Die 19 Jahre alte Esther Schmid aus Bad Cannstatt hat sich sechs Monate lang ehrenamtlich in einer Schule in Simbabwe engagiert. Nach dem Unterricht hat sie ihre Schützlinge mit der Kamera begleitet. Daraus ist nun ein Dokumentarfilm entstanden.

Bad Cannstatt - Das Glas Milch im Kindergarten ist für Tsitsi ein Höhepunkt des Tages. Ein Frühstück bekommt das Waisenmädchen aus Simbabwe dort wo es wohnt nicht. Die Nachbarin hat sie nach dem Tod ihrer Eltern bei sich aufgenommen – mit dem Wissen, dass sie einen ordentlichen Batzen Geld kassiert, wenn sie Tsitsi im Pubertätsalter verheiratet. „Für Mädchen wie Tsitsi in der Provinz Masvingo ist es unrealistisch, dass sie jemals studieren können“, sagt die 19 Jahre alte Bad Cannstatterin Esther Schmid. Was die Kinder trotzdem nicht abhält, davon und von vielen anderen Dingen zu Träumen, wie die Abiturientin erzählt. Kinder träumen auf der ganzen Welt gleich, sagt sie. Den Träumen der Kinder aus Simbabwe hat die junge Frau einen Dokumentarfilm gewidmet.

 
Tsitsi bei der Milchausgabe Foto: privat

„Meine eine Liebe gilt dem Film, die andere dem Reisen“, sagt die Abiturientin aus dem Stadtteil Im Geiger über sich. Die beiden Leidenschaften hat sie bis vergangenen März sechs Monate lang mit sozialem Engagement verbunden – in Simbabwe gab sie einer Klasse mit 109 Kindern Englischunterricht und betreute Kindergartenkinder. Drei ihrer Schützlinge begleitete sie regelmäßig mit der Kamera.

Einer von ihnen ist Tsitsi, die jüngste Protagonistin des Films mit dem Titel „Maroto“. Das bedeutet Träume in der Landessprache Shona. Dass sie die Kleinste ist, kann Esther Schmid nur schätzen, denn „keiner weiß, wie alt Tsitsi ist“. Sie hat keine Geburtsurkunde. Und keine Eltern mehr. Fröhlich ist das Mädchen dennoch. Wie all die Kinder mit den ratzekurzen krausen Haaren, die Esther Schmid in dem afrikanischen Schulzentrum kennenlernen durfte. „Der Großteil der Kinder kommt aus sehr armen Verhältnissen. Eine Mahlzeit am Tag und mehrere Kilometer Schulweg sind Alltag“, erklärt die junge Frau. Doch sie wüssten nicht, dass es Kindern in anderen Teilen der Welt besser geht, sie kennen nur ihr Leben. Tsitsis größer Traum ist ein Auto, verrät Esther Schmid eine Szene ihres Films. „Damit will sie ihr Dorf einmal verlassen und die nächste Stadt sehen.“

Lehrauftrag nur kurz nach dem eigenen Schulabschluss

Zum Lehrerdasein nur kurz nach dem eigenen Schulabschluss am Johannes-Kepler-Gymnasium ist Esther Schmid über die Kernen-Masvingo-Gesellschaft gekommen – eine Städtepartnerschaft zwischen der Gemeinde Kernen im Remstal und der Provinzhauptstadt Masvingo im afrikanischen Simbabwe. Der Verein unterstützt unter anderem Bedürftige über ein Patenmodell – so bezahlt er etwa der 14 Jahre alten Angeline das Schulgeld und einen Wohnheim-Platz. Das Waisenmädchen ist die zweite Protagonistin in der rund 13-minütigen Dokumentation. Das reichste Kind im Film ist der sieben Jahre alte Tatenda. Er lebt mit Mutter, Tante und vielen Kindern in einer winzigen strohgedeckten Hütte. Doch er hat noch Mutter und Vater und „die Familie hat immer genug zu Essen auf dem Tisch“, erklärt Esther Schmid den afrikanischen Reichtum.

Bei Tatenda gibt es sogar ein Familienhandy. Foto: privat

Wie man einen Film dreht, hat die Abiturientin in einem Praktikum gelernt. Ein Jahr besuchte sie vor der Afrika-Reise die Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Bei Schnitt und Ton helfen der jungen Regisseurin und Kamerafrau nun Bekannte. Die Doku möchte sie in den kommenden Wochen bei Filmfestivals und dem Jugendfilmpreis einreichen. Und auch beruflich soll es in die Richtung weitergehen, ist die 19-Jährige nach dem ersten eigenen Projekt überzeugt. Von Oktober an wird sie in Konstanz Literatur, Kunst und Medien studieren. Nach dem Abschluss träumt sie von der Aufnahme an der Filmhochschule. Ein Traum, der viel mehr Chancen hat, Realität zu werden als jene von Tsitsi, Angeline und Tatenda.