Ein Heidenheimer Rauschgiftfahnder soll Gutachten gefälscht haben. Drei Kollegen wurden vorläufig versetzt.

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Hedienheim - Die Führung der Polizeidirektion Heidenheim lässt ihre vierköpfige Rauschgiftermittlungsgruppe vorläufig nicht mehr arbeiten. Drei der Beamten seien anderen Aufgaben zugeteilt worden, in zwei Monaten werde entschieden, wie es mit der Abteilung weitergeht, sagt ein Polizeisprecher.

 

Hintergrund der drastischen Maßnahme ist ein Ermittlungsverfahren gegen einen 38-jährigen Drogenfahnder, das die Staatsanwaltschaft Ellwangen seit März führt. Der Beamte steht im Verdacht, rechtsmedizinische Gutachten, die über Blutproben von Autofahrern angefertigt wurden, gefälscht zu haben, bevor er sie an die Staatsanwaltschaft weiterreichte.

Ziel der Manipulationen war offenbar, dafür zu sorgen, dass Fahrzeuglenker ihren Führerschein verlieren. Wenn in einer im Rahmen einer Verkehrskontrolle entnommenen Blutprobe eine Drogenbeeinflussung von mindestens einem Nanogramm THC (Tetrahydrocannabinol) pro Milliliter nachgewiesen wird, liegt eine Ordnungswidrigkeit vor. Das psychoaktive THC kommt beispielsweise in Haschisch oder Marihuana vor. Die Staatsanwaltschaft hat den Verdacht, der Beamte habe die Ergebniswerte in mindestens zwölf medizinischen Gutachten nach oben, in den straffälligen Bereich, korrigiert. Dabei soll er sich mit Tipp-Ex beholfen haben.

Sofortige Suspendierung

Mitte März fiel einem Ellwanger Staatsanwalt die erste Bußgeldakte auf. Die Justizbehörde leitete ein Ermittlungsverfahren ein, mit dem die Kriminalpolizei Heilbronn beauftragt wurde. Am 31. März wurde die Dienststelle des 38-Jährigen durchsucht. Im Schreibtisch des Mannes lagen weitere, mutmaßlich manipulierte Gutachten. Der Mann wurde vom Leiter der Polizeidirektion Heidenheim sofort suspendiert.

Drei Wochen später droht sich der Fall auszuweiten. Die Stilllegung der ganzen Heidenheimer Rauschgiftermittlungsgruppe begründet ein Sprecher mit dem Sorgfaltsgebot: "Man will einfach alles untersucht haben." Gegen die drei Kollegen des 38-Jährigen gebe es keinerlei Verdachtsmomente, die auf Mittäter- oder Mitwisserschaft schließen lassen könnten. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Ellwangen bestätigt, dass es kein weiteres Ermittlungsverfahren gegen Heidenheimer Polizisten gebe, auch keine Vorermittlungen.

Doch bei der Heidenheimer Polizeiführung scheint es doch Zweifel zu geben: Zur vorläufigen Versetzung der Beamten ist es gekommen, nachdem sie im Rahmen der internen Untersuchung bereits angehört worden sind. Ein Heilbronner Polizeisprecher bestätigt das. Es brauche jetzt noch weitere Zeit, um zu klären, "inwieweit der eine oder andere involviert war - oder auch nicht". Alle von dem 38-Jährigen bearbeiteten Bußgeld- und Strafverfahren würden nun rückblickend geprüft werden. "Folgebefragungen" der drei Kollegen des Verdächtigen seien nicht auszuschließen, heißt es aus Heilbronn.

Beamter schweigt zum Tatvorwurf

Eine Erklärung, weshalb der 38-Jährige den Führerscheinentzug von Autofahrern betrieben haben könnte, fehlt bis jetzt. Der Beamte schweigt zum Tatvorwurf. Die Staatsanwaltschaft hat ihren Verdacht indessen wohl erhärten können. Das Verfahren werde ziemlich sicher "mit einer Anklage abgeschlossen werden", so der Ellwanger Sprecher.

Käme der Beamte vor Gericht, müsste er sich nach Stand der Dinge wegen der Verfolgung Unschuldiger, Urkundenfälschung und Urkundenunterdrückung verantworten. Würde der Drogenfahnder verurteilt werden, könnte ihm zumindest eine Haftstrafe aber erspart bleiben. Weil Dokumente in Ordnungswidrigkeitsverfahren gefälscht wurden, nicht aber in Strafverfahren, liegt die gesetzliche Mindeststrafe bei lediglich drei Monaten.