Die heimische Bibliothek handlich im Griff, dazu Zugriff auf Buchangebote im Netz – E-Book-Reader versprechen flexiblen Zugriff auf Literatur und augenfreundliches Lesevergnügen. In ihren Leistungen unterscheiden sie sich aber.

Stuttgart - Es gibt Menschen, die packen vor dem Urlaub mit Hingabe eine Bücherkiste. Das sind Menschen, die wissen, was sie lesen wollen und wie viel sie lesen werden. Sie wollen frei sein, ein Buch nach der Lektüre zu verleihen oder zu verschenken. Zum Lesen gehört für sie untrennbar das Umschlagen papierener Seiten.

 

Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die im Urlaub für jede spontane Idee offen sein wollen. Sie packen ihre gesamte Bibliothek samt einem Buchladen mit 24-Stunden-Öffnungszeit ein. Das elektronische Bündel passt in jede mittelgroße Handtasche und eignet sich nicht nur für den Urlaub mit ausreichend Platz im Kofferraum, sondern auch für Flug- und Rucksackreisen. Selbst am Strand müssen sie auf nichts verzichten. Zu ihnen gesellt sich die wachsende Gruppe derer, die im letzten Urlaub eine Bücherkiste bei sich hatten und im nächsten Urlaub die elektronische Variante ausprobieren möchten.

E-Book-Lesern bietet der Markt inzwischen eine breite Palette von Möglichkeiten, Bücher elektronisch zu kaufen und auf einem elektronischen Gerät zu lesen. Jeder Computer eignet sich zum Lesen von E-Books; bequemer geht es auf einem Tablet-Computer, und der Buchhändler Amazon bietet sogar eine Lese-App für das Smartphone an.

Den Akku belastet nur das Blättern

Optimal für das mobile Lesen sind aber, neben dem papierenen Buch, spezielle E-Book-Lesegeräte, deren Bildschirmen meist die Technik der elektronischen Tinte zugrunde liegt, englisch kurz E-Ink. Sie zeigen kontrastreich schwarze Schrift auf einem Hintergrund in dem Weiß leicht getönter Recyclingpapiere. Da die Technik der E-Ink den Akku nur beim Blättern belastet, kann man nach einem aktuellen Vergleichstest der Computerzeitschrift CT sogar im Urlaub das Netzgerät – das manche Anbieter teuer getrennt verkaufen – zu Hause lassen, vorausgesetzt, man verzichtet auf die Hintergrundbeleuchtung per LED, die bei einigen neueren Geräten eingebaut ist und das Lesen auch im Dunkeln erlauben soll.

Die Preise sind einsteigerfreundlich: bei rund 60 Euro geht es los, und selbst Spitzengeräte bekommt man für weniger als 200 Euro. Wer will, kauft das Lesegerät, den sogenannten E-Book-Reader, in der Buchhandlung seiner Wahl. Zumindest die großen bieten Geräte an – der Online-Buchhändler Amazon sein Eigengewächs Kindle, das Stuttgarter Buchhaus Wittwer und der Tübinger Buchhändler Osiander das Pocketbook, Hugendubel und der Online-Buchhändler bol.de den Reader 4, den auch Thalia neben Produkten von Bookeen anpreist. Außerdem auf dem Markt vertreten sind die Anbieter Sony und Kobo, letzterer mit eigenem Online-Buchladen, ersterer mit einem Zugang zu ebook.de, dem früheren libri.de. Mit allen Lesegeräte kann man auch in anderen Online-Buchläden kaufen, nur der Kindle hängt fest an Amazon. Zum Ausprobieren lassen sich auch kostenlose Angebote im Netz nutzen.

