Der Stuttgarter SÖS-Stadtrat Luigi Pantisano ist bedroht worden. Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen aber eingestellt, weil das amerikanische Unternehmen die Adresse des Täters für sich behält.

Stuttgart - Luigi Pantisano, Stadtrat in Stuttgart für das Bündnis von SÖS/Linke-plus, hat politisch wenig gemeinsam mit Volker Kauder, CDU-Fraktionschef im Bundestag, oder Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA). Einig ist sich das Trio allerdings im Verdruss über den Unwillen des sozialen Mediums Facebook, Urheber von Drohungen und Beleidigungen zu verfolgen, die dafür seine Plattform nutzen. Kauder hat Bußgelder von bis zu 50 000 Euro gegen Facebook gefordert. Von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) erwartet Kauder einen Vorschlag, wie man die Anbieter verpflichten könnte, die IP-Adressen mutmaßlicher Rechtsbrecher herauszugeben. BKA-Chef Münch hält eine „klare Rechtsgrundlage“ für nötig, damit die Anbieter in Deutschland endlich Auskünfte erteilen könnten.

 

Der SÖS-Vertreter setzt sich stark für Minderheiten ein, dieses Mal kämpft er in eigener Sache. Am 6. Januar hat er auf einen Beitrag des Ex-CDU-Bundestagsabgeordneten Ruprecht Polenz reagiert. Köln sei vermutlich der „Wendepunkt, der in Deutschland Rassismus gesellschaftsfähig habe werden lassen“, schrieb Pantisano.

Anonymus kennt Pantisanos Adresse

Seine Aussagen hatten den anonymen Nutzer „Rob Messerschmidt“ veranlasst, Pantisanos Wohnadresse (im „ekelhaftesten Asiviertel“) zu veröffentlichen und Beleidigungen auszustoßen. Ausgestattet mit dem Profilbild von Guy Fawkes, der Symbolfigur für Freiheit und Anonymität, wünschte er den Stadtrat nach Auschwitz; er empfahl ihm, nachts kein Auge mehr zuzumachen, drohte mit Gewalt und versprach, sein Haus zu „verschönern mit Originalfarbe Duluxe aus dem Obi“.

Der Stadtrat war schon oft Zielscheibe von Kritik. Aber dieses Mal zeigte er die Bedrohung beim Staatsschutz an. Sich gegen rechte Gewalt zu wappnen, scheint notwendig: Ein Polizeivertreter hat unlängst im Verwaltungsausschuss dem Anstieg rechtsextremistischer- und rassistisch motivierter Straftaten beklagt. Die Zahl stieg von 2014 auf 2015 von 102 auf 194, im ersten Halbjahr 2016 waren es bereits 89. Die rechtspopulistische AfD wies auf Angriffe gegen ihre Vertreter hin. Enthalten sind diese Delikte in der Statistik des CDU-geführten Landesinnenministeriums, das landesweit in diesem Jahr 104 politisch motivierte Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger gezählt hat. Die Behörde sah sich jedoch außerstande, auf StZ-Anfrage die Zahl der gelösten Fälle und Probleme bei der Strafverfolgung zu benennen.

Beschwerden haben keinen Erfolg

Pantisano hat sich mehrfach bei Facebook gemeldet, um das Löschen von Hassmails zu erreichen, war aber stets mit dem Hinweis abgewimmelt worden, man habe keinen Anlass einzuschreiten. Das muss nicht verwundern, selbst Beiträge, in denen der Holocaust geleugnet und der Nationalsozialismus verherrlicht werden, lässt die Verwalter kalt. Diese sitzen in Irland und verweisen bei Anfragen auf Zuständige in den USA.

Das Ermittlungsverfahren gegen den Unbekannten wurde eingestellt. Der Staatsanwalt begründete sein Vorgehen damit, dass Facebook seine Anfrage zur Ermittlung der Daten abschlägig beschieden habe. Die Herausgabe könne nicht erzwungen werden, da sich der Sitz des Unternehmens „nicht im Zugriffsgebiet der deutschen Strafverfolgungsbehörden“ befinde.

Möglich sei, auf dem Rechtshilfeweg in den USA anzufragen. Das sei aber unverhältnismäßig, die Chancen seien zudem gering. Ob die Ermittlungen forciert worden wären, wäre nicht nur ein Stadtrat sondern ein Bundestagsabgeordneter bedroht worden? „Die Stellung des Geschädigten spielte bei der Abwägung keine Rolle“, so die Staatsanwaltschaft. Pantisano hat der Einstellung widersprochen.