fachhochschule getan, an der eine seiner Patientinnen studierte. Sie litt zwar nicht an Mukoviszidose, aber an einer Krankheit, welche die Lunge ähnlich schwächt.

 

Dass sie überhaupt jemals studieren würde, hätten sich weder die junge Frau noch ihre Eltern in den schlimmen Zeiten der Krankheit vorstellen können. Denn die Lungenschwierigkeiten des Mädchens gipfelten in einer Lebendspende durch ihre Eltern. Das heißt: sowohl der Vater als auch die Mutter spendeten ihrer Tochter einen ihrer Lungenlappen. Charakteristisch für die Lebendspende ist, dass nur erwachsene Spender – die Eltern oder erwachsene Geschwister – für kindliche Empfänger in Frage kommen. Der Grund ist, dass ein einzelner Lungenlappen für den Brustkorb eines Erwachsenen zu klein wäre, den Brustkorb eines Kindes aber ausfüllt. Für die Eltern des Mädchens, das Dopfer betreute, war klar: das machen wir. Hinter der Familie lag eine 15-jährige Krankengeschichte.

Was im Leben wirklich zählt

Nun aber sollte dieses der Krankheit abgetrotzte Leben einer jungen Frau an den Hürden der universitären Praktikumsverordnung scheitern. Denn die Studentin war noch nicht in der Lage, einen achtstündigen Praktikumstag durchzuhalten. Ein Grund zur Exmatrikulation? Nicht für Roland Dopfer. Für ihn war die Sperrigkeit der Behörde eher Anlass, mal zu erklären, was im Leben jenseits der Studienordnung noch zählt. Das ist seine Auffassung von Nachsorge für seine Patienten, die er als umfassend denkender Onkologe aus tiefster Überzeugung lebt.

Dopfer machte den Zuständigen eindringlich klar, welchen Leidensweg die junge Frau hinter sich hatte und mit welcher Motivation sie ihr Studium anging. „Da bin ich wohl Kohlhaas genug, um mich mit solchen Stellen rumzuschlagen und wütend zu werden“, sagt er rückblickend und spielt auf den legendären Gerechtigkeitsfanatiker an. Offensichtlich war er überzeugend. Heute hat seine ehemalige Patientin, mit der er noch immer in Kontakt steht, einen Verwaltungsjob und zieht gerade in eine eigene Wohnung. „Ihre Lungenfunktion liegt stabil bei 50 Prozent. Damit kommt sie durch den Tag. Sie hat zumindest für einige Jahre wieder Lebensqualität.“