Jemand erbt etwas Wertvolles, muss dafür aber weit aus der gewohnten Umgebung heraus: das ist ein altes Komödienrezept. In „Bach in Brazil“ muss ein spröder Musikexperte (Edgar Selge) seine Komfortzone verlassen.

Stuttgart - Marten Brückling ist nicht der Typ, dem die Sonne täglich lacht. Früher feierte er als Musiker zusammen mit Karl, seinem Kumpel aus dem Kinderheim, Erfolge. Dann ging Karl nach Brasilien und ließ Marten (Edgar Selge) alleine. Mittlerweile sind Engagements rar, die Nachricht von Karls plötzlichem Tod trifft Marten umso härter. Doch der Freund hat ihm wertvolle Noten von Johann Sebastian Bach vermacht. Der Haken: der passionierte, aber steife Bach-Experte muss das Erbe in Brasilien abholen.

 

Betagtere fühlen sich von Ansgar Ahlers Kinodebüt „Bach in Brazil“ vielleicht an Curt Goetz’ herzige Klamotte „Das Haus in Montevideo“ (1951) erinnert. Zwar fehlt nun der Hauch des Frivolen, aber auch hier soll der Zusammenprall deutscher Spießigkeit mit exotischer Lebenskunst heitere Erbauung stiften. Dabei beginnt Martens Trip unschön. Von zwei Straßenjungen niedergeschlagen und ausgeraubt, landet er im Krankenhaus. Candido (Aldri Anunciação), ein Freund von Karl, will helfen. Im Gegenzug soll Marten den kleinen Ganoven Musikunterricht erteilen.

Sehr viele Knalltüten

Das klingt nach pädagogisch wertvollem Wohlfühldrama à la „Die Kinder des Monsieur Mathieu“, doch Selge spielt keinen Abklatsch des französischen Kollegen Gérard Jugnot und macht die Wandlung vom Lehrer wider Willen zum liebevollen Förderer nachvollziehbar. Dafür holpert es im Drehbuch. Abgesehen von Selges Marten und Franziska Walsers Nebenrolle der sympathischen Marianne etabliert Ahlers die Figuren nicht als vollwertige Charaktere, sondern degradiert sie zu Knalltüten. Ganz ernst kann man seine Hommage an die unterprivilegierten Kinder aus Brasilien deshalb nicht nehmen.