Die Zahl der Menschen, die sich in Stuttgart für Flüchtlinge einsetzen, wächst unvermindert weiter. Inzwischen engagieren sich stadtweit rund 3000 Personen in 30 Freundeskreisen, weitere vier sind im Aufbau.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Die Zahl der Menschen, die sich in Stuttgart für Flüchtlinge einsetzen, wächst unvermindert weiter. Inzwischen engagieren sich stadtweit rund 3000 Personen in 30 Freundeskreisen, weitere vier sind im Aufbau. Mit diesem großen Engagement liege Stuttgart im Bundesvergleich „ganz vorne“, sagte Heidi Schäfer, die Koordinatorin für die ehrenamtliche Arbeit in der Flüchtlingshilfe, im Sozialausschuss. Diese positive Entwicklung bringt aber auch Herausforderungen etwa für die Abstimmung von ehrenamtlicher und hauptamtlicher Arbeit mit sich. Sozialamtsleiter Stefan Spatz mahnte deshalb an, „für diese Aufgabe zusätzliche Ressourcen“ bereitzustellen. Derzeit wird diese Arbeit von Heidi Schäfer mit einer 0,75-Prozent-Stelle erledigt, die überdies mit Stiftungsgeldern finanziert wird.

 

Viele selbstbewusste Engagierte

Stephan Schumacher, der bei der Stadt für das bürgerschaftliche Engagement zuständig ist, gab im Ausschuss ein Beispiel, vor welchen Aufgaben die Stadt durch die große Hilfsbereitschaft steht. So habe sich unlängst eine 14 Jahre alte Schülerin gemeldet und kurzfristig erklärt, dass sie in der Woche der Herbstferien etwas für Flüchtlinge tun wolle. So kämen heute viele „selbstbewusste Engagierte, die klare Vorstellungen haben, was sie tun wollen, wie viel Zeit sie dafür haben und die mitgestalten wollen“, sagte Schumacher.

Nicht nur wegen der großen Zahl von Helfern handle es sich „um eine außergewöhnliche Entwicklung“. Für die Unterstützung von Flüchtlingen gewinne man „neue Engagiertengruppen“, darunter nicht nur Einzelpersonen, sondern auch Unternehmen, Vereine und Stiftungen.

Notwendige Strukturen und Hierarchien sind wichtig

Heidi Schäfer, die Koordinatorin für die Qualifikation und Vernetzung bürgerschaftlich Engagierter in der Flüchtlingsarbeit, wie dies im Verwaltungsjargon heißt, beschrieb Erfahrungen aus ihrem Arbeitsalltag. So seien viele der Ehrenamtlichen „sehr kompetent“, was auch zur Folge hat, dass diese entsprechend Erwartungen an die sie umgebenden Strukturen haben. So sei es wichtig, Fortbildungsangebote machen zu können, etwa zur interkulturellen Sensibilisierung oder zur Traumapädagogik. Für jene, die Flüchtlingen in den Unterkünften Sprachunterricht geben, sei es wichtig, dafür Standardmaterial zu bekommen. Deshalb ist eine Informationsplattform im Internet im Aufbau, die Wichtiges für Ehrenamtliche enthält, die darüber hinaus aber auch Informationen und Angebote für Flüchtlinge enthalten soll.

Als nicht einfach habe sich erwiesen, wenn Freundeskreise schnell wachsen und mehrere hundert Mitglieder haben, aber nicht über die notwendigen Strukturen und Hierarchien verfügen. „Das kann zu Konflikten führen“, sagte Heidi Schäfer. Und es sei wichtig, aber nicht immer einfach, schnell zu reagieren, wenn sich etwa plötzlich ein mittelständischer Betrieb melde und erkläre, in der Belegschaft wollten sich hundert Beschäftigte in der Flüchtlingsarbeit einbringen. „Wir dürfen die Ehrenamtlichen nicht frustrieren, deshalb müssen wir entsprechende Strukturen schaffen“, sagte Schäfer. Dazu brauche man auch einen Topf mit Fördermitteln für niederschwellige Projekte. Wobei eine „Rollenklärung“ nötig sei, so Schäfer, welche Aufgaben Ehrenamtliche und welche Hauptamtliche übernehmen sollen.

Als Beispiel für die in dieser Form bisher nicht dagewesene „Integrationsbereitschaft“ der Menschen in Stuttgart erzählte die Ehrenamtskoordinatorin von Anwohnern der Hedwig-Dohm-Schule im Norden, wo eine Notunterkunft untergebracht ist. Weil in den Räumen Duschmöglichkeiten fehlten, hätten die Nachbarn den Flüchtlingen zu gewissen Zeiten ihre eigenen Bäder zum Duschen geöffnet.