Am Samstag feiern DJ Emilio und DJ Skully im Mos Eisley gemeinsames DJ-Jubiläum. Wir haben mit den beiden über die guten alten Zeiten, über die Leidenschaft für Musik und darüber, was einen richtig guten DJ ausmacht, gesprochen.

Stuttgart - Vor mehr als zwanzig Jahren haben noch die Hände gezittert, wenn die Nadel auf die Platte gesetzt worden ist. Die anfängliche Nervosität ist längst vergessen, inzwschen gehören DJ Emilio und DJ Skully zu den alten Hasen der Stuttgarter Clubszene.

 

Am Samstag feiern die beiden zwanzigstes (Skully) und 25. Jubiläum (Emilio) im neu eröffneten Mos Eisley.

Wenn man die beiden fragt, wie damals alles angefangen hat, schwelgen sie in Erinnerungen. An die ersten Platten, die ersten Bookings, die ersten durchgemachten Nächte.

Mixed Music DJ im guten Sinne

DJ Emilio, Emil Calusic, fing schon in den Achtzigern an seine inzwischen riesige Plattensammlung aufzubauen, als kleiner Steppke, beeinflusst von seinem kroatischen Onkel. "Über ihn bin ich zur Musik gekommen. Er war eine coole Socke, ein richtiger Hippie", erzählt Emil. Angefangen hat alles mit New Wave wie etwa Depeche Mode, über die Breakdance-Welle landete der heute 45-Jährige schließlich beim HipHop. Genregrenzen haben ihn trotzdem nie interessiert: Auch heute noch bezeichnet er sich als "Mixed Music DJ", ein Begriff, der gemeinhin als verpönt gilt.

Das erste richtige Booking als DJ kam schließlich vom Unbekannten Tier, einem legendären Laden ganz in der Nähe des Palast der Republik. "Im Jahr 91 habe ich das erste Mal dort aufgelegt. Ich bin mit meinem Plattenkoffer angekommen und war sehr nervös", sagt er. Das Unbekannte Tier sei mehr als nur ein Auftraggeber gewesen, sondern habe ihn musikalisch sehr beeinflusst. "Dort herrschte ein wildes Potpourri an Musik von HipHop, Drum'n'Bass bis hin zum Jazz. Auch das Publikum war bunt gemischt", sagt er.

Weiter ging es ins Red Dog, wo er mit Thomilla und Matze Bach den Hip-Hop-Mittwoch gegründet hat. Der Rest ist Geschichte: Kolchose, 0711 Club, eigene Radiosendung und jahrelang Betreiber des Plattenladens Sound Shop.

1999: Skully gründet Chimperator

Skully hingegen, der eigentlich Christian Schädle heißt, ist über die Technik zum Auflegen gekommen. Der Daniel Düsentrieb unter den Stuttgarter DJs schraubt an Plattenspielern und Anlagen - ganz nebenbei ist er Sammler derselben. Die Faszination für Veranstaltungstechnik hat ihn zum Veranstalten gebracht und das schließlich zum Auflegen. Logische Schlussfolgerungen. Gut für die Stadt: Zuerst ging es in den Neunzigern los mit Partys im Stuttgarter Osten, danach in die Clubs, etwa ins Tonstudio mit dem legendären HipHop-Donnerstag, in die Corso Bar oder ins Hi.

Was viele heute vielleicht gar nicht mehr wissen: Im Jahr 1999 war Skully neben Sebastian Andrej Schweizer und Steffen Wendelstein Mitbegründer des Labels Chimperator. Ziel war es Stuttgarter HipHop-Künstlern eine Plattform zu bieten. 2005 ist Skully ausgestiegen - noch bevor das Label Dank Cro und Die Orsons zum Big Player avancierte. Ob er diesen Schritt heute bereue? "Das ist in diesem Zusammenhang die wahrscheinlich am häufigsten gestellte Frage", sagt er und lacht. Und? "Nein, eigentlich nicht. Es war zu dieser Zeit die richtige Entscheidung."

