Durchbruch im Streit um Stuttgart 21: Gegner und Befürworter des Projekts wollen die Schlichtung mit inhaltlichen Themen fortzuführen.

Stuttgart - Nach monatelangem Streit um Stuttgart 21 haben sich Gegner und Befürworter am Freitag erstmals an einen Tisch gesetzt und nach einer Verständigung gesucht. Trotz weiter bestehender Differenzen beschlossen sie eine Fortsetzung der Schlichtungsgespräche am kommenden Freitag - dann öffentlich und nicht mehr hinter verschlossenen Türen wie zum Auftakt. Allerdings stieg die Gruppe der Parkschützer aus, weil es den Gegnern nicht gelungen ist, einen Baustopp während der Vermittlung zu erreichen.

Nach dem ersten Spitzengespräch sagte der Vermittler Heiner Geißler am Freitag in Stuttgart: "Wir sind zu einem gemeinsamen Ergebnis gekommen, dass wir diese Schlichtung machen wollen." Das Motto sei: "Alles auf den Tisch, alle an den Tisch." In der Frage, ob es eine Bauunterbrechung gibt, einigten sich die beiden Seiten auf einen Kompromiss. Die Initiative "Parkschützer" will diesen aber nicht mittragen. Bahn und Politik wollten die Bürger "mit Angeboten abspeisen, die unannehmbar sind", sagte der Sprecher der Gruppe, Matthias von Herrmann. So solle es für das Grundwassermanagement weiter massive Erdarbeiten im Schlossgarten geben.

Knapp sechs Stunden dauerten die Verhandlungen am Freitag, wobei die Projektgegner teilweise alleine berieten. Streitpunkt war die Frage, ob die Bahn die Vorarbeiten für die Grundwasser-Regulierung des neuen Tiefbahnhofs während der Vermittlung fortsetzen darf. Der Kompromiss: Die Erdarbeiten dürfen fortgesetzt, Rohre verlegt und die Baustelle kann frostsicher gemacht werden. Im Gegenzug verzichtet die Bahn zunächst darauf, das Fundament zu betonieren. Der frühere CDU- Generalsekretär Geißler nannte die Einigung einen "wichtigen Beitrag zur Befriedung".

Verkehrs- und Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) zeigte sich erfreut über die Verständigung: "Wir sind der festen Überzeugung, dass wir die guten Argumente auf unserer Seite haben." Für die Träger des Projekts - einschließlich Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) - sei es sehr wichtig gewesen, dass es "keine dauerhafte oder verlängernde Störung" der Bauarbeiten vor allem bei der Regulierung des Grundwassers gibt.

Das Aktionsbündnis zeigte sich enttäuscht darüber, dass ein völliges Aussetzen der Bauarbeiten nicht möglich war. Das Bündnis sei aber für die Schlichtung, damit die "Wahrheit endlich auf den Tisch kommt", sagte sein Sprecher Hannes Rockenbauch. Bei den Gesprächen dürfe es keine Tabus geben. "Danach können die Menschen selbst entscheiden, ob sie das Projekt wollen." Ob dieser Weg ein Volksentscheid sein soll, sei noch nicht klar.