Verkehrsminister Dobrindt (CSU) erklärt sich vor Bürgern im Würzburger Hofbräu-Biergarten und empfiehlt ältere Diesel-Fahrzeuge, „dynamisch“ aus dem Markt zu nehmen. Die Franken klatschen brav.

Würzburg - Wenn der Oberbayer Alexander Dobrindt die Bayernhymne spielen lasse, werde er nicht aufstehen, er sei schließlich Franke erklärt der rüstige Renter, der vor einer Maß im schattigen Biergarten des Hofbräu-Kellers von Würzburg sitzt. Und die Maut hätte sich der Minister eigentlich auch sparen können. Würzburg wird von einem Schwarzen regiert, anders als die roten Städte München und Nürnberg. Aber dieser ältere Herr hegt offensichtlich keine große Sympathien für die Christsozialen – was sich im Laufe des Abends noch punktuell ändern kann.

 

Bundesverkehrsminister Dobrindt (CSU) spricht am Donnerstagabend im Biergarten auf Einladung der CSU Würzburg vor fast 500 meist älteren Damen und Herren, und dass dies kurz nach dem Diesel-Gipfel geschieht, verbucht der örtliche CSU-Bundestagsabgeordnete Paul Lehrieder schon mal als Gewinn: „Der Alexander sagt Euch jetzt, was gestern los war. Das ist seine erste große Veranstaltung nach dem Diesel-Gipfel! Ich habe bis zuletzt geschwitzt, ob er wirklich kommt.“

Anton Hofreiter als „Flasche“ charakterisiert

Unter den Bäumen ist es angenehm kühl, und Dobrindt im offenen Hemd findet es denn auch gut, dass er „hier im Biergarten ganz locker reden“ kann. Heimatliebe, Heimattreue, die großartigen Leistungen der älteren Generation und das kühle Bier – „besser ein Hofbräu vom Fass als ein Hofreiter als Flasche“ – der Minister weiß sein fränkisches Publikum recht schnell zu gewinnen. Er erinnert an sein jüngste, „wunderbares“ Treffen mit der Frauenunion in Würzburg. Dass er die Stadt nicht als „Weinfass an der Autobahn“ bezeichnet, ein jüngeres, geflügeltes Wort, das wird am Biertisch mit Dankbarkeit verzeichnet. Ja, der Dieselgipfel war auch noch: Kurz skizziert Dobrindt die Ergebnisse, er setze auf die schnelle Lösung durch das Software-Update und die CSU sei „gegen flächendeckende Fahrverbote“ – da gibt es Zwischenapplaus. Bei einer Bemerkung Dobrindts aber herrscht eisiges Schweigen: Eine Enteignung von Autobesitzern sei nicht akzeptabel betont Dobrindt einerseits, anderseits sagt er, man müsse die älteren Dieselfahrzeuge der Euro-Norm 3 und 4 „dynamisch aus dem Markt nehmen“ und das sei „eine Aufgabe der Autoindustrie“. Da muss mancher ältere Besitzer eines älteren Diesel schlucken. Was heißt das genau?

Eigentlich war der Wahlkampfredner schon fertig, er hatte für den sechsspurigen Autobahn-Ausbau geworben, Bauprojekte in der Region erwähnt und über den Vorwurf gewitzelt, er würde den Bayern über den Bundesverkehrswegeplan mehr Straßenbauprojekte zuschustern: „Wenn der Vorwurf stimmen würde, wäre das auch in Ordnung.“ Im übrigen sei Schleswig-Holstein unter der SPD ja nicht in der Lage gewesen, Planfeststellungsverfahren im Straßenbau voranzutreiben. Dann hatte Dobrindt die Debatte über deutsche Leitkultur gelobt und kritisch SPD-Bürgermeister Olaf Scholz wegen seiner Worte zu den Hamburger G-20-Krawallen angegangen – das hätte sein Schlusspunkt sein können.

Bei der Maut kommt der Minister richtig in Fahrt

War es aber nicht. Am Schluss drehte der Verkehrsminister noch mal gewaltig auf mit seinem offensichtlichen Lieblingsthema – die Einführung der Pkw-Maut: „Es war eine schwierige Operation, ich habe vier Jahre lang dafür gekämpft! Es ist mehr als gut, dass es jetzt geklappt hat.“ Bei der Maut gerät der Minister richtig in Fahrt. Ausgerechnet die Erfinder der Maut, die Österreicher, wollten sie den Deutschen verbieten, beklagt er. Dann schilder t Dobrindt – nicht zum ersten Mal – seine Fahrt mit der Familie an den Garda-See, wo er für Pickerl in Österreich, Maut für die Autostrada hin und zurück, 64 Euro bezahlt habe. Man sei sicher gefahren und rasch angekommen, er habe das Geld „selbstverständlich“ bezahlt: „Die gleiche Selbstverständlichkeit erwarte ich von denen, die auf unseren Straßen unterwegs sind.“ Da setzt dann nochmal starker Beifall ein, und auch der csu-kritische Rentner klatscht mit.

Eine Gruppe junger Leute ist mit dem Fahrrad da, nach der Wahlrede gibt es keine öffentliche Aussprache, doch die Jungen umringen Dobrindt und diskutieren mit ihm munter – dicht bedrängt von Bodyguards und gestört von Trompetenmusik.

Bei der Maut sei doch der Unterschied, dass sie in Österreich alle zahlen müssten, in Deutschland aber nur die Ausländer, sagt einer. Ein anderer sieht den Diesel-Gipfel als „faulen Kompromiss“, die Stickoxide hätten mit der Nachrüstung doch ums Doppelte reduziert werden müssen. Der Bundesverkehrsminister bleibt gelassen: Das sei doch „alles noch ein Prozess“ und dann sagt er zur Jugend: „Wir sind gar nicht so weit auseinander.“