Der Präsident ist neu, die Probleme sind die alten: Der Sparkurs der Dualen Hochschule stößt immer mehr auf Proteste. Auch ein Rektor sagt nun, was Wissenschaftsministerin Bauer bisher bestreitet: trotz Hochschulpakt sei die DHBW immer noch unterfinanziert.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Wenige Wochen nach dem Führungswechsel von Reinhold Geilsdörfer zu Arnold van Zyl wächst an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) die Unruhe. Professoren, Beschäftigte und Studierende artikulieren immer lauter ihre Sorgen wegen der Finanzkrise der DHBW. Dabei gerät vor allem der von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) ausgehandelte Hochschulfinanzierungsvertrag in die Kritik. Dieser habe die chronische Unterfinanzierung der in den vergangenen Jahren stark gewachsenen Hochschule nicht beseitigt, sondern vielmehr zementiert, heißt es. Offiziell weisen Bauer, der Aufsichtsrat und das Präsidium der DHBW das noch zurück. Intern wird nach StZ-Informationen aber zunehmen eingeräumt, dass die Hochschule strukturell unterfinanziert sei.

 

Foto: DHBW
Besonders groß ist der Unmut an der DHBW Mannheim, wo noch massiver als an anderen Standorten gespart werden muss. Zahlreiche Beschäftigte haben sich diese Woche mit einem geharnischten Protestbrief, der auch an anderen Studienakademien unterstützt wird, an Ministerin Bauer gewandt.

Darin wird beklagt, dass alleine in Mannheim knapp 60 Mitarbeiter ihren Job zu verlieren drohten. Die Arbeitsplätze würden geopfert, um die fehlenden Mittel für Sachausgaben und Investitionen zu generieren. „Wir werden somit gegen unsere eigene Arbeitsausstattung ausgespielt.“ Als Folge drohten neben Qualitätseinbußen ein verschlechtertes Betriebsklima und nachlassende Motivation.

Vor der Landtagswahl wird die Krise brisant

Vordergründig würden „angeblich unvorhersehbare finanzielle Probleme“ als Ursache genannt, tatsächlich sei der Sparkurs eine Folge des Hochschulfinanzierungsvertrages. Dieser sei „für die DHBW katastrophal gescheitert“ und führe dazu, dass viele befristet beschäftigte Mitarbeiter keine Perspektive mehr hätten. „Wir fühlen uns von der Hochschulpolitik und von unserem Präsidium verraten und verkauft“, schreiben die Verfasser. Es sei schwer erklärbar, warum die auch an anderen Standorten bestehenden Probleme nicht früher bemerkt und angegangen worden seien. Ohne zusätzliche Mittel, die Bauer bisher verweigert, werde die DHBW nicht aus der Krise kommen.

Unterstützt wird der Protest von etwa 700 Unterzeichnern an verschiedenen Standorten. Zuvor soll es erfolglose Versuche gegeben haben, die Verbreitung des Schreibens zu verhindern. Kurz vor der Landtagswahl gilt die Krise als zunehmend politisch brisant. Die Grünen-Ministerin Bauer versucht sie ebenso kleinzuhalten wie die Kanzlerin der DHBW, Gisela Meister-Scheufelen, die als CDU-Kandidatin für ein Ministeramt gehandelt wird. Intern zeigt sie sich inzwischen problembewusst.

Der Hochschulpakt – Problem oder Lösung?

Das Ministerium, der Aufsichtsrat und das Präsidium reagierten umgehend mit einer gemeinsamen Stellungnahme auf das Schreiben aus Mannheim. Darin heißt es zwar, man nehme die Sorgen der Mitarbeiter und Studierenden in Mannheim „sehr ernst“. Keineswegs müssten alle befristet Beschäftigten um die Verlängerung ihrer Verträge bangen. Allerdings sei im Interesse der Steuerzahler auch darauf zu achten, dass die Budgets eingehalten würden. Mannheim könne nicht zu Lasten von Standorten geholfen werden, die besser gewirtschaftet hätten. Die Probleme dort spielten aber eine „bedeutende Rolle“ bei der Finanzplanung der DHBW, die man derzeit gemeinsam erörtere; bis zum Sommer solle ein „Fahrplan“ vorliegen.

Die Probleme seien keineswegs durch den Hochschulfinanzpakt entstanden, wird in der Erklärung betont. Dieser habe vielmehr auch für die DHBW „entscheidende Verbesserungen“ gebracht – durch die Verstetigung temporär gewährter Mittel, aber auch durch zusätzliches Geld.

Weckruf vom Stuttgarter Rektor

Dem widerspricht der Rektor der DHBW Stuttgart, Joachim Weber. Letztlich habe der Hochschulpakt „keine bemerkenswerte Erhöhung der finanziellen Mittel“ gebracht, schrieb er in einem Rundbrief zum Semesterende; die erhoffte Anerkennung der als „Überlast“ erbrachten Mehrleistung sei ausgeblieben. Vor der jetzt eingetretenen Situation habe man seit Jahren „kontinuierlich und nachdrücklich gewarnt“, aber kein Gehör gefunden, bedauerte Weber. Nun sei seine Sorge, „dass wir um jeden Preis demonstrieren müssen, wie wir ein voll beladenes, auf momentan drei von vier einigermaßen funktionierenden Rädern rollendes Auto auch nur auf einem oder zwei funktionierenden Rädern zum Ziel fahren können“; dieses „Kunststück“ werde wohl nicht gelingen.

Webers Ansicht wird DHBW-intern vielfach geteilt, auch im Kreis der Rektoren. Das Wissenschaftsministerium wollte auf Anfrage nicht dazu Stellung nehmen.