Die Stadt Ebersbach wollte in einem neuen Gewerbegebiet Gründächer zur Pflicht machen – dagegen laufen potentielle Ansiedler jetzt Sturm.

Region: Corinna Meinke (com)

Ebersbach - Wie bringt man Menschen dazu, für eine ökologisch sinnvolle Maßnahme Geld in die Hand zu nehmen, die sich für sie nicht unmittelbar als wirtschaftlicher Mehrwert auszahlt? Mit dieser Frage beschäftigt sich derzeit das Ebersbacher Bau- und Umweltamt, seitdem klar ist, dass sich das ökologische Profil eines Bebauungsplanes im Gewerbegebiet im Teilort Roßwälden bei den Kaufinteressenten nicht durchsetzen lässt. Der dortige Ortschaftsrat hat schon sein Einverständnis erklärt, auf die Forderung nach Dachbegrünung zu verzichten, heute beschäftigt sich auch noch der Technikausschuss des Ebersbacher Gemeinderates mit dem Thema.

 

Die Interessenten schrecken reihenweise zurück

Theodor Mayer ist sehr zufrieden mit der Nachfrage nach Gewerbegrundstücken in seiner Gemeinde. Schneller als gedacht hätten sich Interessenten für die 13 Grundstücke gefunden, um die das bestehende Gewerbegebiet erweitert werde, berichtet der Ortsvorsteher. Bei der genaueren Lektüre der Spielregeln für die Bebauung sollen die Interessenten allerdings reihenweise zurückgeschreckt sein, denn die Verwaltung hat mit der Forderung nach begrünten Dächern und Fassaden eine Reihe ökologischer Regeln festgelegt, die Geld kosten.

Der Wunsch nach Hallen von der Stange

Vor allem die Mehrkosten für die Dachbegrünung haben die Diskussion ins Rollen gebracht haben. Weil ein solches Dach durch seinen Aufbau ein größeres Gewicht mit sich bringt, steigen die Kosten für die Konstruktion und können je nach Bauweise sehr unterschiedlich ausfallen. Die im Bebauungsplan geforderten Flachdächer und flach geneigten Pultdächer hätten offenbar im Gegensatz zu den oft mit Satteldächern ausgestatteten Hallen von der Stange für die Gewerbetreibenden um einiges höhere Kosten verursacht.

Gründach kostet 30 bis 35 Euro pro Quadratmeter

Für die mindestens zehn Zentimeter dicke Schicht aus Drainagefolie und Substrat, in der die Sedum- und Kräutersamen für die extensive Begrünung enthalten sind, rechnen Fachbetriebe mit Kosten von 30 bis 35 Euro pro Quadratmeter. Dazu kommen noch Folgekosten, denn nicht nur Gründächer in der Nähe von Wäldern, wie im Falle Roßwälden, müssen mindestens zweimal pro Jahr gewartet und entkrautet werden, weil ständig Fremdsamen vor allem von Bäumen auf dem Dach Wurzeln schlagen kann. Mehrere Grundstücksinteressenten sehen zudem einen Konflikt zwischen ihren geplanten Fotovoltaikanlagen für die Eigenstromgewinnung und den begrünten Dächern.

Bei Kreditfinanzierung kommt es auf jeden Euro an

„Hier kommt es zum Teil auf jeden Euro an“, beschreibt Mayer das Ringen der Gewerbetreibenden und Handwerker um Bankkredite für solche Investitionen. Anders als bei Großunternehmen, die mit ökologischen Projekten gerne ihr Image pflegten, gebe es in solchen Businessplänen kaum Spielraum. Und es seien eben gerade die kleinen regionalen Betriebe, denen mit dieser Gewerbegebietserweiterung ein guter Standort angeboten werden soll.

Tatsächlich werden im unteren Filstal die Flächen für das Gewerbe allmählich knapp. Die Stadt Ebersbach hat in den vergangenen Jahren deshalb eigens eine virtuelle Gewerbeimmobilienbörse erstellt, die auf der Homepage der Kommune einsehbar ist. Sollte der Bebauungsplan für Roßwälden geändert werden, muss die Gemeinde den zusätzlichen ökologischen Ausgleich aus eigener Tasche bezahlen, er könnte mit 15 000 Euro zu Buche schlagen.

Das Gründach schützt die Feuerwehr vor der Sommerhitze

Langlebig:

Begrünte Dächer gelten als ökologisch sinnvoll, weil sie das Kleinklima verbessern können. Durch ihren Aufbau entstehen geringere Temperaturschwankungen auf dem Dach, was zusammen mit der geringeren Aufheizung bei Sonneneinstrahlung die Lebensdauer der Dachhaut erhöhen kann. Weil das Substrat gleichzeitig das Regenwasser nur verzögert abgibt, werden begrünte Dächer auch als Wasserrückhalteflächen geschätzt.

Beispiel Feuerwehr:

Das im vergangenen Jahr eingeweihte neue Domizil für die Ebersbacher Feuerwehr und den Polizeiposten wird demnächst für 21 000 Euro mit einer Dachbegrünung versehen. Dies soll vor der sommerlichen Wärme schützen. Nachdem das neue Gebäude bezogen war, hatte man festgestellt, dass es bei hohen Außentemperaturen im Innern des Gebäudes heiß und stickig wird. Betroffen sind der Feuerwehrsaal sowie Verwaltungs- und Büroräume.

Anreiz:

Damit im Ebersbacher Teilort Roßwälden doch noch Dächer im erweiterten Gewerbegebiet begrünt werden können, tüftelt die Bauverwaltung gerade an einem Anreizsystem, durch das Zuschüsse bezahlt werden könnten. com