Mit dem Verkauf seiner Kopfhörer-Firma Beats an Apple steigt der US-Rapper Dr. Dre zu den Superreichen auf. Dabei hat er auch musikalisch eine steile Karriere hingelegt – und nicht nur Eminem entdeckt.

Los Angeles - Mit der Band N.W.A. und dem Song „Straight outta Compton“ liefert er 1988 eine der bis heute wichtigsten Hitsingles des Gangsta-Raps. Sein Debütalbum „The Chronic“ von 1992 beinhaltet mehr Klassiker, als manch anderer Rapper in seiner ganzen Karriere zustande gebracht hat. Später entdeckt er noch einen gewissen Eminem: Das Leben von André Romell Young alias Dr. Dre liest sich wie ein modernes Rap-Märchen.

 

Dr. Dre wird am 18. Februar 1965 in Compton bei Los Angeles geboren. Sein Interesse für Musik ist so groß, dass seine schulischen Leistungen mehr als zu wünschen übrig lassen, als Folge muss er mehrfach die Schule wechseln. Mit 19 beginnt er als DJ in Clubs aufzulegen und wird Mitglied der Band World Class Wreckin’ Cru. In glitzernden Anzügen und mit geschminkten Lippen ist sie eine Mischung aus Prince, Michael Jackson, Kraftwerk und den Jackson 5. Die ersten Platten im damals modernen Elektrostil verkaufen sich bis zu 50 000-mal. Es folgen erste Fernsehauftritte in Los Angeles.

Mit Niggaz with Attitude kommt der große Durchbruch

Die Major-Plattenfirma CBS Records wird 1985 auf World Class Wreckin’ Cru aufmerksam und bietet der Gruppe einen 100 000-Dollar-Vertrag. Doch Dr. Dre ist unzufrieden mit der Verteilung des Geldes, aber auch mit den Kostümen und der Musikausrichtung und trennt sich von der Band. Um sich etwas Geld zu verdienen, produziert er 15-minütige DJ-Mixe, die auf dem Radiosender KDAY zu hören sind. Diese Mixe schneidet er zu Ein-Stunden-Versionen zusammen und kopiert sie auf Kassetten, um sie auf Flohmärkten zu verkaufen. Mit dem Rapper Eazy E und anderen gründet Dr. Dre 1986 die Band N.W.A., was für „Niggaz with Attitude“ steht. Die Glitzeranzüge und der Lippenstift werden ersetzt durch die Klamotten, die die Gangs in der Nachbarschaft von Compton tragen: Baseball-Caps, Goldketten, XXL-Shirts. Auch die Texte beziehen sich jetzt explizit auf den Lifestyle der Gangsta. Dr. Dre ist hauptsächlich für die Produktion der Musik zuständig, seine Raptexte werden ihm von den Kollegen der Band geschrieben. Ihr Album „Straight outta Compton“ wird 1988 veröffentlicht und schafft es, ohne Radio- und Konzerttouren innerhalb von einem Jahr eine Million Mal verkauft zu werden.

Das Album leitet eine thematische Revolution im US-Rap ein, es zeigt, dass man mit extrem harten Gangsta-Texten kommerziellen Erfolg haben kann. Mit dem Erfolg steigen N.W.A. auch zum Feind des konservativen Amerikas auf, was dazu führt, dass sie vom FBI beobachtet werden, denn sie verkörpern das im weißen Establishment existierende Stereotyp vom „bösen schwarzen Mann“.

Superproduzent und Superstar-Macher

Nach weiteren sehr erfolgreichen Alben trennt sich Dr. Dre im Streit ums Geld von N.W.A und beginnt die Arbeiten an seinem ersten Soloalbum „The Chronic“, das im Dezember 1992 erscheint. Es ist schon wieder eine Revolution. Inhaltlich dreht sich zwar immer noch alles um den Gangsta-Lifestyle, aber musikalisch betritt Dr. Dre Neuland. Während der Hip-Hop der US- Westküste sich zuvor stark am aggressiveren New Yorker Stil der Ostküste orientiert hat, bricht Dr. Dre diese musikalischen Muster auf und etabliert einen eigenen ruhigeren, G-Funk genannten Stil, der bis heute als musikalische Blaupause des Westküsten-Raps dient.

Im selben G-Funk-Stil produziert Dr. Dre auch das Album „Doggystyle“ des Rappers Snoop Doggy Dogg, den er entdeckt und fördert, und legt damit den Grundstein für Snoop Doggs noch heute sehr erfolgreiche Karriere. Ende 1993 gehörten „The Chronic“ und „Doggystyle“ zu den meist verkauften und von der Musikkritik hochgelobten Alben des Jahres und manifestieren endgültig Gangsta-Rap als Subgenre innerhalb der US-Rap-Musik. In den folgenden Jahren konzentriert sich Dr. Dre darauf, für Stars wie 2Pac zu produzieren oder neue Künstler aufzubauen. Das führt 1996 dazu, dass er sein eigenes Plattenlabel Aftermath Entertainment gründet.

Und dann entdeckt er Eminem

Auf der Suche nach neuen Talenten landet 1998 eine Kassette mit den Raps eines jungen Detroiter Rappers namens Marshall Mathers auf seinem Tisch. Ein Jahr später wird dieser als Eminem ein bejubeltes Album veröffentlichen und eine Weltkarriere starten, die ihn zu einem der respektiertesten und erfolgreichsten Rapper aller Zeiten werden lässt.

Zusammen mit Eminem bringt Dr. Dre 2003 den Rapper 50 Cent groß heraus. Dessen erste drei Alben verkaufen sich mehr als 25 Millionen Mal. Spätestens jetzt hat sich Dr. Dre den Nimbus eines Superstar-Entdeckers und Superproduzenten erarbeitet, er hat den sogenannten Midas Touch – alles, was er berührt, wird zu Gold. Es hagelt Musikpreise, Kritikerehrungen, Filmangebote noch und nöcher. 2006 gründet er die Firma Beats Electronics, um Kopfhörer zu vermarkten. Innerhalb weniger Jahre schafft es die Firma , die Marke durch geschicktes Product Placement der auffällig dicken, meist weißen Kopfhörer in Rapmusikvideos populär zu machen. Auch Filmstars und Sportler werden ausgestattet. Deshalb sind die sehr hochpreisigen Kopfhörer als Statussymbol vor allem bei Jugendlichen beliebt. 2012 hat Beats in den USA einen Marktanteil von 64 Prozent bei den Kopfhörern, die teurer sind als 100 US-Dollar. Kein Wunder also, dass Dr. Dre auf der Forbes-Liste der Millionäre 2014 bereits mit 550 Million Dollar gelistet ist.

Nachdem nun Apple bekannt gegeben hat, Beats Electronic für drei Milliarden zu kaufen, dürften die 15 Prozent Anteil, die Dr. Dre noch besitzen soll, nach der Übernahme etwa 450 Millionen Dollar wert sein. Damit wäre Dr. Dre der allererste Hip-Hop-Milliardär – und hätte einmal mehr seinen Midas Touch bestätigt.