Dustin Brown hat am Donnerstagabend Rafael Nadal in Wimbledon geschlagen. Wer ist der Lebens- und Tenniskünstler aus Norddeutschland und was kann da noch kommen?

London - Wenn die Tenniskarawane über die grünen Rasenfelder zieht, dann taucht er alle Jahre wieder mit einem besonderen Coup auf – Dustin Brown (30), Akrobat schööön, Trickspieler, Zirkuskünstler, gelegentlich auch Sensationsdarsteller. Am Donnerstagabend warf er den früheren Weltranglisten-Ersten Rafael Nadal aus dem Turnier.

 

Es war nicht Browns erster Coup. Vor zwei Jahren katapultierte er, der „Germaican“ mit deutscher Mutter und jamaikanischem Vater, in einem mitreißenden Zweitrundenspiel den alten australischen Heroen Lleyton Hewitt aus allen späten Wimbledon-Träumen. 2014 schlug der Artist mit den wehenden Rastazöpfen dann den neunmaligen French-Open-Champion Rafael Nadal in Halle – und nun, zwölf Monate später, schlug der Tennisexot eben jenen Matadoren aus Mallorca erneut, in der zweiten Grand-Slam-Runde.

Der Lebenskünstler und Paradiesvogel aus Winsen an der Aller gegen den Träger von 14 Grand-Slam-Titeln, es wurde am vierten Tag der Ausscheidungswettkämpfe zum Kracher und Knüller im All England Club. Schon vor dem Match ahnte Nadal, was auf ihn zukommt: „Brown ist ein Spieler, der in kein Schema passt. Ein ganz gefährlicher Gegner, unberechenbar und immer für eine Überraschung gut.“ Wahre Worte.

Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt

Tatsächlich weiß niemand so genau, woran er mit Brown ist, auch Brown selbst nicht. Gern schwankt der Deutsch-Jamaikaner zwischen himmlischen und höllischen Auftritten, Glanz und Elend wechseln sich hartnäckig ab. Doch in seinen besten Momenten sorgt er wie kaum ein anderer, wie vielleicht sonst nur der französische Star Gael Monfils für die Aaahs und Ooohs – mit Traumschlägen und Zaubereinlagen, die in keinem Lehrbuch stehen.

Brown spielt dann ohne Plan, ohne Vorsatz: „Das passiert einfach instinktiv“, sagt der 30-Jährige, der sich in diesem Jahr wieder über die holprigen Qualifikationsplätze von Roehampton ins Wimbledon-Hauptfeld durchschlug – so wie auch vor zwei Jahren, als er später den Ex-Champion Hewitt bezwang. „Dustin ist eine Attraktion, ein Spieler, der die Fans begeistert und mitreißt“, sagt Ralf Weber, der Chef des ATP-Turniers von Halle, „er bietet echtes   Entertainment auf dem Platz.“  

Einst im Campingwagen unterwegs

Brown, der in jungen Jahren mit einem Campingwagen von Turnier zu Turnier zog, des fehlenden Geldes wegen, ist kein Weltmeister der Stabilität und Kontinuität. Immer wieder mal war er drauf und dran, in die internationale Spitze durchzubrechen, doch dann, so sagt Brown, „fehlte der letzte, entscheidende Kick.“ Und die Konstanz auf hohem Niveau, die die Stars der Szene auszeichnet. So musste er auch in diesem Jahr wieder ins Bewerbungsrennen für Wimbledon, logierte in der Qualifikation „mitten im Nirgendwo“, weit weg von allen anderen Berufskollegen aus Deutschland.

Im Hauptfeld angekommen, die sicheren 37 000 Euro in der Tasche, gönnte er sich dann zur Abwechslung und Belohnung einen kleinen Luxus und mietete sich noch schnell ein Haus an.  Vielleicht kann er da noch ein bisschen länger bleiben nach dem Sieg gegen den gesunkenen Großmeister Nadal.

Als Brown gefragt wurde, ob Nadals Aura in Profikreisen beschädigt sei, schüttelte er etwas unwirsch den Kopf: „Wenn du auf Challengerturnieren spielst, so wie ich viele Wochen, dann hast du keine Zeit, über die fehlende Aura von Nadal nachzudenken.“ Und überhaupt, sagt Brown: „Da wird doch viel Quatsch geredet. Er ist ein großer Champion, einer der härtesten Gegner.“