Gewonnen hat ein anderer, aber trotz des zweiten Platzes beim DTB-Pokal in der Stuttgarter Porsche-Arena ist Fabian Hambüchen von Stuttgart begeistert – und Stuttgart von ihm.

Sport: Gerhard Pfisterer (ggp)

Stuttgart - Oben bleiben, einfach nur oben bleiben. Das Rezept zum Sieg ist am Ende ganz einfach gewesen für Oleg Wernjajew. Der Ukrainische Meister hatte an den anderen fünf Geräten so stark geturnt, dass er am Sonntag zum Abschluss des Weltcupturniers im Rahmen des 31. DTB-Pokals in der Stuttgarter Porsche-Arena am Reck nur noch einen Absturz vermeiden musste. Das gelang ihm mit Bravour. So ging der erste Platz – und die Prämie in Höhe von 15 000 Schweizer Franken (12 180 Euro) – an den 20-Jährigen.

 

„Ich habe gelitten. Denn bei den Weltmeisterschaften war es ja am Reck bei mir schief gegangen“, sagte Oleg Wernjajew. Er gewann mit 92,165 Punkten vor Fabian Hambüchen (90,264) und dem Briten Daniel Purvis (89,931). Andreas Toba (86,864), der zweite Deutsche im achtköpfigen Starterfeld, wurde Sechster. „Ich kam immer besser in den Wettkampf rein, es hat Riesenspaß gemacht zum Schluss“, sagte der frenetisch bejubelte Fabian Hambüchen. „Stuttgart ist einfach ein tolles Pflaster fürs Turnen und für mich.“

Bei den Frauen turnte sich am Samstag eine Athletin aus den USA in den Mittelpunkt. Elizabeth Price gewann wie schon im vergangenen Jahr den mit insgesamt 50 000 Schweizer Franken (40 600 Euro) dotierten Auftaktwettkampf der vierteiligen Weltcupserie in Stuttgart. Die Deutsche Meisterin Elisabeth Seitz aus Mannheim, im Vorjahr noch auf Rang zwei, kam nicht über Platz sieben hinaus.

Hambüchen fühlt sich entspannter und mental stärker

Fabian Hambüchen, der Oleg Wernjajew bei der Siegerehrung erst einmal erklären musste, was der ihm gerade überreichte Adventskalender ist, präsentierte sich dagegen gestern in einer Topverfassung. Und das, obwohl er seit Oktober 2012 nebenbei studiert. Doch der Weltmeisterschaftsdritte steckt die Doppelbelastung bestens weg. „Die Sporthochschule in Köln unterstützt mich super“, sagte der 26-Jährige. „Ich kann mir alles zeitlich zurechtlegen, den Stundenplan so zusammenbauen, wie ich es brauche, damit ich morgens und nachmittags trainieren kann.“

Er fühlt sich trotz der zusätzlichen Belastung entspannter und mental stärker als je zuvor, was sich auch auf der Turnfläche bemerkbar macht. „Ich merke, wie mir die neue Umgebung und das Studium guttun“, sagte der Deutsche Meister. „Das ist ein toller Ausgleich. Ich mache mich nicht mehr unnötig verrückt.“

Seine WM-Bronzemedaille im Oktober war sein größter Erfolg bei Weltmeisterschaften im Mehrkampf seit seinem zweiten Platz 2007 in Stuttgart. Damals war er noch der Harry Potter des Turnens. Andere nannten ihn Turnfloh oder den kleinen Turnprofessor. Seine Brille hat er mittlerweile abgelegt – und auch diese Beinamen ist er los. Endlich: „Ich habe nichts gegen die Namen, aber ich bin jetzt 26. Solche Spitznamen braucht man jetzt echt nicht mehr über mich schreiben.“

„Superjeilezick“

Der Wahl-Kölner legte gestern, ständig begleitet von dem Lied „Superjeilezick“ der Kölner Mundartband Brings, gleich gut los. 15,133 Punkte erhielt er für seinen Vortrag am Boden. Am Pauschenpferd (14,266) und an den Ringen (14,866) kam er ganz gut durch und begann dann am Sprung mit dem Bestwert von 15,100 Zählern seine Aufholjagd. Nach einer kämpferischen Darbietung am Barren (14,933) zeigte der 1,63 Meter große Hesse am Reck eine Spitzenübung und überholte mit der Tageshöchstnote (15,966) noch zwei Konkurrenten in der Gesamtwertung.

Dem Anspruch, die besten acht Turner der vorangegangenen WM im Weltcup an den Start zu bringen, wurde das Turnier in Stuttgart auch dieses Jahr nicht gerecht; drei waren da. „Das braucht viel Zeit in der Überzeugungsarbeit. Wir sind aber schon ein ganzes Stück weitergekommen“, sagte Wolfgang Willam, der zugleich Sportdirektor des Deutschen Turner-Bundes und Exekutivmitglied im Weltverband Fig ist.

Es gibt Überlegungen, die vier Turniere in Stuttgart, Glasgow, einer wechselnden Stadt in den USA sowie Tokio in die Olympiaqualifikation einzubinden – und sie nacheinander im Februar und März auszutragen. Das würde für den dreitägigen DTB-Pokal, zu dem heuer insgesamt 17 000 Zuschauer kamen, von 2017 an eine Verlegung bedeuten, vom Herbst ins Frühjahr. „Wir sind nicht auf einen starren Termin fixiert“, sagt der Stuttgarter Cheforganisator Jörg Hoppenkamps. „Für uns steht über allem die Zielsetzung, eine attraktive Plattform für das Turnen zu bieten – wir werden uns der Termindiskussion nicht verschließen.“