Die frühere Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) wollte verhindern, dass ihre Mails rund um den Polizeieinsatz vom 30. September 2010 veröffentlicht werden. Mit diesem Vorstoß ist sie jetzt vor Gericht gescheitert.

Sigmaringen/Stuttgart - Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat die Klage der früheren Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) gegen eine Veröffentlichung ihrer E-Mails zurückgewiesen. „Die Begründung des Urteils steht noch aus“, sagte Gerichtssprecher Otto-Paul Bitzer am Mittwoch. Das werde auch noch ein paar Wochen dauern. Gönner kann gegen das Urteil Berufung beim Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Baden-Württemberg einlegen.

 

Gönner hatte - wie ihr damaliger Amtschef Bernhard Bauer - Klage gegen die Veröffentlichung ihrer Mails rund um den Polizeieinsatz gegen Gegner des Bahnprojekts Stuttgart 21 im Herbst 2010 eingereicht. Sie wollte die Herausgabe an den laufenden Untersuchungsausschuss im Landtag zum eskalierten Einsatz am „Schwarzen Donnerstag“ verhindern. Damals waren nach Angaben des Innenministeriums 164 Menschen verletzt worden.

Die CDU-Politikerin hatte sich dabei auf eine Entscheidung des VGH Baden-Württemberg zu Mails des früheren Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) bezogen. Der VGH hatte den Anspruch auf Löschung nach dem Landesdatenschutzgesetz bestätigt - nach der Übergabe der Dokumente an das Landesarchiv. Im Fall Mappus ging es primär um den Datenschutz. „Hier ging es aber auch um den Umfang der Rechte des Untersuchungsausschusses - das war bei Mappus unerheblich“, sagte ein Sprecher des Verwaltungsgerichts zum aktuellen Urteil. Gönner führt seit 2012 die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) mit Sitz in Bonn.

Grüne und SPD zeigen sich zufrieden

Grüne und SPD im Landtag sehen durch das aktuelle Urteil die „parlamentarische Aufklärung“ gestärkt. „Das Verwaltungsgericht hat mit seinem Urteil betont, wie wichtig die Kontrollfunktion des Landtages ist. Wir erwarten jetzt von Tanja Gönner, dass sie ihre dienstliche Kommunikation mit Bezug zum Polizeieinsatz zur Verfügung stellt. Mehr wollen wir gar nicht“, erklärten Uli Sckerl und Sascha Binder, Obleute von Grünen und SPD im Untersuchungsausschuss. Die Parlamentarier erhoffen sich von den Mails Aufklärung über die Hintergründe des eskalierten Polizeieinsatzes und die Rolle von Mappus dabei. Gönner war eine enge Vertraute von Mappus.

Der Untersuchungsausschuss hatte ein abgestuftes Verfahren vorgeschlagen. Gönner könne dabei zusammen mit dem Datenschutzbeauftragten und einem Richter Privates und alles, was nichts mit dem Polizeieinsatz zu tun hat, aussortieren.

„Gönner kann sich als ehemaliges Regierungsmitglied nicht hinter ihrer Privatsphäre verschanzen, wenn es um die Aufklärung öffentlicher Vorgänge geht“, betonte Binder. „Immerhin hat eine öffentlich gewordene E-Mail von Gönner den Untersuchungsausschuss erst ausgelöst“, erklärte Sckerl. „Wir appellieren an Tanja Gönner jetzt endlich kooperativ mit dem Ausschuss zusammenzuarbeiten - wie sie das auch schon angekündigt hatte“, so Binder.

„Dieses Urteil stärkt die parlamentarischen Kontrollrechte“, teilte der Vorsitzende des Ausschusses, der Grünen-Abgeordnete Jürgen Filius, mit. Der Untersuchungsausschuss habe das Umweltministerium im September 2014 aufgefordert, den betreffenden E-Mail-Account der früheren Umweltministerin herauszugeben. „Im Lichte dieser Entscheidung wird der Ausschuss in seiner nächsten nicht öffentlichen Sitzung das weitere Vorgehen festlegen“, teilte Filius mit.