Wagyu-Rinder gehören zu den teuersten Speisetieren der Welt: Eine Hälfte kostet gut und gerne 12 000 Euro. Ludwig Maurer tischt in Stuttgart eines auf: den Ochsen namens Gustl.

Stuttgart - „Servus, ich bin der Lucki“, stellt sich Lucki im Stuttgarter Restaurant Meatery vor. Der Lucki (spricht sich mit u) heißt eigentlich Ludwig Maurer und kommt aus der Gegend von Straubing in Niederbayern. In Rattenberg hat er den Schergengrub-Hof des Großvaters übernommen und sich dort erst mal mit Schafen beschäftigt. Das wäre an sich nichts Besonderes. Dann kam 2008 aber das zweite in Deutschland geborene Wagyu-Kalb hinzu, heute der stolze Zuchtbulle Tango. Maurer nennt sich „den ersten und immer noch einzigen Züchter von Bio-Wagyu-Rindern in Europa“. Zum Vergleich: im 2009 offiziell eingetragenen Wagyu-Verband Deutschland sind von Flensburg bis München 20 Züchter registriert.

 

Bauer Maurers Vieh kann das ganze Jahr auf die Weide und steht im Stall auf Stroh. Der Bulle darf noch Bulle sein, Stichwort: Natursprung. „Das ist, wenn der Bulle selber randarf, weißt“, sagt er und grinst. Überhaupt schaut der Lucki nicht so aus wie einer, der die teuerste Rinderrasse der Welt züchtet. Er ist Heavy-Metal-Fan, spielt in einer Band und hat standesgemäß lange Haare, dazu einen rötlichen Ziegenbart und in jedem Ohr drei Piercings.

Rezepte für Euter, Haut, Blut und Innereien

Schon allein optisch passt er also perfekt zu dem Sternekoch Stefan Marquard, den er seinen kulinarischen Ziehvater nennt. Denn Maurer hat zunächst einmal Koch gelernt. Er hat in Marquards Catering-Combo, der „Jolly Roger Cooking Gang“, auf der ganzen Welt gekocht. Heute betreibt der bekennende Fleischfan selbst eine Veranstaltungsagentur mit dem doppeldeutigen Namen Meating Point. Und im Oktober erscheint im Stuttgarter Matthaes Verlag sein Buch mit dem simplen Titel „Fleisch“. In den 70 Rezepten geht’s ans Eingemachte: Euter, Haut, Blut, Innereien. „Filet und Roastbeef kann jeder“, sagt der Autor.

Maurers Kredo als Züchter und Koch ist, das Tier im Ganzen zu verwerten. Im Jahr schlachtet er nur vier bis fünf Rinder und verkauft sie in Hälften oder Viertel. Seine Kunden kommen ausschließlich aus der Topgastronomie, neben Marquard beliefert er auch regelmäßig Tim Mälzer. Eine Rinderhälfte kostet rund 12 000 Euro – dafür gibt’s den Züchter als Küchenhilfe dazu.

Einen Monat lang gereift

Zum Einjährigen in Stuttgart hat sich das Edel-Steakhaus Meatery einen halben Ochsen gesichert und als Neun-Gänge-Menü von der Schnauze bis zum Schwanz serviert – der Küchenchef Hendrick Maas und Maurer sind „seit einer prickelnden Sauferei“ befreundet. „Wir essen heute den Gustl, der wäre am 15. März vier Jahre alt geworden“, verkündet der Co-Koch Lucki den Gästen ganz ungerührt. Einen Monat zuvor war Gustl, wie alle Tiere, auf dem Hof geschlachtet worden. Seitdem ist er im Restaurant trocken gereift. Jetzt wird er als Tatar, Beuschel (Innereien), Carne Salada (ähnlich dem Bündnerfleisch), Markklößchen in der Brühe, in Vakuum gegarte Keule, Roastbeef und Roulade serviert.

Als Beilage gibt Maurer Einblicke in seine Zunft, die hierzulande noch recht neu ist. Wagyu (sprich Wagju) heißt japanisches Rind. Darunter versteht man meist schwarze Rinderrassen, etwa aus der Region um Kobe. Das Kobe-Rind, wie Wagyu oft genannt wird, ist eine örtlich begrenzte Bezeichnung – „wie der Champagner“, erklärt Maurer.

Da aus Japan weder Fleisch noch Samen oder gar Tiere exportiert werden dürfen, entstanden die Herden in Deutschland aus jenen Wagyu-Rindern, die in den 90ern zu Forschungszwecken in die Vereinigten Staaten ausgeführt wurden. Was Wagyu-Rinder so wertvoll macht, ist ihre feine Fettmarmorierung. Mancher japanische Züchter massiert seine Tiere zwei bis drei Stunden täglich. „Quatsch“, sagt Lucki Maurer, die Marmorierung sei genetisch bedingt. Er erklärt den Aufwand mit den Umständen: „Die Japaner haben nur zwei Tiere, weil die so teuer sind. Das ist, wie wenn bei uns die Mädels ihre Pferde immer striegeln wie verrückt.“