In der Pubertät wird dem Mukoviszidose-Patienten Jonathan Schröder bewusst, dass seine Lebenserwartung geringer ist als bei anderen. Er stürzt in eine depressive Phase. Heute kostet der 21-Jährige jeden Augenblick seines Lebens aus.

Ditzingen - Wie allen anderen Menschen wird auch Jonathan Schröder bewusst, dass er irgendwann sterben wird. Da ist er gerade einmal 16 Jahre alt. Der Gedanke an den Tod beschäftigt den pubertierenden Jungen früh. Vermutlich wird er keine 70 Jahre alt werden. Vielleicht erreicht er nicht einmal 60 oder 50 Jahre. Das erste Mal wird Jonathan Schröder bewusst, dass er anders ist als andere Jugendliche in seinem Alter, dass er krank ist und diese Krankheit an seiner Lebenszeit nagt. „Bis dahin schien alles normal in meinem Leben zu sein“, sagt er heute.

 

Schröder leidet an der seltenen Krankheit Mukoviszidose. Zäher Schleim verstopft seine lebenswichtigen Organe wie die Lunge. Normalerweise liegt die durchschnittliche Lebenserwartung in Europa bei 75 Jahren. Mukoviszidose-Patienten werden im Schnitt nur etwa 50 Jahre alt.

Der Gedanke an den frühen Tod geht im ständig durch den Kopf

Heute ist Schröder 21 Jahre jung – hat also statistisch gesehen fast die Hälfte seines Lebens erreicht. Seine schlimmste Zeit, sagt er, habe er aber hinter sich gelassen. Das war damals, mit 16, als er sich mit dem Tod beschäftigte. Schröder absolviert zu der Zeit eine Ausbildung bei einem Schreiner. Spaß macht ihm der Job nicht. „Ich werde nie in die Rente gehen können, weil ich zu früh sterben werde“ – der Gedanke geht ihm ständig durch den Kopf. Er zieht sich aus dem sozialen Leben zurück, redet nur noch wenig, wird depressiv, wie er sagt, und bricht die Lehre ab. Dass er womöglich nicht so lange leben wird wie seine Freunde, beschäftigt ihn lange.

Er vernachlässigt seine Medikamente, weil sie ihn zu sehr an seine Krankheit erinnern. Er will alles verdrängen, normal sein, aber die Krankheit macht sich zu sehr bemerkbar. Er hustet viel, wird anfälliger für Infekte und seine Ausdauer sinkt erheblich.

Es hat lange gedauert, bis er die Krankheit akzeptiert hat

Erst nach langen Gespräch mit seinen Eltern und Freunden lernt Schröder, seine Krankheit zu akzeptieren. „Es ist, wie es ist“, sagt er. Sterben müssen am Ende alle. Da ist er 19. Das einzige, was er fortan will, ist sein Leben genießen

Er feiert oft mit Freunden, die ihm in seiner schweren Phase zur Seite standen. Am Wochenende hat Schröder mit einer Party seine Dachgeschosswohnung in Ditzingen eingeweiht. Ein halbes Dutzend Weinflaschen stehen auf seinem kleinen Balkon. Alkohol ist schon mal drin, auch mit Mukoviszidose. „Aber nicht jedes Wochenende.“ Denn die Tabletten, die er mehrmals täglich zu sich nehmen muss, sind schon schädlich genug für die Leber.

Die Kapseln enthalten Enzyme, die sein Körper nicht produzieren kann. Die sind notwendig, um das Fett im Essen abzubauen. Und Schröder mag es schön fettig: „Datteln im Speckmantel, Chickenwings, überhaupt Fleisch ist sehr geil. Dann muss ich halt mehr Tabletten nehmen“, sagt er. Einmal, als Jugendlicher, habe er sogar geraucht. „Aber das ist ganz schlecht für die Lunge. Das habe ich gleich bereut.“

Ein großer Liebesbeweis der Eltern

Ganz ausgelassen kann der 21-Jährige nicht leben. Außer dem Rauchen ist auch das Schwimmbad tabu. „Zu viele Keime“, sagt Schröder. Wenn es kalt ist, muss er sich dicker einpacken als seine Freunde. Sonst holt er sich eine Lungenentzündung. Wie im Dezember 2015. Zwei Wochen lag er damals im Krankenhaus. Die Lunge hat sich bis heute nicht komplett regeneriert. „Ich will das nicht noch einmal. Es war eine schlimme Zeit“, sagt Schröder. Auch daraus habe er seine Lehren gezogen und achtet jetzt penibel darauf, dass er seine Medikamente zu sich nimmt. Ohne sie geht es nicht. „Es nervt schon. Manchmal komme ich nach der Arbeit nach Hause, will mich einfach nur ins Bett legen und schlafen. Aber dann fällt mir ein, dass ich noch Inhalieren muss“, sagt Jonathan Schröder, der inzwischen eine Ausbildung zum Hotelfachmann absolviert hat.

Doch die Medikamente allein reichen nicht, um gesund zu bleiben. Der 21-Jährige weiß: Ohne die Liebe seiner Familie und Freunde würde er noch mehr unter der Krankheit leiden. Jonathan Schröder war zwei Jahre alt, als sein Vater den Ditzinger Lebenslauf initiierte, um auf die seltene Krankheit aufmerksam zu machen und Spenden zu sammeln. In diesem Jahr findet die Veranstaltung, bei der jährlich mehrere tausend Läufer mitmachen, zum 19. Mal statt. „Ich finde es toll, dass es wegen mir eine so große Veranstaltung gibt“, sagt Schröder, „Das ist ein großer Liebesbeweis meiner Eltern.“

Die Krankheit
Mukoviszidose, auch Zystische Fibrose (CF) genannt, ist eine unheilbare und vererbbare Stoffwechselerkrankung. Dabei werden lebenswichtige Organe wie Lunge und Darm durch zähen Schleim verstopft. Patienten müssen durch tägliche Therapie das Sekret entfernen. Ihre Lebenserwartung ist gegenüber Gesunden stark verkürzt.

Der Lebenslauf
Der Ditzinger Lebenslauf findet statt in der Glemsaue am Sonntag, 2. April, von 8 bis 16 Uhr. Veranstalter ist der Verein Mukoviszidose – Landesverband Baden-Württemberg. Die Teilnehmer können ohne Zeitwertung so viel und weit laufen, wie sie wollen. Teilnehmer suchen sich einen oder mehrere Sponsoren, die eine Spende für den Muko-Verein geben – viele Lebensläufer erhalten auf diese Weise vier bis fünf Euro pro absolviertem Kilometer.

Die Teilnahme
Einzelläufer können nach Belieben kommen, Gruppen müssen sich anmelden bis zum 24. März. Mehr Informationen im Internet unter www.ditzinger-lebenslauf.de.