Architekten und Stadtplaner sind entsetzt über die Pläne, die alte Bahndirektion abzureißen. Sie bezeichnen das Vorgehen als "unglaublich unsensibel".

Stuttgart - Die jüngsten Überlegungen der Bahn, das Gebäude der ehemaligen Bundesbahndirektion zur besseren Vermarktung des Areals gegenüber dem Hauptbahnhof ganz zu schleifen, stoßen auch bei den Stuttgarter Architekten und Stadtplanern auf uneingeschränkte Ablehnung. Der Städtebauausschuss hat sich am Dienstag dafür stark gemacht, den zum Bahnhof liegenden Teil des Baudenkmals mit seiner stadtbildprägenden Fassade „unbedingt zu erhalten“, so wie es bereits vor Jahren vom Gemeinderat zur Auflage gemacht wurde. Das beratende Fachgremium stärkt damit der Stadtverwaltung wie auch dem Gemeinderat den Rücken.

 

Ein unsensibler Sparvorschlag

„Es ist unglaublich unsensibel von der Bahn, zu einem solchen Zeitpunkt mit einem derartigen Sparvorschlag zu kommen“, kritisierte Tilmann Harlander von der Universität Stuttgart. Baubürgermeister Matthias Hahn bekräftigte sein bereits vor Tagen geäußertes Veto und sagte: „Ich empfinde so einen Sparvorschlag als Vertrauensbruch.“ Wenn es ein Gebäude in der Stadt verdient habe, unter Denkmalschutz gestellt zu werden, dann die alte Bahndirektion. Die Stadt werde deshalb einem Abbruch niemals zustimmen. „Das ist bis ins Detail ein fantastisches Gebäude, das muss erhalten werden“, sagte Hahn unter Beifall des Gremiums.

Weitere Themen, die den Städtebauausschuss beschäftigen, sind die neuesten Pläne für die Umgestaltung des Straßenbereichs zwischen Tübinger Straße und Wilhelmsplatz sowie die Entwicklung beim Mineralbad Berg. Die Idee, den Platz vor dem Hegelhaus völlig neu zu gestalten und den Autoverkehr an der Kreuzung Eberhard-/Torstraße zugunsten von breiteren Gehwegen und Außengastronomie zu reduzieren, wird allenthalben begrüßt. Allerdings wurde die Forderung laut, die Stadt solle offensiv auf den Kaufhof zugehen, damit die hässliche Baubrücke über der Steinstraße eines nahen Tages verschwinde und so das ganze Umfeld aufgewertet werden könne. Der Baubürgermeister aber dämpfte die Erwartungen, weil man bei dem Warenhauskonzern bei diesem Thema seit 15 Jahren auf Granit stoße.

Gesamtkonzept für den Neckarbereich gefordert

Im Hinblick auf die geplante Bebauung des Parkplatzes beim Mineralbad Berg mahnten mehrere Architekten und Stadtplaner ein Gesamtkonzept für Berg und den ganzen Neckarbereich an. Das Thema Mineralwasser werde bisher „unter Wert verkauft“, kritisierte der Architekt und Vorsitzende der Kammergruppe Stuttgart-Ost, Thomas Herrmann. Der Baubürgermeister konterte mit dem Hinweis, die Stadt würde von den Fachleuten lieber konkrete Vorschläge hören als die Forderung einer Gesamtkonzeption. Auch hätte man sich bereits zu einem früheren Zeitpunkt engagierte Meinungsbeiträge gewünscht. Die aktuelle Debatte mit der Bürgerschaft von Berg über das weitere Vorgehen wurde vom Städtebauausschuss ausdrücklich begrüßt.