Ein DJ in Altersteilzeit

Heute ist der 36-Jährige ein DJ in Altersteilzeit. Tagsüber widmet er sich bei einer großen Stuttgarter Firma seiner Technik-Leidenschaft und legt nur noch bis zu dreimal im Monat auf. Heute darf er zugeben: "Eigentlich bin ich Frühaufsteher."

War früher alles besser? Manches war tatsächlich etwas besser oder zumindest angenehmer als heute, sind sich die beiden einig. Der DJ sei ein echter "Tastemaker" gewesen. Die Leute seien in die Clubs gegangen, um neue Musik zu entdecken - selektiert und zuerst gespielt von den DJs. "Wir waren eine Generation von großen Musikliebhabern. Wir haben uns intensiv damit auseinandergesetzt und uns Wissen angeeignet", sagt Christian. Die beiden erinnern sich an geschwänzte Schulstunden, wenn im Sound Shop neue Plattenlieferungen ankamen. "Da standen wir dann alle morgens Schlange: Schowi, Thomilla, Hausmarke", sagt Emil.

Die Hip-Hop-Szene bestand aus einem harten Kern aus hundert bis zweihundert Leuten. "Wir waren wie eine Family, man kannte sich, traf sich immer am gleichen Abend in den gleichen Clubs", sagt Christian. Heute gehe es donnerstags zur House-Party, freitags zu HipHop und samstags zu Dancehall.

Ein guter DJ braucht einen eigenen Sound

Durch das Internet haben alle Menschen Zugang zur Musik, sie ist durch Streaming-Dienste wie Spotify beinahe unbegrenzt und zu jeder Zeit verfügbar. Die Kids halten DJs ihr Handy unter die Nase, mit der Bitte den gewünschten Titel doch zeitnah zu spielen. "Früher hatte man mehr Ehrfurcht vor dem DJ und seiner Musikauswahl. Er war nicht nur Dienstleister, der dafür sorgt, dass im Club laute Musik gespielt wird", so die beiden.

Doch natürlich ist heute nicht alles schlecht, sonst wären die beiden nicht so lange dabei geblieben. Emil legt heute auch gerne in Bars auf. "Es gibt so viel tolle Musik, die aber nicht tanzbar ist", sagt er. Was einen guten DJ ausmacht? "Wenn man nicht mehr aus der Bar gehen will - wegen der Musik", sagt Emil und lacht. Ein guter DJ sei jemand, der Musik liebt, der einen eigenen Sound hat und nicht nur die größten Hits der vergangenen Jahre aneinanderreiht. Der Set-Aufbau ist wichtig, ergänzt Christian. Jeder Abend habe eine Primetime und einen smoothen Ausklang, mit dem die Menschen nach Hause geschickt werden.

Party statt Yoga

Anfang der 2000er Jahre haben die beiden zum ersten Mal zusammen aufgelegt. "Wir haben eine große Schnittmenge", sagt Christian. Vor allem auch, was ihre Passion angeht. "Egal wie kaputt ich bin, egal wie der Tag war: Wenn ich am Pult stehe, schaltet sich der Autopilot ein, dann ist alles gut", sagt Christian. Er improvisiere und lasse sich auf die Stimmung im Club ein. Auflegen sei für ihn schon fast ein bisschen meditativ. Wer braucht da noch Yoga.

"Musik ist meine erste große Liebe. Für jede Stimmungslage gibt es die richtige Musik", sagt Emil. Manche DJs brauchen Scheinwerferlicht, stehen gerne im Mittelpunkt: "Ich bin lieber in meinem dunklen Eck und lasse die Musik für mich sprechen".

Am Samstag soll Musik gespielt werden, mit der die beiden groß geworden sind. Weiteres von Emil auf Facebook verkündetes Ziel für den Abend: Pro Jahr ein Schnaps. Na dann Prost!

Party: Mos Eisley, von 22 Uhr an. Im Oberstübchen legen Emilio und Skully auf, unten Ringo und Andreas Vogel.