Auf den kulinarischen Stadtführungen von Eat the world kann man den Bezirk mit allen Sinnen erkunden. Die nächste Tour ist am Donnerstag, 6. April.

S-West -

 

Wer hätte gedacht, dass Stuttgart mal eine der Schokoladenstädte Deutschlands war? So produzierten einst in der Landeshauptstadt Pioniere der Schokoladenbranche wie Moser-Roth, Haller, Eszet und Ritter – das Unternehmen zog 1930 nach Waldenbuch um – die kakaohaltigen Täfelchen. Zu den wichtigen Schokoladeproduzenten in Deutschland gehörte zudem ein Unternehmen, das an der Rotebühlstraße 83 residierte: In der Schokoladenfabrik Waldbaur waren bis zu 700 Menschen beschäftigt. Sie war bekannt für ihre „Katzenzungen“. Die Spezialität gibt es noch heute, allerdings wird sie nicht mehr von Waldbaur hergestellt. Das Unternehmen wurde 1977 verkauft, die Fabrik an der Rotebühlstraße geschlossen.

Stuttgart und seine Schokoladenseiten, genauer seine genussvollen Blickwinkel, sind bei den kulinarisch-kulturellen Stadtführungen von Eat the world durch den Stuttgarter Westen zu erleben. Das Berliner Unternehmen hat 27 deutschen Städte in seinem Programm, in denen stadtkundige Führer die Besucher auf besondere Spuren durch beliebte Stadtviertel mitnehmen, um Geschichte und Gerichte, Storys und Spezialitäten zu entdecken. Dabei werden in Restaurants, Cafés und Geschäften Leckereien verkostet.

„Der Stadtteil wird durch den Gaumen erlebt, aber nicht nur, es geht auch darum, in die Perspektive der Menschen einzutauchen, die hier leben, und die Gegend neu kennenzulernen“, sagt Steffen Unverfehrt, der die Tour durch den Westen begleitet, einem der am dichtesten besiedelten Viertel Deutschlands mit seinen prachtvollen Häusern aus den Gründerjahren.

Wunsch nach einer Zeitmaschine

„An den sieben Stopps während der drei Stunden erfahren wir auch viel über die Sozialgeschichte des Stadtbezirks, von der Kehrwoche über das Wohnen und dessen Verwobensein mit der Industrie.“ Während man früher gerne zur Straßenseite lebte und im Hinterhof arbeitete und produzierte, sei es heute genau andersherum, sagt der Kulturwissenschaftler. Begeistert fügt er hinzu: „Manchmal würde ich gerne mit einer Zeitmaschine reisen, um mir das Damals anschauen, es riechen zu können. Wie sich der Stadtteil über 150 Jahre entwickelt hat, ist enorm spannend: Hier war mal eine Obstgartenlandschaft mit Gefängnis dahinter.“ Unverfehrt ist vor 15 Jahren nach Stuttgart gezogen. Über seinen Beruf als Coach und Jobberater entdeckte er Eat the world und wusste, dass diese Führungen genau sein Ding sind. „Ich mag diese Stadt, ihre Geschichte – und das Essen, Kultur geht auch durch den Magen.“

Das nächste Mal führt Unverfehrt kulinarisch und kulturell am Donnerstag, 6. April, durch den Westen. Weitere Touren stehen am Freitag, 7. April, sowie am Samstag, 8. April, an. Startpunkt unter dem Motto „Zwischen Tradition und Weltoffenheit“ ist an der Johanneskirche am Feuersee, vorbei geht es dann an jenen Gründerzeitbauten, die vom Aufbruch des Stuttgarter Bürgertums erzählt. Heute ist das Leben in dem Viertel, das als Abbild der klassischen europäischen Stadt gilt, bunt gemischt. Junge Familien, Singles, Alteingesessene und „Reingeschmeckte“ aus aller Welt treffen aufeinander. In Stuttgart leben Menschen aus fast 180 Nationen.

Vielfältiges Programm

Unverfehrt beschreibt die Route: „Kulinarisch entdecken wir beispielsweise ein besonderes Bioladen-Konzept und schmecken bei einer jungen Patissière das lecker-bunte Hier und Jetzt.“ Auf dem Programm stehen neben dem ökologischen Geschäft und dem „in jeder Hinsicht süßer Törtchenladen“ außerdem der Besuch einer schwäbischen Traditionsmetzgerei, ein alteingesessener Obst- und Gemüseladen, eine Tee-Lounge mit Ladengeschäft, ein argentinisches Café-Restaurant sowie ein traditioneller Feinkostladen.

Die Tour Stuttgart-West gibt es schon seit 2014, auch durch den Süden wird bereits geführt. „Eine Route für den Osten entsteht gerade“, sagt Unverfehrt. Und auch im Westen gibt es immer wieder Neues. „Wir überprüfen stets die Tour, um auf dem Laufenden zu blieben. Auch Läden, die neu öffnen, kommen auf uns zu und fragen, ob wir sie aufnehmen können.“