Eine neue DVD bietet Hilfestellung im Umgang mit Medien. Prominente wie Caren Miosga und Sascha Lobo haben im Auftrag der Bundeszentrale für politische Bildung an dem Lernprojekt für Jugendliche und deren Eltern mitgewirkt.

Stuttgart - Eigentlich besteht ziemlich akuter Handlungsbedarf. Denn während sich um sie herum eine umfassende technologische und mediale Revolution abspielt, die ihre Zukunft bestimmen wird, leben viele Heranwachsende in einer Umwelt, die ihnen nicht ausreichend hilft oder helfen kann, mit all den Freiheiten und Herausforderungen umzugehen, die da auf sie einstürmen.

 

Wie geht ein Pubertierender mit den virtuellen Metzeleien in vielen Computerspielen um? Wie soll ein junges Mädchen die meist alles andere als jugendfreien Inhalte einordnen, die sie auf ihrem Handy permanent in die sozialen Netzwerke hochgespült bekommt? Und welchen Informationen kann man in Zeiten völlig unüberschaubar gewordener Übertragungswege überhaupt trauen?

Sich vor solchen Fragen weg zu ducken geht längst nicht mehr: Über dreieinhalb Stunden nutzen 14- bis 29-Jährige im Schnitt derzeit das Internet, sie schauen an PC, Laptop oder Smartphone Filme, TV, sie chatten oder posten Neuigkeiten und Fotos bei Facebook. Und weil die meisten Schulen und Freizeiteinrichtungen derzeit nicht auch nur ansatzweise darauf vorbereitet sind, ihnen Grundkenntnisse über die virtuelle Welt und deren Funktionsmechanismen zu vermitteln, ihnen kritisches Bewusstsein beizubringen und sozusagen in ihrer neuen, zweiten Heimat, dem Internet, Wegweiser aufzustellen, hat jetzt die Bundeszentrale für politische Bildung einen guten Vorstoß unternommen.

Medienthemen in der Diskussion

„Faszination Medien“ heißt die multimediale und interaktive Lern-DVD, die von Medienpädagogen gemeinsam mit der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen und in Zusammenarbeit mit der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf entwickelt wurde, und künftig im schulischen Alltag ab der 7. Klasse, in der Freizeitarbeit, aber auch in Familien genutzt werden kann. Sie soll, selbst ein mit technischen Mitteln aufbereitetes Produkt, die Auseinandersetzung mit allen aktuellen medialen Erscheinungsformen erleichtern, von Reality-TV bis zu Online-Communities.

Außerdem werden virulente Medienthemen, zu denen jeder eine Haltung finden muss, Sexualität und Intimität etwa, oder Fremd- und Selbstinszenierung im Netz, aufbereitet und zur Diskussion gestellt, unter anderem durch Filmbeispiele, Texte und Video-Interviews mit Medien-Experten, Mediennutzenden, Medien-Forschenden und Medien-Stars.

Neben vielen anderen Prominenten haben der Filmemacher Lars Kraume, der Blogger Sascha Lobo und die Moderatorin Caren Miosga bei dem Projekt mitgewirkt. Es soll, so die Verantwortlichen, weil inzwischen für jeden Menschen eine tiefgreifende Medienkompetenz notwendig ist, grundsätzliches Wissen darüber vermitteln, aber auch die Kritikfähigkeit und „ein Reflektieren des eigenen Umgangs mit Medien“ befördern.

Gedanken über die Privatheit

Das ist durchaus als Anstiftung zum gesellschaftlichen Diskurs gedacht, sowie als Möglichkeit, die Mechanismen der eigenen Mediennutzung zu verstehen und zu überprüfen. „Kinder und Jugendliche sollten erkennen, wie Medien den individuellen Alltag und die Gesellschaft mit beeinflussen“, erklärt die an „Faszination Medien“ beteiligte Wissenschaftlerin Brigitte Zeitmann dazu. Sich rechtzeitig eigene Gedanken darüber zu machen, was zum Beispiel Privatheit bedeutet, wie viel Öffentlichkeit man für sein eigenes Leben zulassen möchte, wo Anstandsgrenzen auch im virtuellen Miteinander gelten, kann ja inzwischen schon für 13-Jährige, die Bikinifotos von sich posten möchten, oder einen Klassenkameraden durch bösartige Kommentare mobben, von lebenslanger Bedeutung sein. Und unter Umständen ebenso für deren Eltern, die auch für sie neue Foren wie Facebook teilweise aus Unverständnis dazu nutzen, sich permanent zum Hanswurst zu machen.

Eine große Bedeutung wurde von den Machern auch der Beschäftigung mit Gewalt in den Medien beigemessen. Geht es gerade bei Jungs um Angstlust oder den Reiz des Verbotenen, wenn sie in manchen Computerspielen im Sekundentakt virtuell töten? Welche Rolle spielt die Ästhetik der Gewaltszenen in Kinofilmen und TV-Serien für die immer weiter ansteigende Faszination, die sie auf ein bestimmtes Publikum ausüben? Und welche Auswirkungen hat das auf ihr Leben?

Die zahlreichen Experten aus verschiedenen Institutionen und Bereichen geben hier keine schnellen Antworten, und sprechen keine Verbote aus. Stattdessen versuchen sie, durch Aufklärung bei den jungen Menschen ein einigermaßen selbstbestimmtes Handeln inmitten der uns umgebenden Datenflut zu fördern. Nachahmer dringend gesucht!