Die Pittsburgh Penguins verteidigen in der nordamerikanischen Profiliga NHL trotz Widrigkeiten den Titel. Superstar Sidney Crosby zementiert seinen Platz in der Reihe der besten Eishockeyspieler der Geschichte.

Sport: Gerhard Pfisterer (ggp)

Nashville/Stuttgart - Es war ein Tor der hässlichen Sorte, ein richtig bizarrer Treffer. Und doch war er irgendwie formvollen-det, in dem Sinne, wie er das perfekte Resümee dieser Play-offs der Pittsburgh Penguins darstellte – mit einem passenden Torschützen. Es war Patric Hornqvist.

 

Der rotbärtige Schwede ist so etwas wie der Vorzeigearbeiter unter den Arbeitern an der Seite der OffensivspektakelgarantenSidney Crosby, Jewgeni Malkin und Phil Kessel im größten Starensemble der nordamerikanischen Eishockey-Profiliga NHL. Seine Jobbeschreibung sieht es vor, mit seinem Kleiderschrankkörper penetrant um das gegnerische Tor herumzukreisen, dem Torhüter die Sicht auf die Schüsse der Torjäger zu nehmen – und überdies immer wieder mal selbst abzustauben.

Tom Kühnhackl fehlt bei den Pittsburgh Penguins verletzungsbedingt

1:35 Minuten vor dem Ende des sechsten Spiels der Finalserie um den Stanley Cup bei den Nashville Predators am späten Sonntagabend (Ortszeit) war das nicht anders. Nach einem Fehlschuss kam Patric Hornqvist hinter dem Gehäuse an den Puck und stocherte ihn Richtung Tor, an den linken Hinterarm des Schlussmanns Pekka Rinne, von wo er hineinplumpste. „He’s smiling like a butcher’s dog“, jauchzte ein TV-Mann nach dem kuriosen Tor zum 1:0, das traf es irgendwie: Er lächelte (erwartungsfroh) wie der Hund eines Metzgers.

Denn das war es, das entscheidende Tor zum Titel – die große Belohnung folgte sogleich. Nach einem zusätzlichen Treffer ins leere Gehäuse kurz darauf siegten die Pittsburgh Penguins mit 2:0 und gewannen die Best-of-seven-Finalserie mit 4:2. Wie schon im vergangenen Jahr gegen die San Jose Sharks. Die Mannschaft des verletzten deutschen Flügelstürmers Tom Kühnhackl schaffte es damit als erstes Team seit den Detroit Red Wings (1997, 1998) und als erstes Team seit der Einführung der Gehaltsobergrenze 2005, den Titel zu verteidigen.

Krude Kampf- und Willenskraft statt spielerischer Glanz

Heuer triumphierten die flinken Penguins aber nicht spielerisch schön, sondern mit kruder Kampf- und Willenskraft: Nur nicht unterkriegen lassen, lautete das Motto angesichts vieler Widrigkeiten. Da war zum einen das anhaltende Verletzungspech und zum anderen das groteske Play-off-Format der NHL. Dieses bürdete der zweitbesten Mannschaft der Hauptrunde in der Endrunde gleich zu Beginn zwei Krachergegner auf mit den Columbus Blue Jackets (viertmeiste Punkte aller NHL-Clubs in der Hauptrunde/4:1) und dem Hauptrundenbesten Washington Capitals (4:3). Der Kräfteverschleiß machte sich in der Halbfinalserie gegen die Ottawa Senators (4:3) – mit dem Sieg nach zweimaliger Verlängerung im siebten Spiel – bemerkbar.

Doch die Penguins fanden immer wieder einen Weg zu gewinnen, auch wenn sie gar nicht besser waren als der Gegner wie streckenweise gegen die Predators. „Wir haben einfach eine Gruppe von Jungs, die sich der Größe des Moments bewusst war“, sagte Sidney Crosby. Der Torschützenkönig der Hauptrunde, der im Halbfinale nach einem Foul eineinhalb Spiele wegen einer leichten Gehirnerschütterung verpasst hatte, wollte die 16 Kilo schwere Stanley-Cup-Trophäe nach der Übergabe am liebsten gar nicht mehr hergeben.

Gehirnerschütterungen setzten Sidney Crosby zu

Der Kanadier ist nicht nur der Penguins-Kapitän, sondern der Kaiserpinguin der NHL – der beste Spieler seiner Generation. 2005 kam er als vielgepriesenes Wunderkind mit 18 in die Liga und wurde dem Ruf gerecht. Er hat sich auch nicht unterkriegen lassen, als es nicht so gut lief, als ihn Gehirnerschütterungen aus der Bahn warfen und zu langen Pausen zwangen. Jetzt ist er 29, zweimaliger Olympiasieger und nun dreimaliger Meister, dekoriert mit sämtlichen bedeutenden NHL-Auszeichnungen. Er spielt fortan in einer Reihe mit Wayne Gretzky, Gordie Howe, Bobby Orr und Mario Lemieux – als einer der fünf besten Eishockeyspieler der Geschichte.

Seit die Penguins Mitte Dezember 2015 Mike Sullivan als Trainer verpflichteten, sind sie kaum mehr zu stoppen. Das hat viel mit ihren Stars (inklusive der Revitalisierung von Sidney Crosby) und der famosen Entwicklung des erst 23 Jahre jungen Torwarts Matt Murray zu tun. Es ist aber auch ein Zeugnis dafür, dass das Gerippe drumherum an Fleisch gewonnen hat. Das macht sich besonders in den Play-offs bemerkbar, weshalb der hässliche Treffer von Patric Hornqvist – dem Typ mit dem erwartungsfreudigen Lächeln eines Metzgershundes – ein perfekter Schlusspunkt war.