Hilfe bei der Auswahl des richtigen Geräts kommt von unerwarteter Seite: der Stuttgarter Stadtbibliothek. Dort gibt es nämlich nicht nur die Ausleihe klassischer Bücher, sondern auch die „Onleihe“. Die Bibliothek gibt auf www.onleihe.de/stuttgart eine kompakte Übersicht über die Voraussetzungen, die ein Lesegerät erfüllen sollte, das nicht nur an einen Anbieter gebunden ist wie der Kindle. Das Gerät muss demnach das Dateiformat Epub unterstützen (was der Kindle nicht tut), und das Rechte-Schutzsystem Digital Rights Management (DRM), das den Zugang zu Büchern von einer Lizenz abhängig macht. Zum Verwalten DRM-geschützter Bücher auf dem PC wird zudem die Software Adobe Digital Editions gebraucht, die es für Windows- und Apple-Computer gibt, nicht aber für das Betriebssystem Linux.

Kindle oder nicht?

Wer einen Kindle kauft, bindet sich also unabänderlich an Amazon. Das muss kein Nachteil sein. Wer nichts dagegen hat, dass ein internationaler Konzern seine Käuferdaten für die Werbung auswertet, bekommt ein Geräte mit scharfer Anzeige, gutem Buchangebot und der besten Beleuchtung – so das Fazit von CT. Die größere der beiden Kindle-Varianten mit dem Namen Paperwhite bekommt man sogar nicht nur mit WLAN-Zugang ins Internet, sondern auch mit der Mobilfunktechnik UMTS. Die erlaubt kostenlosen Zugriff auf Amazons Buchläden in 100 Ländern.

Wer die digitale Lesetechnik ausprobieren will, ist schon für weniger als 100 Euro dabei. In dieser Preisklasse muss man aber mit einer Überraschung rechnen: Auch in Zeiten der Wisch-und-Tipp-Bildschirme gibt es noch E-Book-Reader, die sich nur mit Tasten steuern lassen. Dafür bekommt man kleinere und damit sehr handliche Geräte. Auf der anderen Seite der Skala liegen Reader, die sich gut bedienen lassen, relativ schnell reagieren und Zusatzfunktionen bieten wie etwa der Kobo Glo oder der Sony Reader PRS-T2, auf dem man mit einem Stift handschriftliche Anmerkungen machen kann. Normalerweise erlauben die Geräte das Lesen von Dokumenten in unterschiedlichen Formaten. Das Standardformat PDF sollte unbedingt dabei sein; manche Geräte können einfache PDFs sogar für ihren Bildschirm neu umbrechen.

Das Blättern sollte man mit dem Gerät seiner Wahl ausprobieren: Es dauert manchmal die entscheidenden Sekundenbruchteile zu lang. Und eine lästige Eigenschaft hat die E-Ink: Nach dem Blättern bleibt ein Schatten der vorherigen Seite. Die Geräte schalten deshalb nach dem Blättern immer mal wieder kurz auf schwarz und zurück auf weiß. Dieses Flackern ist nicht jedermanns Sache.

Elektronisches Papier

Prinzip
Mit elektronischem Papier, das im Idealfall auch biegsam sein soll wie Papier, wird seit den siebziger Jahren experimentiert. Bildschirme, wie sie in E-Book-Readern verwendet werden, bestehen im Prinzip aus kleinen Kügelchen, die eine weiße und eine schwarze Seite haben. Elektronische Impulse können die Kügelchen drehen. So entsteht Schrift, deren Pixel man auf guten Schirmen nicht sieht.

Vorteile
E-Ink-Bildschirme leuchten nicht selbst und wirken daher auf die Augen angenehm wie Papier. Auch bei Sonnenlicht bleiben sie lesbar. Eine Beleuchtung kann den Kontrast verbessern und das Lesen im Dunkeln möglich machen. Ein statisches Bild braucht im Unterschied zu Computermonitoren keinen Strom. Beim Blättern kann ein störender Schatten der vorigen Seite übrig bleiben. Das bekämpfen die Hersteller durch kurzes Umschalten auf Schwarz und wieder Weiß.

Tablet-Computer
E-Book-Reader haben ähnliche Formate wie Tablet-Computer. Wer nur gelegentlich elektronisch lesen will und ein Tablet besitzt, braucht keinen Reader. Die Nachteile: der Akku hält weniger lang, im Freien stören helles Licht und die spiegelnde Oberfläche des Tablets.