Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Auch kein Wachtmeister. Marie Wilke beobachtet, wie und wofür deutsche Jungpolizisten ausgebildet werden. Und wie sie dann mit ihrem Training in der Praxis zurecht kommen.

Stuttgart - Auch Polizisten haben mal klein angefangen und standen da, wo jeder Azubi mal steht: vorm Mysterium, wie der künftige Job funktionieren soll. In Marie Wilkes Dokumentarfilm „Staatsdiener“ fragt sich das Kathrin Cruz, die im ersten Jahr an der Polizeischule in Sachsen-Anhalt studiert. „Entspann dich“, rät ihr der Ausbilder, während sie mit erhobener Waffe auf eine Holzwand zielt. Cruz verzieht das Gesicht. „Wie denn? Das ist doch ernst.“

 

Nicht nur der angehenden Polizistin kommt das Proben ihres späteren Berufsalltags im Versuchsmodus der Schule anfangs komisch vor. Auch Wilke macht es ihren Zuschauern nicht leicht, zu unterscheiden, was ernst und was nur Spiel ist. Die erste halbe Stunde erzählt sie von der wattegepolsterten Parallelwelt der Ausbildung für Extremfälle. Das ist alles skurril anzusehen, ist doch gerade die Realität der Polizisten eine sonst so direkte, ungefilterte. Und genau die zeigt dann der zweite Teil des Films: Wilke begleitet Cruz durch den oft brutalen Alltag der ersten Einsätze.

Die Bilder wirken roh, ungeschönt, die Gespräche wie Klangcollagen, bei denen man oft lieber weghören würde. „Staatsdiener“ gelingt es, das fragile Gleichgewicht zwischen Traumreise und brüsker Realität zu reflektieren, mit der die angehenden Polizisten konfrontiert sind. Und zerlegt quasi nebenbei den Mythos des unnahbaren, hart gesottenen Gesetzeshüters.

Staatsdiener. Deutschland 2015. Regie: Marie Wilke. Dokumentarfilm. 80 Minuten. Ab 12 Jahren.