Wohlige Voyeurs-Gänsehaut gleich bei der Vorschau: Man verliert direkt den Überblick ob der vielen angedeuteten Konfliktlinien im Dschungelcamp, Tag 4. Doch der Höhepunkt kommt an unerwarteter Stelle.

Stuttgart - Es geht immer weiter in die Tiefe, dort im Dschungel. Psychologisch, hygienisch, moralisch, zwischenmenschlich. Einige Bewohner verwirren mit fantastischen charakterlichen Kapriolen von liebevoll mitfühlend bis unheimlich bedrohlich (Thorsten Legat, um nur einen zu nennen). Bei Helena Fürst ist es dieses Mal anders herum. 

 

Respekt ist dabei ein Stichwort, das vor allem Hobbyphilosoph David Ortega ("Es geht hier um Respekt!") und Botox-Fan Sophia Wollersheim wichtig ist ("Du hast mich unterbrochen, das heißt, du hast kein Respekt vor mir!"). Vergesst Work-Life-Balance, hier liegt der Schlüssel zur Generation Y: Respekt, Alter. Beim Lästerfest am Lagerfeuer mit Busenfreundin Jenny lässt Sophia davon allerdings auch nicht mehr viel spüren.

Gunter Gabriel reagiert zunehmend genervt auf solche Kinkerlitzchen, und wir geben ihm da jetzt mal recht. Der Mann mit Lebenserfahrung ist sich mit Blick auf Ortega sicher: "Als ich 30 war, war ich nicht so bekloppt wie er." Autsch. Als Gabriel mal jung war, so viel wissen wir nun, hat er sich dafür mit Prostitutierten abgegeben und auch zwischendurch in einer "Beklopptenanstalt" Halt gemacht. Ortega ist entsetzt: "Der kam mal in 'ne Klinik für Psychopathen oder so!", erzählt er im Off. Akustisch und logisch ist die Geschichte nur schwer nachzuvollziehen - irgendwann waren auch mal ein Revolver, ein Weizenfeld und ein Polizeihund im Spiel. Gelitten hat Gunter jedenfalls. Nur Sophia kann diese Abgründe nicht nachvollziehen.

"Was willst du tun, um glücklicher zu sein?", fragt unterdessen im anderen Base Camp Psychopath, äh, Psychotherapeut Thorsten Legat den kleinen Menderes. Der weicht aus und erzählt lieber von seiner Krankheit, deren lateinischen Namen Helena Fürst auf Anhieb identifiziert: "Irgendwas mit Darm." Kurz darauf sehen Thorsten ("Du liegst mir am Herzen!") und Helena ("Du darfst nicht zurücksehen") aus, als wollten sie den Buben gleich adoptieren. Lauf, Junge, lauf!!!

So viel zu den Höhepunkten im psychologischen und zwischenmenschlichen Bereich.

Tatsächlicher Höhepunkt: Trotz neuerlichen Seelenstriptease-Vorstellungen am Abend kommen die schönsten Szenen gleich zu Beginn und behandeln ein menschliches Grundbedürfnis. Thorsten Legat legt los und schult das Snake Rock Camp in Sachen Klobrillen-Hygiene, deren Anforderungen vor allem Camp-Opi Rolf Zacher wohl nicht entspricht (die Unterhose auf dem Kopf war ein erster Hinweis). "Das ist ekelhaft hier! ICH setz mich immer hin! Wer bei mir zuhause im Stehen pinkelt, der fliegt sofort raus!", röhrt Legat, der seinen Besuch üblicherweise noch während dessen Anwesenheit darauf zu kontrollieren scheint. Hui. Das hätte man so nicht erwartet.

Schnitt: Im gegnerischen Base-Camp herrscht dagegen lauschige Einigkeit am stillen Örtchen. "Achtung, Achtung, fertig, los! Ooooh mein Gott. Ohhh Hilfe...", kommentiert Gunter Gabriel seine Verdauung und hört beim Geschäft die Wälder rauschen. Ricky steht derweil ganz in der Nähe zur Unterstützung bereit, sollte diese gewünscht und notwendig werden: "Alles in Ordnung? Nimm dir Zeit!" Auf dem gemeinsamen Rückweg von Abort Richtung Camp trällert der Mann mit der Neudefinition des Vokuhila auf dem Kopf "I hear the whole world singing". Wow.

Tiefpunkt: Das sogenannte große Kribbeln. Die Dschungelprüfung dieses Namens zieht sich eine gefühlte Ewigkeit. Jenny versus Helena, Spinnen, Schlangen, Ratten. Alles schon mal gesehen, die Damen bleiben durchweg stoisch ungerührt, und am Ende verliert, na klar, Helena. Immerhin bekommt deren harte Schale weitere Risse. Das zitternde Kinn hielt man zunächst noch für eine allergische Reaktion auf die fünf Kilo Kakerlaken und Skorpione, die sich zuvor über sie ergossen hatten, doch am Ende fließen tatsächlich die Tränen: "Ich bin auch nur ein Mensch." Hm.

Beste Sprüche:

"Ich will wissen, wo ein Thorsten Legat Grenzen hat!" (Thorsten Legat, der unbedingt mal eine Dschungelprüfung machen will)

"Du bereitest dich vor, aber der Vulkan kommt nicht raus!" (nochmal Thorsten Legat, der unbedingt mal eine Dschungelprüfung machen will)

"Ich hab mir das zu Herzen genommen. Wenn das Event vorbei ist, weiß ich, was zu tun ist." (und nochmal Thorsten Legat, der sich von Jürgen respektlos behandelt fühlt. Wir hoffen, er weiß nicht, wo der Jürgen normalerweise wohnt)

"Achtung, Achtung, fertig, los!" (Gunter Gabriel feuert seinen Darm an)

"Du armer Hund!" (Gabriel zu Ortega) "DU armer Hund! Und nenn' mich nie wieder Hund." (Ortega zu Gabriel)

"Was ist ein Moderator?" (Philosophischer Denkanstoß von David Ortega, den er diesmal leider nicht selbst auflöst)

"Lästern ist nichts anderes, als über Dinge zu sprechen, die faktisch sind." (Sophia Wollersheim)

"Da sind schon viele Junkies auf einem Haufen." (Jenny Elvers)

Peinlichster Moment: Deckt sich, wie so oft, mit dem Höhepunkt der Sendung.

Dschungelbewohner des Tages: Gunter Gabriel. Ein bisschen "Mürri" muss sein.

Muss raus: Bis fünf Minuten vor Mitternacht ging das Voting an Ex-GNTM-Kandidatin Nathalie (ja, die ist auch noch dabei), die den armen Menderes für seinen Seelenstriptease abkanzelte, weil sie schlicht die passende Gelegenheit für ihren eigenen suchte. Extrem unlustig ist sie obendrein. Dann aber grätscht Ricky dazwischen, der anfangs noch mit seinem Liedchen für Gunter entzückte, sich dann aber als knallharter Ego-Shooter entpuppt, der höchstens in auf-Leben-und-Tod-Situationen darbende Mitmenschen von seinem Tellerchen naschen lassen würde. Und selbst das ist nicht gesichert.

Spassfaktor: Zwei von fünf Dschungelsternen. Statt aufgepumpten 105 hätten der Kolumnistin 20 Minuten rund ums Dschungelklo und Gunters Gute-Nacht-Geschichten vollauf genügt.

Hier geht es zur Kolumne von Tag 3, Tag 2 und Tag 1.