Jahrezehntelang war Dieter Hagenmüller Revierförster im Stuttgarter Norden. In seinem neuen Buch lädt er kurz vor seiner Pensionierung noch einmal nach und legt an. Ins Fadenkreuz geraten neben den Waldbesuchern mit ihren vielfältigen Befindlichkeiten auch Stuttgart 21, der SWR und die Stadtverwaltung.

Rems-Murr: Chris Lederer (cl)

Stuttgarter Norden - Was man als Förster so alles mitmacht, das geht auf keine Baumrinde: Da gibt es doch glatt Zeitgenossen, die ein Sofa in den Wald schleppen, aus Protest, weil der Förster die Sitzbänke hat entfernen lassen. Oder es gibt Försterkollegen, die mit ihren Pferden durchs heimische Wohnzimmer reiten. Oder noch schrägere Vögel, die nicht ihr Haustier, sondern ihren heiß geliebten Computer im Forst begraben wollen – was übrigens beides verboten ist.

 

Förster „Pfeifengras“ ist wieder auf der Pirsch

Der langjährige Weilimdorfer Revierförster Dieter Hagenmüller kennt solche und noch viele andere Typen. Kurz vor seiner Pensionierung vor wenigen Monaten hat er ein neues Büchlein verfasst, das ab sofort erhältlich ist. Unter dem Titel „Waldeslust und Paragrafenfrust – Neues aus dem Stadtwald“ beschreibt er in zehn launigen Geschichten lustige und skurrile Begebenheiten aus seinem Berufsalltag. Auf 63 Seiten schickt er darin seinen fiktiven Waldhüter, Förster Pfeifengras, auf die Pirsch. „In sein Fadenkreuz geraten neben den vielfältigen Waldbesuchern auch Stuttgart 21, der SWR und die Stadtverwaltung“, heißt es im Klappentext. Der Grafiker Uli Gleis hat wie bereits beim ersten Band („Waldeslust und Forstfiasko“) von Dieter Hagenmüller mit spitzer Feder Illustrationen und Umschlaggestaltung beigetragen.

Absurditäten aus dem Großstadtrevier

„Den Großteil der Geschichten, die ich in meinen beiden Büchern beschreibe, habe ich selbst erlebt“, sagt Hagenmüller. Die Namen aller Beteiligten hat er verfremdet. Nur hie und da könnte ein Kenner der Szene darauf kommen, wen der Förster da in Wirklichkeit aus Korn genommen hat. Indes kann man als Kenner der Stuttgarter Wälder schon drauf kommen, dass es sich beim „Rabenforst“ nicht nur vielleicht um den Kräherwald handeln könnte.

Wer glaubte, dass das Leben eines Großstadtförsters einzig und allein geprägt wäre von idyllischen Waldspaziergängen, der sieht sich durch die Lektüre des Buches eines Besseren belehrt. Nein, man wollte gewiss nicht mit Pfeifengras tauschen, wenn etwa Gelbe Karten ins Forsthaus flattern, weil ein Blindenhund einer Joggerin auf die Sporttasche gepinkelt hat oder ein erboster Bürger sich beklagt über die Besucherflut an Grillstellen, er gar eine „Invasion aus allen Landesteilen fürchtet“ und daher, absurderweise, mit dienst- und strafrechtlichen Schritten gegen den Förster droht. „Diese Bürgerreaktionen von manchen Hilfsförstern und vermeintlichen Naturfreunden eröffnen gelegentlich einen langjährigen Schriftwechsel“, schreibt Hagenmüller und man ahnt, dass ihm derlei Korrespondenz nicht zwingend Vergnügen bereitet hat. So schließt er jenes Kapitel über selbsterklärte Experten mit den Worten: „Die meinen, sie essen zweimal in der Woche ein Eisbein und meinen dann, sie seien Polarforscher!“